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Ein Garten mitten auf dem Friedhof

Das ist in Sachsen einmalig: In Bischofswerda sind jetzt besondere Bestattungen möglich.

Von Ingolf Reinsch
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Sandra Theusner vom Fachverband begleitet das Projekt Garten der Erinnerung auf dem Bischofswerdaer Friedhof. Realisiert wird es durch die Gärtnerei Krauße, die Martin (l.) und Erhard Döring führen.
Sandra Theusner vom Fachverband begleitet das Projekt Garten der Erinnerung auf dem Bischofswerdaer Friedhof. Realisiert wird es durch die Gärtnerei Krauße, die Martin (l.) und Erhard Döring führen. © SZ/Uwe Soeder

Bischofswerda. Gleich hinterm Eingang zum Neuen Friedhof am Schmöllner Weg in Bischofswerda beginnt der Garten der Erinnerung. Er ist tatsächlich wie ein Garten angelegt. Mit Stiefmütterchen bepflanzte Rabatten säumen den Weg.  Die Felder, die für Urnen vorgesehen sind, sind bepflanzt mit Sträuchern, Stauden und Blumen. 

Blickfang ist eine Kiefer in der Mitte, die durch ständiges Beschneiden eine besondere Form bekommen hat. Daneben wachsen Kräuter, wie Salbei, Thymian und Oregano, Zwergrosen, Lilien, Lavendel, Fette Henne und Sonnenhut, Zwergflieder sowie Bodendecker.

Baumbestattungen auch in Bischofswerda möglich

Martin Döring von der Gärtnerei Krauße aus Bischofswerda, der den Garten geplant hat, achtete darauf, dass das ganze Jahr etwas blüht.  Zurzeit sind es vor allem die Stiefmütterchen. In einigen Wochen werden sie durch die Sommerbepflanzung und im Herbst durch Eriken ersetzt, sagt Erhard Döring, Seniorchef des Familienbetriebes. 

Im April gab es im Garten der Erinnerung die erste Bestattung. Seitdem wurde eine zweite Urne beigesetzt. Weitere zwei Bestattungen sind Ende Mai und im Juni geplant, darunter die erste Baumbestattung in Bischofswerda. 

Dafür wurde eine Blutbuche gepflanzt. Unter ihr  können zwölf Menschen ihre letzte Ruhe finden. Die Grabsteine unter der Buche werden in Form eines Blattes angefertigt. "Ein Blatt, das zu Boden gefallen ist",  beschreibt Martin Döring die Idee. 

Im ersten Bauabschnitt ist Platz für 105 Gräber: 22 Wahl- und 45 Reihengräber für Urnen, 20 Urnengräber für Ehepaare sowie zwölf Baum- und sechs Erdgräber. Je nach Bedarf kann der Garten später erweitert werden.  Die Ruhezeit beträgt 20 Jahre. 

Der Garten ermöglicht ein würdiges Gedenken. Jeder Verstorbene bekommt einen eigenen Grabstein mit seinem Namen sowie dem Geburts- und Sterbejahr. Auf Wunsch können die Lebensdaten auch komplett in den Stein gemeißelt werden. Anonyme Bestattungen gibt es im Garten der Erinnerung nicht. 

Zum Konzept gehört auch die Friedhofspflege für die gesamte Zeit. "Zusätzliche Kosten oder Pflegearbeiten für Hinterbliebene entstehen nicht. Das Ablegen von Blumen oder Trauergaben ist gestattet", sagt Erhard Döring.  

Friedhofskultur in Form eines Gartens. Blickfang auf der Anlage in Bischofswerda list eine Kiefer. Unter der Buche dahinter können zwölf Menschen bestattet werden.
Friedhofskultur in Form eines Gartens. Blickfang auf der Anlage in Bischofswerda list eine Kiefer. Unter der Buche dahinter können zwölf Menschen bestattet werden. © SZ/Uwe Soeder

Vergleichbare Angebote  mit Urnengräbern gibt es in Sachsen bisher nur in Kirschau und in Markranstädt bei Leipzig. Das Konzept für Bischofswerda ist allerdings umfassender, weil es erstmals auch Sarg- und Baumbestattungen einschließt. Sandra Theusner von der Dauergrabpflegegesellschaft Sächsischer Friedhofsgärtner sagt: "Friedhofskultur ist nichts Starres. Sie unterliegt einem Wandel. Wir sind sehr froh, dass die Stadt Bischofswerda als Friedhofseigentümer sich hierfür offen zeigt und den Weg mitgeht." 

Gärten der Erinnerung bereichern die Bestattungskultur, indem sie neue  Akzente setzen. Vom Berufsverband organisierte Exkursionen führten Erhard Döring in die Altbundesländer, wo es auf diesem Gebiet schon vielfältige Erfahrungen gibt. 

Treuhand-Modell gibt Hinterbliebenen Sicherheit

Vier Jahre lang haben  die Gärtnerei Krauße  und die Dauergrabpflegegesellschaft Sächsischer Friedhofsgärtner das Projekt  mit der Stadt vorbereitet. Die Bischofswerdaer Gärtnerei legte den Garten nicht nur an, sondern sie ging auch finanziell in Vorleistung. 

Mit dem Erwerb einer Grabstelle schließen die Hinterbliebenen einen Vertrag mit der Dauergrabpflegesellschaft. Es ist auch möglich, bereits zu Lebzeiten vorzusorgen und seine Bestattung im Garten der Erinnerung selbst zu bestimmen. 

"Die Gesellschaft fungiert als Treuhänder, indem sie die Gelder für die Grabpflege verwaltet.  Die Betriebe vor Ort bekommen das Geld für die Bepflanzung und Pflege in Jahresscheiben ausgezahlt",  erläutert Sandra Theusner. Durch das Treuhandmodell haben die Hinterbliebenen die Gewissheit, dass die Grabpflege während der gesamten Ruhezeit gesichert ist. "Wir arbeiten mit 116 Friedhofsgärtnereien in Sachsen zusammen. Sollte ein Betrieb schließen, würden wir einen anderen beauftragen." 

Garten kann in einigen Jahren erweitert werden

Seit fast  zwei Jahren kümmert sich die Gärtnerei Krauße um die Pflege des Neuen Friedhofes. Die Stadt schreibt die Leistungen in regelmäßigen Abständen aus. Auch im Fall, dass  der Bischofswerdaer Betrieb die die Pflege des Friedhofes irgendwann einmal abgeben müsste,  würde der Garten der Erinnerung weiter durch das Familienunternehmen betreut, sagt Erhard Döring. 

Der Betrieb plant langfristig. "In Kirschau und Markranstädt wird das Angebot sehr gut angenommen", sagt Sandra Theusner.  Bei entsprechender Nachfrage auch in Bischofswerde könnte die Fläche des Gartens der Erinnerung von jetzt knapp 400 auf  800 Quadratmeter erweitert werden. 

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