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Bald Öko-Bauer von Nebelschütz

Der Landwirtschafts-Student Ignac Wjesela will einen ökologischen Bauernhof aufbauen. Aus gutem Grund.

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Von Andreas Kirschke

Munter kaut die Kuh an einem Blumenstengel. Ihren Rücken reckt sie als Lindenblatt empor. Mittendrin sind die sorbischen Farben blau-rot-weiß. „Das Bild soll das Logo werden“, sagt Landwirtschafts-Student Ignac Wjesela in Crostwitz. Ab 2015 will der junge Sorbe in Nebelschütz einen ökologischen Bauernhof aufbauen. Dafür pachtet er jetzt 20 Hektar Felder und Wiesen in der Gemarkung Wendischbaselitz /Miltiz von der Gemeinde Nebelschütz (SZ berichtete). Hinzu kommen 25 Hektar Land von privaten Eigentümern. „Es soll ein soziales Projekt werden. Ein Projekt für das Gemeinwohl. Wichtig ist, eine Kreislaufwirtschaft zu entwickeln und Kinder und Jugendliche von der Landwirtschaft zu überzeugen“, unterstreicht er.

Vor einem Jahr hat Ignac Wjesela seine Ausbildung als Landwirt im Berufsschulzentrum für Agrarwirtschaft und Ernährung in Dresden Außenstelle Altroßthal abgeschlossen. Drei Jahre dauerte die Ausbildung. Nun lässt er sich zum staatlich geprüften Agrarbetriebswirt für Ökolandbau ausbilden. Zwei Jahre dauert das Studium an der Fachhochschule für Agrarwirtschaft Kleve in Nordrhein-Westfalen. „Dort lerne ich Buchführung, Marketing, Planung und Unternehmensführung. „Das sind wichtige Grundlagen für einen Betrieb“, sagt der junge Landwirt.

Die von der Gemeinde Nebelschütz gepachteten Flächen will er zunächst mit einem mehrjährigen Feldfutter und mit Leguminosen – das sind Hülsenfrüchte – bestellen. Dies soll für die Erholung der Bodenstruktur sorgen und zugleich den Humusaufbau fördern. Nach diesen drei Jahren der Umstellungszeit, die zwingend notwendig ist, will er eine weitgefächerte Fruchtfolge beginnen. „Sie fördert langfristig die Bodenfruchtbarkeit“, erläutert er. „Diese Fruchtfolge besteht aus Getreide wie Weizen, Roggen und Dinkel, aus Leguminose wie Ackerbohne, Erbse und Luzerne, aus Hackfrüchten wie Kartoffel und Rüben und zugleich aus Gemüse wie Zwiebel, Salat und Mohrrüben.” Um einen optimalen Betriebskreislauf herzustellen, will er nach und nach eine Mutter-Kuh-Herde aufbauen, die sein Vater managen wird. So kann Ignac Wjesela das Feldfutter verfüttern und hat zugleich organischen Dünger für den Ackerbau zur Verfügung.

Der Crostwitzer will langfristig auf Direktvermarktung setzen. Dazu soll ein kleiner Hofladen entstehen. „Noch wichtiger aber ist, kleine private Lebensmittelläden zu beliefern“, erläutert er. Gern will er später auch eine größere Zahl Freilandhühner in einem umsetzbaren Wagen halten und vielleicht eine kleine Molkerei aufbauen, um eine regionale Milchbelieferung zu gewährleisten. Um die Nebenprodukte der Milchveredelung, wie zum Beispiel Molke, zu verwerten, will er später im begrenzten Rahmen eine kleine Freilandhaltung für Schweine und dazu eine passende Veredelung aufbauen. „Denn es ist mir auch sehr wichtig, neue Arbeitsplätze zu schaffen“, sagt der Crostwitzer. Kontinuierlich und sorgfältig will er den Betrieb aufbauen. Zugleich will Ignac Wjesela mit einem mobilen Verkaufswagen auf Wochenmärkten der Region sein.

Nahe Nebelschütz und Crostwitz findet er gute Bodenqualität vor. Zwischen 40 und 60 liegt hier die Bodenpunktzahl. Dies schafft gute Voraussetzungen. „Wichtig ist, ein regionales Verkaufsnetz zu errichten. Wichtig sind kurze Wege und heimische Wertschöpfung. Wichtig ist, den Boden schonend und ohne flächendeckende Pestizide zu bewirtschaften. Das ist möglich“, ist der Crostwitzer überzeugt. „Ich kenne genug gute Beispiele mit Berufskollegen, die es genauso machen.“ Er weiß: Für all diese hohen Ziele braucht er einen langen Atem. Dafür will er fleißig arbeiten, sich viele gute Praxis-Beispiele ansehen und rege den fachlichen Erfahrungsaustausch suchen. Regelmäßig fährt er auf Ökolandbau-Seminare. Für seine Ziele braucht er langfristig Partner in der Region. Die Gemeinde Nebelschütz gehört dazu.

Landwirtschaft ist in der Familie Wjesela seit Langem verwurzelt. Schon der Großvater väterlicherseits war Brigadier in der Tierproduktion in Nucknitz. Ignac Wjeselas Vater hat heute einen kleinen Landwirtschaftshof mit sieben Hektar Flächen. Ihm gehören Kühe und Schweine. Großonkel Jan Wjesela ist seit Jahren selbstständiger Landwirt in Crostwitz. An diese Traditionen will der junge Mann anknüpfen. „Mir liegt viel daran, der nachfolgenden Generation gute gesunde Böden zu hinterlassen “, sagt er.

Bekannt ist Ignac Wjesela vielen sorbischen Jugendlichen als „Ignac Fecich“. Dieser singt mit Ironie den Song „Cek dom (Get home)“. Entstanden ist das Lied in Zusammenarbeit mit dem sorbischen Video-Kreis im Studio Bautzen der Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanäle Saek. Das Lied nimmt Tom Jones‘ Song „Sex Bomb“ und den Körperkult unserer Zeit intelligent aufs Korn. Beim Minderheiten-Festival MiLaS in Sonderborg in Dänemark im Mai schaffte „Ignac Fecich & dance company“ mit dem Lied „Cek dom (Get home)“ den zweiten Platz. Freude und Stolz empfindet der Crostwitzer darüber. Beim Festival in Sonderborg gab es insgesamt 30 Beiträge aus 20 Ländern in 30 Sprachen von Minderheiten zu hören.

Kürzlich erst moderierte Ignac Wjesela in Radibor die Ehrung für Priester Alojs Andritzki (1914-1943). Es war das Jugendfestival „Alojs 100“ zum 100. Geburtstag zu Ehren des Pfingstmontag 2011 seliggesprochenen Priesters. „Das Singen und das Moderieren bereiten mir Riesenfreude. Es ist ein guter Ausgleich zum Alltagsstress“, sagt er. Jetzt ab August will er sich wieder aufs Studium konzentrieren. Denn nur mit einem guten Abschluss kann er seinen Bauernhof erfolgreich aufbauen.

Ignac Wjesela sucht weitere Flächen zum Pachten. Interessierte können sich bei ihm unter 015223777591 oder per E-Mail an [email protected] melden.