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Aufgemöbelt

Wohnklassik ist jetzt in eine Bretniger Villa eingezogen. Eine Heilpädagogin verwirklicht dort ihre Träume.

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Von Reiner Hanke

Die Bretniger Brauereibesitzer residierten früher in der stattlichen Villa Bischofswerdaer Straße  58. Doris von dem Knesebeck ist momentan dabei, das Haus, Baujahr 1913, aufzumöbeln. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Seit ein paar Tagen weist auch ein Transparent am Gebäude darauf hin. Von Wohnklassik ist darauf zu lesen. Die ist hier ab Sonnabend zu haben. Dann eröffnet Doris von dem Knesebeck im Erdgeschoss der Villa ihr eigenes Geschäft. Liebevoll restaurierte alte Möbel und Wohnaccessoires hat die Geschäftsfrau hier auf etwa 140 Quadratmetern zusammengetragen: „Unikate, die stilvolle Akzente setzen“, sagt sie. Es sind zum Beispiel Büffets, Schränke, Sessel, Tische und Truhen, Kommoden.

Ursprünglich wollte die Sammlerin ihr Geschäft im Schloss Seifersdorf bei Radeberg eröffnen. Doch das habe sich zerschlagen. So habe sie erneut nahe Dresden ein passendes Objekt gesucht. Eines war zu groß, das nächste zu klein. Jetzt hat sie das passende Haus in Bretnig gefunden. Aus Kostengründen habe sie viel selbst gemacht, um die Erdgeschossräume herzurichten, zum Beispiel Türen und Fenster gestrichen. In manchen Räumen musste der Fußboden erneuert werden. In der ehemaligen Küche ist jetzt Schauraum, im ehemaligen Bad ist die Teeküche und in der Speisekammer ein Gäste-WC. Nebenan thront ein gewaltiges Biedermeiersofa: „Das stand kurz davor, verheizt zu werden.“ Nun ist es ein Schmuckstück.

Der Blick wandert auch zu einem Biedermeiersessel an einem hübschen Tischchen im nächsten Raum. Zu jedem Stück hat Doris von dem Knesebeck eine Geschichte parat: „Die Möbel waren teilweise völlig ruiniert.“ Die Federn guckten raus, der Stoff war zerfleddert. Da fehlte ein Bein, dort die Lehne. Eine repräsentative Sitzgruppe fällt auf. Die habe sie im Spanien-Urlaub entdeckt. „Der Stoff des Sofas hing in Fetzen.“ Mit einem deutschen Fleischtransporter habe sie die Möbel hierher geholt und restaurieren lassen. Die Geschäftsfrau arbeitet mit Fachleuten zusammen, insbesondere, wenn es ums Aufpolstern und Holzarbeiten geht. Immerhin sind die Möbel bis zu 150 Jahre alt. Dann halten sie noch einmal so lange. Oft ist aber auch der Lack ab und die Oberfläche in jämmerlichem Zustand. Dann legt sie selbst Hand an. Die Fertigkeiten habe sie sich selbst angelesen oder bei Fachleuten abgeguckt. Mit der Heißluftpistole und diversen Schleifmaschinen kommt der alte Lack Schicht für Schicht runter. Dann liegt Staub in der Luft. Die zierliche Frau mit einem schweren Bandschleifer in der Hand ist eigentlich nur schwer vorstellbar. Doch das ist ihre Leidenschaft. Es sei schon seit der Jugend ihr Hobby. Wenn sie in ihre Arbeitssachen schlüpfe und sich mit einem Möbel beschäftige, dann „vergesse ich die Zeit“, sagt sie. Beim Schleifen, Beizen und Lackieren: „Es lässt mir keine Ruhe, bis es fertig ist.“ Und es sei immer wieder spannend, das Holz quasi zu entblättern. Bei einem Waschschrank hatte die Farbe einen betörenden Parfümduft konserviert, erinnert sie sich genau. „Der strömte mir dann entgegen und ich wusste sofort, dass der Schrank einer Frau gehört haben muss.“ So manches Stück sei über die Jahrzehnte viel gereist von Besitzer zu Besitzer. Solche Spuren und Hinweise zu finden, sei aufregend. Diese Geschichten werden künftig auch ihre Kunden erfahren vor Ort in Bretnig.

Ursprünglich kommt sie aus Bayern. In die Lausitz kamen Knesebecks vor zehn Jahren durch Zufall. „Wir hatten in Bayern ein Bauernhaus saniert und Lust, noch so ein Projekt zu beginnen.“ Beim Gespräch auf einem Fest hätten sie damals den Tipp bekommen, mal in der Lausitz zu schauen. Das geeignete Objekt fanden sie dann tatsächlich in Demitz-Thumitz mit einem Rittergut. Dort sollte ursprünglich auch ihr Geschäft mit historischen Möbeln entstehen. Nun erfülle sich ihr Traum nach der Trennung vom Ehepartner doch noch, wenn auch anders als geplant.

Aus Bayern kommen auch viele ihrer Möbel, aus einem Nachlass. Aber nicht nur. Sie recherchiere auch im Internet und arbeite mit einem Antikhandel zusammen: „Ich bekomme auch immer wieder Angebote.“ Wohnaccessoires aus Porzellan, Glas und edlem Metall runden die Geschäftsidee ab. Manche Rarität habe sie auf dem Flohmarkt erwischt. In einer Vitrine stellt sie aber auch das Service der Großmutter aus dem Jahr 1920 aus. „Ich brauche einfach nicht so viel Porzellan“, stellt die Geschäftsfrau fest. Im Zentrum stehen aber die Möbel. Vom Internethandel halte sie nicht so viel. Solche wertvollen Stücke müsse man mit eigenen Augen sehen, fühlen und darüber sprechen. Das können die Kunden jetzt. Am 30. April eröffnet Doris von dem Knesebeck ihre Wohnklassik um 11 Uhr. Geöffnet ist dann regelmäßig ab der kommenden Woche jeden Freitag und Sonnabend von 11 bis 19  Uhr. Mehr ist derzeit noch nicht möglich, denn Doris von dem Knesebeck ist ja auch noch berufstätig. In ihrer Heilpädagogischen Praxis in Demitz-Thumitz beschäftigt sie sich mit Kindern. Bis zur Rente in vier Jahren werde das auch so bleiben. Dann will sie sich an ihrem neuen Wohnsitz in Bretnig nur noch auf ihr Hobby stürzen, die alten Möbel: „Ich fühle mich sehr wohl hier, die Nachbarn sind nett. Ich bin froh, hier gelandet zu sein.“