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Autobahn wird zur Einkaufsmeile

An der A 4 in Nossen und in Klipphausen sollen große Märkte entstehen. Reicht dafür die Kaufkraft in der Region?

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Von Dieter Hanke

Für Autofahrer auf der A 4 wird es bald komfortabel. Denn große Einkaufsmärkte sind sowohl am Autobahndreieck Nossen als auch im Gewerbegebiet Klipphausen geplant. Von den A4-Abfahrten Siebenlehn und Wilsdruff sind es dann nur wenige Hunderte Meter zu den Einkaufs-tempeln. In Klipphausen sollen auf einer Verkaufsfläche von knapp 10 000 Quadratmetern ein Lebensmittelmarkt sowie Märkte für Bekleidung, Sport und Freizeitartikel, Spielzeugwaren, Betten und Zubehör sowie Schuhe gebaut werden. Eine Investorengruppe will dafür fünf Millionen Euro investieren. In Nossen soll gleich neben McDonald’s in Augustusberg ein großer Lebensmittelmarkt mit Drogerie öffnen. Die Autobahn wird so zur regelrechten Einkaufsstraße.

Wenn es nach den Bürgermeistern geht, könnten sobald Werbetafeln an der A4 aussehen.Foto: Claudia Hübschmann
Wenn es nach den Bürgermeistern geht, könnten sobald Werbetafeln an der A4 aussehen.Foto: Claudia Hübschmann © hübschmann

Händler in der Region sehen das kritisch. Das würde den Handel in den Innenstädten schwächen. Jürgen Wiesner, Chef eines Geschäftes für Täschnerwaren und einer der Sprecher der Werbegemeinschaft in den Meißner Neumarktarkaden: „Geld kann von den Kunden nur einmal ausgegeben werden. Kaufkraft fließt aus der Stadt ab, wenn außerhalb weitere Verkaufsflächen entstehen.“ Die Stadt Meißen hat sich deshalb auch an die Landesdirektion Sachsen gewandt, um der Gemeinde Klipphausen dieses Projekt zu erschweren.

Auch in Klipphausens Nachbarstadt Wilsdruff befürchten Händler eine Verschlechterung der Situation. Viele hätten schon jetzt in der Innenstadt mit Umsatzrückgängen zu kämpfen. In vergangenen Monaten schlossen bereits einige Läden wie ein Schreib- und Spielwarengeschäft.

Doch in Handels-Interessenverbänden werden offenbar die Vorhaben von Nossen und Klipphausen nüchterner gesehen. Lars Fieler, Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer Dresden (IHK): „Wenn planungsrechtlich alles in Ordnung ist, kann dagegen nichts eingewendet werden. Allerdings ist es schon so, dass mit neuen Einkaufsstätten Kaufkraft im Umland abgezogen wird.“

Nossen und Klipphausen verweisen noch auf andere Argumente für den Bau dieser neuen Einkaufsmärkte. Uwe Anke, Bürgermeister von Nossen: Zielgruppe für solch einen Markt seien nicht primär die Nossener, sondern die Autofahrer auf der A 4, die jetzt schon bei Möbel-Mahler oder zu McDonald’s abfahren. Die könne man mit solch einem Markt in Nossen halten. Wenn die Stadt Nein sagt, gehe der Investor nach Siebenlehn und baue auf der anderen Seite der Autobahn. Klipphausen bemerkt, dass es in der Gemeinde mit über 10 000 Einwohnern kaum Einkaufsmöglichkeiten gibt. Bürgermeister Gerold Mann: „Im Gewerbegebiet Klipphausen an der A 4 haben über 100 Unternehmen ihren Sitz. Es gibt 3 000 Arbeitsplätze, etliche Beschäftigte kommen von außerhalb und nutzen die Autobahn. Ein Einkaufsmarkt ist auch aus dieser Sicht da dringend nötig.“ Nicht wenige Betriebe hätten dieses Anliegen an die Kommune gerichtet.

Der Ärger der Meißner und Wilsdruffer Händler relativiert sich auch durch andere Tatsachen. In Wilsdruff entstanden ohne Rücksicht auf das Umland allein an der Abfahrt der A 4 fünf Märkte (Aldi, Lidl, Netto Pfennigpfeifer, Schuhmarkt). „Da wurde auch nicht an die Wilsdruffer Innenstadt oder an die kleineren Läden in unserem Territorium gedacht, die schlossen“, bemerkt der Klipphausener Bürgermeister. Die Kommune beruft sich auch darauf, dass sie seit 1992 einen genehmigten Bebauungsplan für ihren Gewerbepark habe, wonach auch ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen wurde. „Wir holen jetzt nur nach, was uns gesetzlich zusteht“, so Bürgermeister Mann.

Die Landesdirektion Sachsen gab jetzt auch den Klipphausenern recht. Der Landkreis Meißen wollte – auch offenbar auf Druck der Stadt Meißen – das geplante Einkaufszentrum an der A 4 im Gewerbepark Klipphausen so stutzen, dass von den geplanten Sortimenten nicht viele übriggeblieben wären. Danach hätten vielleicht Boote, Campingartikel oder Kraftfahrzeuge in diesem Center angeboten werden können, aber nicht Sortimente mit Innenstadtrelevanz wie u. a. der Lebensmittelmarkt.

Klipphausen war entrüstet. „Der Entscheid des Landratsamtes ist eine Bevormundung unserer Gemeinde und ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung“, so Bürgermeister Mann. Die Investorengruppe des Einkaufszentrums ging in Widerspruch und hatte Erfolg. Die Landesdirektion Sachsen hob jetzt diesen Entscheid des Landratsamtes Meißen auf. Eine Sortimentsbeschränkung sei im vorliegenden Fall rechtswidrig, so die Landesdirektion.