Von Regine Schlesinger
Dippoldiswalde. Unübersehbar tut sich was an dem Bahnwärterhäuschen von Colmnitz. Fast drei Jahrzehnte lang schien es dem Dornröschenschlaf verfallen. Doch dann verschwand der Wildwuchs, ein Wohnwagen und ein Mattenzaun tauchten auf. Dahinter gackern ein paar Hühner. Die zugemauerten Fenster des Gebäudes Alte Freiberger Straße 2 bekamen eine Bemalung, die schon mehr nach Fenster aussieht.

Hinter all diesen erfreulichen Veränderungen stecken der neue Eigentümer, Daniel Molitor, und seine Freundin Denise Radke. Daniel Molitor stammt vom Niederrhein, hat mal Elektroinstallateur gelernt, dann in Dresden eine Ausbildung zum Koch gemacht. In diesem Beruf hat er auch gearbeitet, unter anderem in Glashütte und in Österreich. Dann hängte er aber die Kochjacke an den Nagel und entschied sich für eine ganz andere Tätigkeit, für die eines Wohnheimleiters in Dresden.
Kein einfacher Job, nach der Arbeit braucht er daher einen ruhigen Ort zum Abschalten. Den hat er nach einigem Suchen in Colmnitz auch gefunden. Er habe sich sofort in das Häuschen verguckt, sagt der 32-Jährige. „Man sieht ihm noch immer an, dass jemand mal viel Liebe in das Haus investiert hat“, sagt er. Daniel Molitor ist auf einem Ponyhof aufgewachsen, also mit viel Grün ringsum. Das findet er auch am Bahnwärterhaus. Und der Blick bei Sonnenuntergang hinüber zum Tharandter Wald sei einfach unbezahlbar. Um diesen Blick richtig genießen zu können, hat er extra eine Bank aufgestellt. „Die können auch Wanderer gerne nutzen“, bietet Daniel Molitor an. Auch für die vier Jahre alte Tochter seiner Freundin sei das ein idealer Platz zum Aufwachsen. „Sie kann sich überall frei bewegen. Nur zu den Bahnschienen hin haben wir einen Zaun aufgestellt“, sagt der Neu-Colmnitzer.
Glück wird getrübt
Dass er sein Herz ausgerechnet an ein Bahnwärterhäuschen verlor, ist wohl auch kein Zufall. Sein Großvater sei Bahnwärter gewesen. „Schranke hoch und runter, das kenne ich gut aus meiner Kindheit“, erklärt er. Die ab und an vorbeirauschenden Züge stören ihn nicht. Er habe auch früher ganz in der Nähe eines Bahnhofes gewohnt und schließlich würden die modernen Züge von heute mit ihrer Neigetechnik bei Weitem nicht mehr so viel Lärm machen. Seit 2014 gehört ihm nun das Haus. Dass da viel zu sanieren ist, war ihm klar. Neben den äußerlichen Veränderungen ist inzwischen auch drinnen schon ein bisschen was passiert. Zum Jahresende hin wollte der stolze Hausbesitzer mit dem Dachgeschoss fertig sein.
Klingt ganz so, als habe da einer sein Glück gefunden. Doch das wird derzeit mächtig getrübt. Nachdem er mit viel Schwung losgelegt hat und den ehrgeizigen Plan verfolgte, ist jetzt die Luft etwas raus. Ihm Moment weiß er nicht so recht, wie es weitergehen soll. Angefangen hat es damit, dass er bei der Klingenberger Gemeindeverwaltung seine Meldeadresse ändern wollte. Doch dort stellte man fest, dass die Hausnummer 2 für die Alte Freiberger Straße nicht mehr existiert, obwohl Müllabfuhr und Post sie nach wie vor finden. „Es hieß, es muss eine Nutzungsänderung gemacht und ein Bauantrag gestellt werden“, sagt der 32-Jährige.
Dieser Aufwand, der auch kostet, will ihm nicht so recht in den Kopf. Schließlich habe das Haus auch schon früher Wohnzwecken gedient und bauen will er auch nicht, sondern nur sanieren, und das so behutsam wie möglich, weil das Häuschen unter Denkmalschutz steht. Doch nun soll er auch noch ein Schallschutzgutachten erstellen lassen, das es ebenfalls nicht umsonst gibt. Für den Anschluss ans Stromkabel, das ein paar Meter weiter weg auf der anderen Straßenseite verläuft, werden voraussichtlich 9 000 Euro fällig, sagt er. Der Wasseranschluss soll um die 4000 Euro kosten und die biologische Kleinkläranlage wird auch ein paar Tausender verschlingen, ebenso wie die vom Denkmalschutz geforderten Holzfenster vom Tischler. „So schwer hatten wir uns das nicht vorgestellt“, gesteht Daniel Molitor ein. Es sei doch nur ein kleines Häuschen, das verfallen würde, wenn sie sich ihren Traum vom Wohnen auf dem Lande nicht erfüllen können. „Das kann doch auch keiner wollen.“