Bier wird mit Käse ein Erlebnis
Von Ralph Schermann
Görlitz. Von wegen Geheimtipp! Schon vor der offiziellen Eröffnung klopfte so mancher Interessent bei Krauses an. Immer wieder wurde nachgefragt. Verständlich. Schließlich ist es ja auch ungewöhnlich, dass seit Jahrhunderten wieder mitten in der Stadt in kleinen Mengen und mit feinem Geschmack Bier gebraut wird.
Am Sonnabend wurde wahr, was Sabine und Uwe Krause sich lange überlegt hatten: Auf der Löbauer Straße 28 öffneten sie ihre kleine Firma. „Genuss-Brauerei Krause“ steht an der Tür und auf den Etiketten ihrer Produkte, einem hellen und einem dunklen Bier, dem sie den einprägsamen Namen „GR-LI-Bräu“ gaben.
Braumeister Uwe Krause, Jahrgang 1956, arbeitete in vielen Brauereien der alten Bundesrepublik und schließlich bei MBG, einer Vertriebsgesellschaft für amerikanische Spezialgetränke. Er kreierte dort den zum Kult gewordenen Modetrunk „Hugo“ mit und vertrat die Gesellschaft weltweit. Gesundheitlich wurde das ständige Reisen Krauses zwischen Amerika und Australien, Afrika und Europa aber zu viel. Ruhiger werden, das riet ihm dringend der Arzt. Und das machte er radikal: Aufhebungsvertrag. Mit Ehefrau Sabine zog er sich zurück – nach Görlitz, wo die gebürtige Dresdnerin Verwandte hat. Sie erwarben eine Eigentumswohnung in der Südstadt, aber nicht, ohne an Uwe Krauses Hobby zu denken: „Bierbrauen ist zu einer Leidenschaft geworden.“
Und so mietete der Braumeister einen Keller und richtete dort eine eigene Brauerei ein. Alles ist da, freilich in starker Verkleinerung: Sudkessel, Läuterbottich, Gärkeller. Er kocht sein Bier über kleinen Spirituskochern. Das ist clever, denn: Ohne Strom und Gas sind die Anlagen genehmigungsfrei. Ein ganzes Jahr lang feilte der Meister an einem besonderen Zubrüh-Maischverfahren, das naturbelassenem Bier keine starke Trübung gestattet. Er ordert gediegene Rohstoffe: Malz aus Heidenau, Hopfen aus dem Saale-Elbe-Gebiet, Hefe aus eigener Reinzucht. „Und das gute Görlitzer Stadtwerke-Wasser sowieso“, betont er. Und weil er solche Genüsse zaubern kann, kam irgendwann die Idee, aus dem Hobby mehr zu machen. Er fand dafür Räume auf der Löbauer Straße ideal, renovierte, baute um, „Alle zuständigen Ämter haben uns unkompliziert unterstützt“, freut sich Sabine Krause. Auch gab es unerwartete Hilfe: „Die Hausbewohner hier waren ganz toll. Ob beim Reintragen der schweren Kühlschränke oder beim Abladen von 1 200 Flaschen – sie haben ungefragt mit angepackt, das verdient ein Riesendankeschön.“
Auch die Töchter mit Schwiegersöhnen waren oft mit auf der Löbauer Straße, und halfen bei der Renovierung der großen Erdgeschoss-Ladenräume. Seitdem drückt sich täglich so mancher Görlitzer die Nase an den Scheiben platt. „Das ist erwünscht“, sagt die Geschäftsführerin, „denn es sind wahrlich Schau-Fenster.“ Zu sehen sind auch von der Straße aus Sudkessel, Läuterbottich, Gärbehälter. Nicht zu sehen dagegen sind die Nebenräume mit einer staubfreien Malzschrotanlage und den Kühlsystemen. „Kurzfristig haben wir noch eine weitere Tiefkühlzelle eingebaut, um eine Woche Endreifung zu garantieren“, begründet der Braumeister, der das GR-LI-Bräu auch extern analysieren lässt. Schließlich soll nur die beste Qualität in die 0,75-Liter-Bügelverschluss-Flaschen, zu haben für 3,50 Euro plus einem Euro Flaschenpfand, zehn Euro der Dreier-Pack. Kästen gibt es für die schweren Flaschen nicht, höchstens Tragetaschen, die ein kleiner Shop ebenso anbietet wie handgemachte Postkarten und allerlei Souvenirs mit dem GR-LI-Motiv, vor allem passende Biergläser.
Vormittags wird gebraut, nachmittags verkauft. Es gibt weder Vertrieb noch Ausschank. Aber ohne Aufpreis gibt es personalisierte Wunsch-Etiketten. „Schon vor der Eröffnung stapelten sich dafür Vorbestellungen“, informiert Sabine Krause. So kann es sein, dass die täglich rund hundert verfügbaren Flaschen ab und an gar nicht bis Ladenschluss reichen. „Mehr aber geht nicht, schließlich wollen wir handwerklicher Qualität den Vorzug geben“, sagt sie. Davon profitieren sogar nicht nur die Bierkenner. Immerhin 14 Kilogramm Treber fallen täglich an, ausgelaugte Rückstände des Malzes, die als eiweißreiches Tierfutter gelten. Sabine Krause musste dafür gar nicht erst lange suchen: „Der Landwirtschaftsbetrieb Thiemig aus Markersdorf nimmt uns den Treber ab.“
Dass die Görlitzer auch das Bier abnehmen, zeigte sich am Eröffnungstag. Eine Stunde vor Ladenschluss war die letzte Flasche verkauft und der Vorbestellungs-Block gut gefüllt. Wie also schon vermutet: Ein Geheimtipp ist GR-LI-Bräu auch wegen der etwas abgelegenen Braustätte durchaus nicht – dafür aber begehrt von Anfang an.
Übrigens reduzieren die Krauses ihren Genuss-Begriff nicht allein auf den Gerstensaft. Am Sonnabend staunte daher mancher zur Eröffnung, dass nicht nur flüssige Nahrung über die Theke ging. „Der Käse zum Bier“ heißt ein von Sabine Krause hergestellter cremiger Kochkäse, den sie in verschiedenen Geschmacksrichtungen mit anbietet. Abgerundet werden sollte so eine Bier-Käse-Genießer-Mahlzeit am besten mit einem herzhaften Roggenbrot, das die Krauses „Rösti“ nennen, weil es Röstmalz enthalten soll. „Das zu backen, übersteigt aber unsere Kräfte“, sagt der Braumeister und wäre froh, wenn sich als Zulieferer für sein Rezept ein örtlicher Bäcker fände: „Er dürfte es auch GR-LI-Bräu-Brot nennen...“
Die Genuss-Brauerei Krause auf der Löbauer Straße 28 (Ecke Landeskronstraße) hat Dienstag bis Freitag, je 15 bis 19 Uhr, und Sonnabend, 10 bis 14 Uhr, geöffnet.