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Behördenchef wird Service-Mann

Günter Köster berät mit seinem Team Landwirte in Geldfragen.

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Von Birgit Ulbricht

Großenhain hat ab 2015 seine ISS. Nein, nicht die bekannte Raumstation, sondern die „Informations- und Servicestelle“, kurz eben ISS. Wer immer noch nicht weiß wovon die Rede ist, kein Wunder, es ist das altehrwürdige Landwirtschaftsamt. Das ist zwar schon seit 2008 offiziell Außenstelle des sächsischen Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und Geologie – aber das hat natürlich kein Mensch ausgesprochen.

Doch nun sind auch die Amtszeiten vorbei. Großenhain wird – wie auch das Pirnaer Haus – eine Außenstelle des „Förder- und Fachbildungszentrums“ in Nossen. Für Großenhain ist wichtig: Die Mitarbeiter bleiben und die knapp 700 Landwirte, die im Zuständigkeitsbereich Landkreis Meißen und Dresden rund 100 000 Hektar bewirtschaften, können hier ihre Anträge genauso stellen wie bisher. Ausgenommen sind allerdings Anträge für größere Investitionen in der Tierproduktion wie für Ställe. Die werden in der Zentrale Nossen bearbeitet. Das muss man sich erst einmal alles merken, und da dürfte es die Großenhainer freuen, dass ihnen der neue Mann an der Spitze wenigstens bekannt vorkommt.

Handballtrainer und Posaunist

Günter Köster (56), Handballtrainer der Damen im Großenhainer Handballclub, Mitglied im Posaunenchor und seit 1992 Großenhainer. Günter Köster hat mit den Handball-Kindern eine jährliche Streuobstsammelaktion ins Leben gerufen. Die Kösters, die selbst vier Kinder haben, beherbergten Austauschschüler, und er hat den Frühjahrsputz der Handballer organisiert.

Günter Köster kennen also viele. Und nun zieht er als Chef am Remonteplatz ein. „Ich hoffe, dass ich durch den kurzen Arbeitsweg auch wieder etwas mehr Zeit für den Posaunenchor habe“, gesteht er, da er schon fast ein schlechtes Gewissen habe. Die letzten sechs Jahre ist Köster nach Dresden-Klotzsche gefahren. Dort hat er den Kontrolldienst der Agrarwirtschaft geleitet, auch mit rund 30 Mitarbeitern wie jetzt in Großenhain. Er kontrollierte dort mit seinem Team, ob die Regeln eingehalten werden: egal ob beim Düngen, in der Ökolandwirtschaft, beim Etikettieren von Eiern oder Fleisch. Nur ein Beispiel: Ein Lkw voll mit Eierpaletten fasst 366 000 Stück. Wenn man weiß, dass der Unterschied zwischen einem Ei aus Bodenhaltung und einem mit Ökoherkunft zehn Cent beträgt, so Köster, dann ist auch klar, dass es mit jeder Kennzeichnung um viel Geld geht.

In Großenhain werden ihn jetzt andere Themen umtreiben, und lange Zeit zum Einarbeiten bleibt nicht. Schon im Frühjahr finden umfangreiche Informationsveranstaltungen zu den neuen Förderbedingungen der EU statt. Die haben es nämlich in sich: Subventionen aus Brüssel gibt es dann nur noch, wenn ein Betrieb fünf Prozent seiner Anbauflächen als ökologische Vorrangflächen ausweist. Das können Zwischenfrüchte, Randstreifen oder auch Feldraine sein . Außerdem ist es künftig untersagt, Grünland zu reduzieren, und es gibt erstmals Auflagen zur Fruchtfolge, wenn auch nicht schlagbezogen, sondern pro Betrieb. Ob das der Monokultur etwas entgegenwirkt, muss man sehen – der bürokratische Aufwand für etwas mehr natürliches Wirtschaften ist jedenfalls enorm. Weniger Arbeit wird es also nicht für das Beratungsteam Großenhain.

Und was macht dann der bisherige Außenstellen-Leiter Egbert Thierbach? Der Dahlener erhält einen Vertrauensposten im Ministerbüro in Dresden. Er wird Referent für die Landtagsabgeordneten und bekommt in dieser Funktion vielleicht vom ein oder anderen Abgeordneten eine Anfrage auf den Tisch oder berät den Minister in Sachen Landwirtschaft. Thierbach war langjähriger Fördergeld-Mittler zwischen Sachsen und Brüssel. Ein Mann, der seit 1999 so ziemlich jedem Fördertopf nachspürte, der aber auch in der freien Wirtschaft als Unternehmensberater und Prokurist gearbeitet hat. Auf den Job in Dresden freut er sich jedenfalls schon.