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Auf Nummer sicher

Eine Fahrrad-Codierung hilft beim Auffinden gestohlener Räder. Sie zu bekommen ist jedoch recht schwierig.

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Von Philipp Siebert

Eigentlich will ich an diesem Morgen mit dem Fahrrad zur Arbeit. Doch die ausgehebelte Kellertür lässt mich nichts Gutes ahnen. Aufgerissene Schränke, umgekippte Werkzeugkoffer und zertretene Glasflaschen. Mein Rad ist weg. Diebe haben es geklaut. Nur das zerschnittene Schloss liegt noch auf dem Boden. Das ist drei Monate her. Vor wenigen Tagen kam Post vom Staatsanwalt: Verfahren eingestellt. Mein Rad sehe ich wohl nie wieder.

Oft habe ich es vor dem Einbruch gelesen und genau so oft ignoriert: „Lassen Sie ihr Fahrrad codieren!“ Die Polizei wirbt dafür, Versicherungen verlangen die Registrierung sogar. Sinngemäß heißt es, das sei ein Schutz vor Diebstahl. Ernst genommen haben ich das nie – mein gestohlenes Rad hatte keine Nummer. Das bereue ich.

Jetzt habe ich mir ein neues Fahrrad gekauft. Mit dem will ich vorsichtiger sein, will es registrieren lassen. Also rufe ich bei der Polizei an, um einen Termin auszumachen. Dort werde ich aber nur vertröstet. „Das Fahrrad im Coswiger Revier codieren? Das ist leider nicht möglich“, sagt die Frau am anderen Ende des Telefons.

Das wird in den Wachen im Umland von Dresden schon lange nicht mehr gemacht. Und mit mobilen Codiermaschinen sind die Ordnungshüter auch nicht mehr wie früher unterwegs. Zu teuer, zu wenig gefragt war der Service, sagt die Polizei. Schade. Dann geh ich eben zum Fahrradhändler gleich neben dem Revier.

Doch der Verkäufer gibt mir ebenfalls zu verstehen, dass ich die Kennung bei ihm nicht bekomme. Das will ich nicht glauben, rufe alle Fahrradhändler zwischen Meißen, Coswig und Radebeul an. Doch überall das gleiche Ergebnis: Keine Werkstatt kann meinem Rad die Nummer verpassen – das ist Sache der Behörden. Doch sie geben mir einen Tipp: Will ich den Code, muss ich nach Dresden – zur Verkehrswacht nach Reick. Der Verein darf im Auftrag der Polizei Fahrräder codieren.

Auf dem Verkehrsübungsplatz im Dresdner Osten schleifen Jürgen Moritz und Jörg Schenk jeden Mittwoch kostenlos die verschlüsselte Kombination in die Räder. Jürgen Moritz blättert in einem Ordner mit Ziffernkombinationen. Ich hole meinen Personalausweis und den Kaufbeleg raus. „Jede Straße hat ihre eigene Schlüsselzahl“, erklärt er. Der Fahrradrahmen wird eine 13-stellige Codierung aus Zahlen und Buchstaben bekommen, bestehend aus verschlüsselten Orts- und Straßenkennungen. Am Ende steht eine Kombination aus Buchstaben meines Vor- und Zunamens. Die Nummer wird in einen Polizeicomputer getippt. Jürgen Moritz schreibt den Code außerdem in meinen neuen Fahrrad-Pass, in den auch ein Foto des Rades soll.

Währenddessen klemmt Jörg Schenk mein Rad in ein Gestell. Auf einer Steckplatte sortiert er Zahlen und Buchstaben. Der Code frisst sich etwas kleiner in den Rahmen, gesteuert über eine Führungsschiene. Die Arbeit dauert fünf Minuten. Zum Schluss kommt ein Aufkleber drüber – als Schutz vor Rost. Und als Abschreckung für Diebe. „Dieses Rad ist registriert!“, steht auf dem Sticker. Fertig.

Eine Frage habe ich noch: Der Code ist adressbezogen. Wird man mich nach einem Umzug finden, wenn das Rad gestohlen und wiedergefunden wird? Sicher, aber ich könne auch eine neue Nummer erhalten, erklärt Jürgen Moritz. Aber so weit soll es nicht kommen. Mein letztes Rad in der Diebstahlstatistik reicht.

Im letzten Jahr wurden im Landkreis Meißen 795 Fahrräder als gestohlen gemeldet. Wie viele der Räder codiert waren, steht nicht in der Statistik. Und doch lohne die Nummer, sagt die Polizei. Hat ein Fahrrad keinen Code, ist die Fahndung schwierig. Neue Räder haben zwar oft Serienummern, die seien aber häufig nicht individuell vergeben. Ein Drahtsesel ist mit der Nummer natürlich nicht sicherer. Er und der Aufkleber sollen aber abschrecken. Denn feilen Diebe die Nummer weg und werden erwischt, haben sie ein Problem. „Deswegen raten wir auch zur Codierung“, sagt Polizeisprecherin Jana Ulbricht.

Doch es gibt Alternativen zum klassischen Code. Einige Fahrradhändler bieten aufklebbare Registriernummern an. „Safecode“ heißt das System. Es ist simpel: Besitzer müssen ihr Rad mit einer Nummer im Internet registrieren. Auf den Rahmen kommt ein Aufkleber, auf dem Ziffern und ein QR-Code abgedruckt sind. Sobald ein Finder, etwa die Polizei, den Code auf der Internetseite von Safecode eingibt oder den QR-Code mit einem Smartphone scannt, erhält der Besitzer eine Vermisstmeldung. Der Nachteil: Die Aufkleber können leichter entfernt werden als der eingefräste Code von der Verkehrswacht.

Ich gehe lieber auf Nummer sicher und gebe meine Daten gern der Polizei. Ich hoffe, ich muss nicht wieder hin. Vielleicht kaufe ich noch zusätzliches Bügelschloss. Das sollte dann reichen.

Die Verkehrswacht Dresden codiert Fahrräder jeden Mittwoch kostenlos auf dem Verkehrsübungsplatz, Mügelner Straße 29, in Dresden.