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Bienst hat Dienst

Viele Politiker zeigen sich nach der Landtagswahl mit ihrem Ergebnis zufrieden. Ein Wermutstropfen aber bleibt.

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Von Alexander Kempf, Sabine Larbig, Carla Mattern und Susanne Sodan

Auf seinen Sommerurlaub hat Lothar Bienst in diesem Jahr verzichtet. Dafür entschädigt ihn sein gutes Wahlergebnis. Im nördlichen Wahlkreis des Landkreises Görlitz haben er und die CDU in allen Gemeinden die Nase vorn. Das freut nicht nur den Görlitzer Landrat Bernd Lange, einen Parteikollegen von Lothar Bienst. Der Direktkandidat habe mit mehr als 41 Prozent der Stimmen sogar Zuwächse entgegen dem Trend, so Bernd Lange. Auch der Görlitzer Octavian Ursu habe sich sein Direktmandat gesichert. Die CDU-Kandidaten hätten ihr eigenes Profil gefunden beziehungsweise gestärkt, lobt der Landrat. Viele Wähler haben ihre Erststimmen der CDU gegeben. Und auch bei den Zweitstimmen liege der Kreis über dem Landesdurchschnitt. Bernd Lange sieht das für eine Region, die es schwer hat und kämpft als ein wichtiges Zeichen an die Landesregierung und Landes-CDU. „Wir dürfen das Vertrauen nicht verspielen“, mahnt er.

Lediglich die geringe Wahlbeteiligung vermag die Stimmung der Oberlausitzer CDU zu trüben. „Die Leute, die nicht wählen gegangen sind, brauchen künftig auch nicht über die Politik schimpfen“, sagt Lothar Bienst. Froh ist er dagegen über das Aus der NPD im sächsischen Landtag. In letzter Minute ist die Partei an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Im Wahlkreis Görlitz 1 hat sie diese aber dennoch oft übersprungen. Im Schnitt votieren im Norden des Landkreises 5,6 Prozent der Wähler rechts. In Kreba-Neudorf erhält die NPD prozentual sogar die meisten Zweitstimmen im gesamten Wahlkreis. Mit 10,2 Prozent ist es das einzige zweistellige Ergebnis im Norden. Doch auch in Neißeaue (9,8 Prozent) und Mücka (8,6 Prozent) haben die Rechten überdurchschnittlich viele Sympathisanten. Kaum Zuspruch erfährt die NPD hingegen in Groß Düben (3,5 Prozent), Trebendorf (3,4 Prozent) oder Weißwasser (4,1 Prozent).

In der Glasmacherstadt kann traditionell die Linke punkten. Mit 25,1 Prozent der Zweitstimmen erzielt sie hier ihr bestes Ergebnis im Norden. Aber auch in den anderen beiden Städten Rothenburg (23,1 Prozent) und Niesky (21,9 Prozent) liegt die Partei über dem Durchschnittswert des Wahlkreises in Höhe von 19,4 Prozent. Mager fällt die Bilanz der Linken hingegen in Kodersdorf (13 Prozent), Rietschen (13 Prozent), Groß Düben (13,3 Prozent) und Schöpstal (13,6 Prozent) aus.

Via Landesliste hat zumindest Kathrin Kagelmann den Sprung in den neuen Landtag geschafft. Bis 23 Uhr hat sie am Sonntag die Auswertung verfolgt. „Vor allem für meinen Bautzener Kollegen Heiko Kosel habe ich mitgefiebert“, erzählt sie. Alles Zittern nützte letztendlich nichts. Wäre er – neben Kathrin Kagelmann und Mirko Schulze – in den Landtag eingezogen, hätte die Linke in der Oberlausitz dort künftig drei Stimmen gehabt. Freuen kann sich Kathrin Kagelmann am Tag nach der Wahl trotzdem. „Die schönste Wahlnachricht habe ich erst heute früh gehört. Nämlich, dass die NPD nicht in den Landtag einziehen wird“, sagt sie.

Mit dem eigenen Wahlkampf zeigt sie sich trotz Widrigkeiten zufrieden. „Große Finanzströme gibt es bei der Linken nicht. Deshalb haben wir viel Material per Hand verteilt“, erzählt die stellvertretende Kreisvorsitzende ihrer Partei. „Gerade der Bereich um Niesky und Weißwasser ist so großflächig – wir haben uns wirklich die Füße plattgelaufen.“ Wie viel Stunden Wahlkampf sie investiert hat, kann Kathrin Kagelmann nicht sagen. „Da habe ich nicht mitgezählt. Aber seit Anfang August waren wir täglich unterwegs.“ Ein linderndes Fußbad gibt es trotz der Strapazen nicht. Vorm Antritt in die nächsten fünf Jahre räumt Kagelmann nun erst mal Aktenordner aus. „Alles, was sich in den vergangenen fünf Jahren so angesammelt hat, kommt raus.“

Nicht draußen, sondern drin im Landtag ist die Alternative für Deutschland. Diese wird zumindest von Lothar Bienst kritisch beäugt. „Es bleibt abzuwarten, wie sich ihre Landtagsabgeordneten zu Fragen der Landespolitik positionieren.“ Einen „richtig starken Wahlkampf“ bescheinigt Lothar Bienst dem bisherigen Koalitionspartner FDP. Dass die Liberalen im sächsischen Landtag nicht mehr vertreten sind, meint Bienst, liege wohl an den Themen. „Die kamen irgendwie bei den Bürgern nicht an.“

Die SPD ist im Landtag vertreten. Der Bad Muskauer Thomas Baum aber hat das Mandat trotz aussichtsreichem Listenplatz knapp verpasst. Nur ein Sitz mehr und er wäre Abgeordneter geworden. „Ich komme mit der Situation klar und bin optimistisch, dass ich es im Laufe der kommenden Jahre schaffe“, sagt der Muskauer. Besonders freut ihn dann auch das Wahlergebnis in seiner Heimatstadt. Der Ortsverein habe ihn beim Wahlkampf in einem der größten Wahlkreise Sachsens prima unterstützt. „Aber mehr ging nicht. Denn ich habe noch einen Job und Verantwortung für 26 Mitarbeiter“, so Thomas Baum.

Lothar Bienst bleibt hauptberuflich Politiker. Heute und am Freitag sind Fraktionssitzungen in Dresden. Im Spätherbst hofft er auf eine Woche Urlaub.