Von Jan Lange
Schlegel/Großhennersdorf. Wenn Petra und Dieter Starke mit ihrem Auto auf das Gelände der Schlegler Teiche einbiegen, dann fühlen sie sich gleich wie im Kurzurlaub. Für die beiden Mittsechziger gibt es keine schönere Idylle als den Badesee zwischen Schlegel und Großhennersdorf. Wenn die Frösche quaken, Libellen summen und Schwäne über den Teich gleiten, dann ist das für die Starkes Erholung pur. Über 100 Mal im Jahr kommen sie hierher. Dabei wohnt das Ehepaar nicht etwa in einem der Orte rund um den Badesee. Sie sind vielmehr in Bautzen Zuhause – immerhin gut 45 Kilometer von den Schlegler Teichen entfernt. Das hält Petra und Dieter Starke aber nicht davon ab, sich so oft wie möglich hier zu erholen.
Für sich entdeckt haben sie das Naherholungsgebiet bereits in ihrer Jugend. Damals lebten sie noch in Niederoderwitz. Durch Mundpropaganda wurden sie auf die Schlegler Teiche aufmerksam. Es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen, erzählt die frühere Grundschullehrerin. Mit dem Fahrrad sind sie seinerzeit bis an den See gefahren. Heute würde sie das nicht mehr machen, sagt die 65-Jährige mit einem Schmunzeln. Als Lehrerin bekam Petra Starke später eine Anstellung in Bautzen. Der Begeisterung für die Schlegler Teiche tat das keinen Abbruch.
In den ersten Jahren sporadisch zu Besuch, sind sie seit 22 Jahren in der warmen Jahreszeit fast täglich an den Teichen. Ausschlaggebend sei die Krankheit ihres Mannes gewesen. Als es Dieter Starke nicht so gut ging, erinnerten sie sich an jene Badeidylle, wo sie früher viele schöne Stunden erlebt hatten. Seitdem verbringen sie den Großteil ihrer Freizeit hier. Jüngst hatten sie mal ihr Wohnzimmer renoviert und waren deshalb eine Woche nicht an den Teichen. Aber das ist die Ausnahme. „Wenn wir uns mal nicht abmelden, gelten wir gleich als vermisst“, erzählt Petra Starke mit einem Lächeln.
Als sie noch als Grundschullehrerin tätig war, haben sie sich nach dem Feierabend, zwischen 13 und 14 Uhr, ins Auto gesetzt und seien an die Schlegler Teiche gefahren. Sie habe dann Schularbeiten kontrolliert und zwischendurch mal eine Runde geschwommen, während ihr Mann in die Pilze ging oder einfach nur die frische Luft am Teich genossen hat. Vor vier Jahren ging Petra Starke dann in Altersteilzeit. Seitdem kommen sie bereits am Vormittag nach Schlegel. „Wir haben hier schon um halb acht gefrühstückt“, berichtet die 65-Jährige. Das ist aber ganz selten der Fall, denn dann müssen sie bereits um halb sieben zu Hause losfahren. Meistens treffen sie zwischen zehn und elf ein.
Und das Bautzener Ehepaar kommt nicht nur im Sommer. Auch in der kalten Jahreszeit zieht es sie nach Schlegel. Sie laufen dann eine Runde um den Teich, der im Winter in der Regel abgelassen ist, wärmen sich danach mit einem heißen Kaffee etwas auf, gehen noch eine Runde und machen sich wieder auf den Heimweg. Sobald die Temperaturen ein bisschen ansteigen, geht Petra Starke auch ins Wasser. Sie sei eine absolute Wasserratte, sagt die 65-Jährige. Das liege vielleicht auch an ihrem Sternzeichen Fische, meint sie scherzhaft.
Mitte April ist sie dieses Jahr das erste Mal schwimmen gewesen. „Da war die Wassertemperatur gerade mal zwölf Grad“, erzählt die Bautzenerin. Fünf Züge hin, fünf zurück seien an diesem Tag genug gewesen. An heißen Tagen ist das Wasser inzwischen bis zu 25 Grad warm. Dann wird es richtig voll an den Schlegler Teichen. Die Starkes treffen dann auch viele andere Stammgäste. Und die kommen nicht nur aus Schlegel. Auch Erholungssuchende aus Zittau, Olbersdorf, Schönau-Berzdorf oder Hirschfelde zieht es an die Schlegler Teiche. Die weiteste Anreise aber haben Petra und Dieter Starke.
Dabei haben die beiden, die im Bautzener Stadtteil Gesundbrunnen wohnen, den Stausee direkt vor der Nase. Dort sind sie ab und zu gewesen, an die Idylle der Schlegler Teiche komme aber kein anderes Gewässer heran, meinen sie. Dieser Meinung sind auch ihre Kinder und Enkel. Immer wenn sie aus der Wahlheimat Baden-Württemberg nach Hause kommen, darf ein Ausflug nach Schlegel nicht fehlen. „Hier haben sie uns auch verkündet, dass wir Großeltern werden“, erzählt Frau Starke. Am Schlegler Teich werden Ostereier gesucht und Geburtstage gefeiert. Der nächste steht im August ins Haus: Dann wird Enkelin Paula zehn und feiert selbstverständlich an den Schlegler Teichen. Zuvor wird sie schon ein paar Ferientage bei den Großeltern verbringen und mit ihnen natürlich regelmäßig an den Badesee fahren. Dieses Jahr waren Starkes schon mindestens 50 Mal hier. Und dabei ist erst die Hälfte des Jahres um.