Blitzerfalle auf dem Weg zur Autobahn

Rammenau . Der Mann aus Bischofswerda ist an einem Januarmorgen auf der B 98 in Rammenau geblitzt worden. Wenige Tage später schickte ihm das Landratsamt einen Brief mit seinem Foto. Da sich der Mann hinterm Steuer keiner Schuld bewusst war, fragte er am 5. Februar in der Kamenzer Außenstelle des Landratsamtes nach. Dort hat das Kreisordnungsamt seinen Sitz. Zwei Tage später, am 7. Februar, stellte die Straßenmeisterei des Landkreises am Beginn des Abschnittes, wo der Bischofswerdaer nach seiner Vermutung in die Radarfalle gefahren sein könnte, ein neues Verkehrszeichen auf. Es hebt Tempo 30 auf, das im vergangenen Jahr wegen Bauarbeiten für die gesamte Rammenauer Ortsdurchfahrt auf der Bundesstraße angeordnet worden war. Nur ein zeitlicher Zufall?
Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun, heißt es auf Nachfrage der SZ im Landratsamt. Dort will man auch von dem Besucher aus Bischofswerda nichts mitbekommen haben. „Im Landratsamt Bautzen, Ordnungsamt, Sachgebiet Zentrale Bußgeldstelle gab es keine Vorsprache am vergangenen Mittwoch in diesem Bezug“, ließ die Behörde Ende letzter Woche über die Pressestelle des Landratsamtes mitteilen.
Zweierlei Maß auf der B 98?
Doch der Mann ist kein Phantom, auch wenn er darum bittet, seinen Namen nicht in der Zeitung zu schreiben. Es ist ein in Bischofswerda bekannter Unternehmer. Sachlich, überlegt, korrekt. Doch am frühen Morgen des 21. Januar wird er auf dem Weg zur Autobahn geblitzt. Statt der erlaubten 30 km/h hat er abzüglich der Toleranz 41 „Sachen“ auf dem Tacho. Das soll ihn 25 Euro Verwarngeld kosten.
Er ist nicht der Einzige, der nach dieser Verkehrskontrolle zahlen muss. Über zwei Stunden, von 5.55 bis 8.15 Uhr war die Kreisbehörde an jenem Morgen mit zwei Messfahrzeugen vor Ort. Das eine stand gleich am Ortseingang aus Richtung Bischofswerda, das andere am Abzweig in Richtung Hauswalde – auf dem Platz, wo in diesem Jahr der Kreisverkehr gebaut werden soll. Nach Angaben des Landratsamtes waren von 829 Fahrzeugen in Richtung Autobahn 84 zu schnell. In der Gegenrichtung wurden 596 Fahrzeugen gemessen, von denen 47 schneller als 30 km/h fuhren. Gemessen wurden nur die Fahrzeuge auf der Bundesstraße.
Diejenigen, die aus Richtung Rammenauer Ortsmitte bzw. Hauswalde kamen, blieben unberücksichtigt. Der Messbedienstete im Auto soll Protokoll darüber geführt haben, aus welcher Richtung ein Fahrzeug kommt, erfuhr der Mann bei seinem Gespräch in Kamenz. Dort bestätigt man gegenüber der SZ zumindest, dass an jenem Morgen nur der Verkehr aus Richtung Bischofswerda und Autobahn kontrolliert worden ist. „Die Geschwindigkeit der Fahrzeuge, die aus Richtung Rammenau gekommen und Richtung Autobahn gefahren sind, wurde nicht gemessen. Dafür bestand/besteht auch keine Notwendigkeit – für diesen Verkehrsfluss gilt 50 km/h“, erklärt das Kreisordnungsamt. Es hält sowohl die Beschilderung vor Ort als auch seine Messungen für korrekt. Man sollte sich die Beschilderung ansehen „und erkennen, wo 30 km/h und wo 50 km/h gelten“, erklärt die Behörde zur Frage, ob hier nicht der Gleichheitsgrundsatz verletzt worden sei.
Tempo 30 ohne ersichtlichen Grund
Bezogen auf den Tag der Kontrolle, den 21. Januar, erscheint die Aussage zur Beschilderung, moderat formuliert, fragwürdig. Denn Tempo 30 galt da noch für die gesamte Ortslage; erst durch das Ortsausgangsschild wurde es aufgehoben. Ursprünglich stand dieses Schild unmittelbar nach dem Abzweig nach Hauswalde. Dann wurde es im Zuge der vorbereitenden Arbeiten für den Bau des Kreisverkehrs im vergangenen Jahr um rund 200 Meter ortsauswärts versetzt. Kurz vor Weihnachten wurden die Bauarbeiten beendet, doch die Geschwindigkeitsbegrenzung blieb auf der gesamten Strecke bis zum 7. Februar – offenbar völlig unbegründet. „Man schlich die ganze Zeit mit Tempo 30 an Wiesen und Feldern vorbei, und das auf einer Bundesstraße“, kommentiert es der Bischofswerdaer.
Jetzt gilt Tempo 30 weiterhin im bebauten Bereich, vor allem wegen des schlechten Fahrbahnzustandes. Nach dem Abzweig Richtung Hauswalde darf man seit dem 7. Februar 50 km/h fahren. Auch mit Blick auf die Geschwindigkeitskontrolle kann diese Unterscheidung Bedeutung haben. Denn es stellt sich die Frage: In welchem Bereich wurde vom künftigen Kreisverkehr aus gemessen? Im Landratsamt versichert man, dass dies in Richtung Bebauung erfolgte, also dort, wo auch jetzt noch Tempo 30 gilt. Der Bischofswerdaer hat da seine Zweifel. Er vermutet, dass er in jenem Bereich geblitzt worden ist, der vor wenigen Tagen für Tempo 50 freigegeben worden ist. Beweisen kann er es nicht, zumal es noch dunkel war. Doch er sagt auch: „Ich habe den Messwagen am Ortseingang, der oft dort steht, gleich erkannt und sofort gebremst. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht schneller als 30 km/h bis zum Abzweig ins Dorf gefahren bin.“ Die 25 Euro Verwarngeld hat er inzwischen ans Landratsamt überwiesen. „Mir geht es nicht um das Geld, mir geht es um Klarheit.“
Stadt spricht von Versäumnissen
Mögliche Missverständnisse hätten sich vielleicht vermeiden lassen, wenn das Schild, das Tempo 30 aufhebt, gleich nach dem Ende der Bauarbeiten aufgestellt worden wäre. Die Stadt Bischofswerda, die aufgrund einer Verwaltungsgemeinschaft für die Straßenbeschilderung in Rammenau zuständig ist, spricht offen von Versäumnissen und betont, dass die Ursache nicht bei ihr liegt. „Die Bauarbeiten waren am 20. Dezember abgeschlossen worden. Nach Beräumung der Baustelle wurde die Anpassung jedoch versäumt. Die Verkehrsbehörde der Stadt hat daraufhin Mitte Januar reagiert und die Aufhebung der 30 angeordnet. Die Durchführung obliegt in diesem Fall der Straßenmeisterei“, sagte Rathaussprecher Sascha Hache. Die dem Landkreis unterstellte Einrichtung handelte aber erst am 7. Februar. Das Landratsamt bestätigte diese Darstellung, nahm aber nicht weiter zum zeitlichen Verzug Stellung.
Mehr Nachrichten aus Bautzen lesen Sie hier.