Von Mario Heinke
Zittau. Charlie Chaplin wackelt über den Gehweg, verteilt weiße Frisbee-Scheiben und gute Laune. „Take Me Home, Country Roads“ spielt eine Live-Band vor dem barocken Eingangsportal des sanierten Hauses, das nicht in West Virginia, sondern in Zittau am Markt 7, steht. Junge Frauen, die modische Brillen tragen, verteilen bunte Luftballons. Der riesige Verkaufsraum der neuen Fielmann-Niederlassung ist voller Menschen, so als hätte es seit Jahren keine Brillen in der Stadt gegeben. Glückliche Menschen bilden freiwillig und diszipliniert Warteschlangen zum kostenlosen Sehtest. An diesem Donnerstagvormittag haben es wohl alle mit den Augen. Filialleiter Jens Henkel strahlt über das ganze Gesicht und schüttelt pausenlos Hände. Der Augenoptikermeister ist Fielmanns Gesicht in Zittau, begann seine Ausbildung 1995 in der Filiale in der Inneren Weberstraße und übernahm 2005 deren Leitung. Seit der Eröffnung sind dort 180 000 Brillen verkauft worden, erzählt der 40-Jährige.
Mit dem Umzug von der Inneren Weberstraße auf den Markt hat Fielmann nur dazugewonnen. Das neue Geschäft bietet doppelt so viel Raum – 430 statt 220 Quadratmeter – in exponierter Lage, Barrierefreiheit und einen repräsentativen Verkaufsraum mit zwei monumentalen, aufwendig verzierten Säulen. Die Werkstattausrüstung, das Equipment in den Sehtesträumen und die Zentriereinheiten von Zeiss suchen ihresgleichen. „Das ist jetzt Fielmanns modernste Niederlassung in Deutschland“, versichert Tobias Plöger, in der Hamburger Zentrale für Unternehmenskommunikation zuständig. Die neue Filiale ist eine lohnende Investition für den Marktführer, immerhin kommt Fielmann nach eigenen Angaben im Raum Zittau auf einen Marktanteil von 60 Prozent. Auch personell zeigt das Unternehmen, dass es gut läuft in Zittau. Arbeiteten bisher 14 Mitarbeiter und drei Azubis in der Niederlassung, sind es im denkmalgeschützten Haus am Markt 16 Mitarbeiter und vier Azubis.
Ohne einen Menschen hätte es diese Eröffnung wohl nie gegeben. Im Herbst 2013 entschloss sich der Berliner Peter Blaesche, dem auch das Nebenhaus die Nummer 5 gehört, das marode Gebäude zu sanieren. Kurz vorher hatte er mit der Sanierung des Noackschen Hauses, an dem noch gearbeitet wird, begonnen. Der damals 71-Jährige kündigte an, dass dies sein „letztes Haus“ sein werde, das er saniere. Nun steht es kurz vor der Vollendung, nur in den Wohnungen wird noch gearbeitet. 1541 erstmals erwähnt, schon zuvor als Gasthof „Zum Weißen Engel“ bekannt, brannte das Haus 1757 beim großen Stadtbrand ab und wurde im Stil des Barock mit einer klaren Fassadenstruktur wieder errichtet. Das frühere Malzhaus wurde auch von zwei Bürgermeistern bewohnt. 1883 zog das Bankhaus Meusel & Schulz ein.