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Außen vor

Rund um Niesky erhalten Häuslebauer öfter Absagen. Trotz Landflucht und Überalterung. So sinkt auch das Interesse.

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Von Alexander Kempf

Kaum ein Tagesordnungspunkt sorgt so regelmäßig für Kopfschütteln bei Gemeinderäten wie die Bauangelegenheiten. Mancher aus Hohendubrau, Mücka oder Waldhufen versteht dann die Welt nicht mehr. Da gibt es noch junge Menschen, die im Dorf ein Haus bauen wollen, doch sie erhalten einfach kein grünes Licht vom Bauaufsichtsamt des Landkreises Görlitz. „Die wollen uns hier aussterben lassen“, hat der Hohendubrauer Gemeinderat Steffen Morche einmal öffentlich gespottet. Damals will eine junge Familie hinter dem Haus der Eltern in Gebelzig ein neues Heim errichten. „Das muss doch möglich sein“, sagt auch Gemeinderat Reinhard Mitschke. Es herrscht kollektive Fassungslosigkeit.

Formal ist gegen die Entscheidung der Behörde damals aber gar nichts einzuwenden. Denn das Haus soll zu weit außerhalb entstehen. Jenseits der Dorfgrenze, im sogenannten Außenbereich, wird nur in wenigen Ausnahmefällen Baurecht erteilt. Das muss auch Hohendubraus Bürgermeister Hans Hermann Zschieschank anerkennen. Trotzdem spricht er schon mal von „idiotischen Kämpfen“. Ihre Dörfer schrumpfen, warum werden denen, die bleiben oder herkommen wollen, dann auch noch Steine in den Weg gerollt? Das fragen sich viele. Im gesamten Verwaltungsverband Diehsa sind 2013 gerade mal zehn Eigenheime genehmigt worden, teilt Gerlind Walter von der Pressestelle des Landkreises mit.

Doch es ist keine Schikane, wenn der Gesetzgeber den Außenbereich vor Bebauung schützt. So soll eine Zersiedelung verhindert werden. Ohnehin steht der ländliche Raum in den nächsten Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung vor gewaltigen Herausforderungen. Je weitläufiger das Gebiet, desto teurer wird es, Versorgung und Straßen aufrecht zu erhalten. Soweit die Theorie. Beim Beispiel in Gebelzig fehlen aber nur wenige Meter. Bürgermeister Hans Hermann Zschieschank spricht von einem „minimalen Haken“ und engagiert sich als Vermittler zwischen Bauherren und Behörde.

Der Spielraum des Bauaufsichtsamtes ist jedoch gering. Der Außenbereich ist nun mal außen vor. Dabei kommt die Behörde den Häuslebauern mitunter entgegen. Eine aussichtslose Bauvoranfrage wird nicht erst bearbeitet und der negative Bescheid in Rechnung gestellt. Der Bauherr wird vorher oft auf das Problem hingewiesen und spart so zumindest Kosten. In Gebelzig haben sich alle Beteiligten sogar vor Ort getroffen und gesprochen. Für den Bürgermeister wird dabei auch die Zukunft der Gemeinde verhandelt. „Wollen wir, dass nur noch der Pflegedienst kommt?“, fragt er. Kinder, die bleiben, seien später schließlich auch für ihre Eltern da.

Dabei haben Kommunen durchaus die Möglichkeit, über den Verlauf des Außenbereichs mitzuentscheiden. Zur Wahrheit gehört, dass die Dorfgrenzen etwa in der Gemeinde Hohendubrau einst bewusst eng gehalten worden sind. Das sei zum Zeitpunkt der Entscheidung auch im Interesse der Einwohner gewesen, erklärt Bürgermeister Hans Hermann Zschieschank. Größere Flächen hätten nämlich mehr Abwasserbeiträge bedeutet. Unumstößlich ist ein Bebauungsplan nicht. Doch ihn zu revidieren, kostet Zeit und Geld. Schnell kommt da ein vierstelliger Betrag zusammen.

Manche Orte haben gar keinen Bebauungsplan. Im nahen Leipgen, das zu Mücka zählt, beginnt der Außenbereich somit hinter dem letzten Haus, erklärt der Vorsitzende des Verwaltungsverbandes Diehsa, Dirk Beck. Ein Mann würde im Ort gerne einen Unterstand für seine Maschinen bauen, doch auch diese Pläne reichen in den Außenbereich. „Du kannst doch den letzten Bürger nicht vergraulen“, kommentiert Gemeinderat Frank Schneider den Fall fassungslos. Auch in Mücka kann sich der Bauherr des Segens der Gemeinderäte sicher sein. Entscheidend wird aber das Urteil des Bauaufsichtsamtes sein.

In Gebelzig immerhin zeichnet sich eine Lösung ab, heißt es seitens der jungen Familie. Sie werden das Haus wohl anders als geplant näher in Richtung Straße legen. Es herrscht vorsichtiger Optimismus. Denn schriftlich haben sie die Bestätigung für den Kompromiss noch nicht erhalten.