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Bürgerbeteiligung? Unbedingt!

Wollen Sie die Bürgerbeteiligung bei kommunalen Fragen/Weichenstellungen verbessern und wenn ja, wie?

Von Uwe Schulz
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Der Bürgerhaushalt ist erstklassige Bürgerbeteiligung. Auch wenn sich am Procedere gewiss noch etwas verbessern lässt.
Der Bürgerhaushalt ist erstklassige Bürgerbeteiligung. Auch wenn sich am Procedere gewiss noch etwas verbessern lässt. © Foto: Uwe Schulz

Hoyerswerda. Bürgerbeteiligung in der Politik ist alles andere als einfach. Auch nicht auf der vermeintlich einfachsten, der kommunalen Ebene. Wer Entscheidungen treffen muss, der weiß, dass man nicht erst immer alles lang diskutieren und jeden um seine Meinung fragen kann, weil sonst eben einfach nichts passiert. Entscheidungen müssen sein. Und man muss auch nicht jede Entscheidung erklären. 

Sind sie jedoch weitreichend, prägend für das Gemeinwesen, dann sollte man sie aber erklären oder aber rechtzeitig sogar einen Beteiligungsprozess anstoßen. Bislang ist es so, dass es bei Bebauungsplänen und Ähnlichem zu öffentlichen Auslegungen der Unterlagen kommt, jedermann seine Stellungnahme dazu abgeben kann. Macht aber kaum jemand. Man kann an den Stadtratssitzungen teilnehmen und hier auch Fragen an den Rat, die Verwaltung stellen. Gemessen an der Einwohnerzahl macht das auch kaum jemand. Andererseits gibt es immer wieder Fälle, in denen hinterher aus der Bürgerschaft gefragt wurde, warum es dazu im Vorfeld keine Bürgerbeteiligung gab, Inforunden zum Beispiel. Und dann erleben wir es als Journalisten, wenn wir über Baumaßnahmen berichten, dass sich Leute melden: „Das haben wir nicht gewusst, warum habt ihr nicht vorher drüber geschrieben?“ In den meisten Fällen gab es aber auch eine Vorberichterstattung.

In den letzten Jahren gab es schon einen Vorwärtstrend bei der Bürgerbeteiligung. Oberbürgermeister Stefan Skora lud regelmäßig zu Gesprächen in Wohngebiete ein. Es gab Infoveranstaltungen und Beteiligungsrunden zur Stadtentwicklung. Der wohl größte Wurf war aber die Schaffung des Bürgerhaushalts. Es sind schöne Sachen geschaffen worden, für die bis dahin kein Geld da war. Und das Bürgertelefon 456 456 ist eine gute Möglichkeit, auf kleine Probleme, Gefahrenstellen etc. in der Stadt hinzuweisen. Und ja – es gibt viele Menschen in der Stadt, die selbst von diesen Möglichkeiten nichts wissen, weil sie sich auch sonst nicht entsprechend informieren. Weder mediale Berichterstattung, noch Briefkastensendungen, Inserate in Anzeigenblättern oder Veröffentlichungen auf der Internetseite der Stadt oder im Amtsblatt erreichen alle Menschen in dem Sinne, dass sie es auch wahrnehmen. Und doch haben alle fünf OB-Kandidaten so ihre Ideen. Wir haben sie danach gefragt. Nebenstehend die Antworten.

Die Hoyerswerdaer Oberbürgermeister-Wahl findet am 6. September statt, ein möglicher zweiter Wahlgang am 20. September. TAGEBLATT hat allen fünf Kandidaten Fragen zu insgesamt fünf Themenkomplexen gestellt. 

Dorit Baumeister, parteilos, mit Unterstützung Linke, Grüne, Aktives Hoyerswerda:

Transparent, wertschätzend und mit gemeinschaftlichem Engagement für unsere Zukunft. Die Verwaltung muss sich als Ermöglicher und aktiver Partner für die Bürger*innen neu aufstellen. Die Bürger*innen sind als stärkste Kraft ernst zu nehmen. Dafür wird eine neue Verwaltungsstruktur mit „Runden Thementischen“ (Bsp. Wirtschaft, Bildung, Sport, Kultur…) gebildet, welche die Mitwirkung der lokalen Akteure bei der strategischen Ausrichtung der Stadt im Rahmen des Strukturwandels garantiert. Großprojekte (Bsp. Scheibe-See, Quartiersbebauungen) werden in Begleitung von Bürgerwerkstätten auf den Weg gebracht. Diese neuen, verbindlichen Strukturen sichern die Einbindung der bürgerschaftlichen Fachkompetenz und Ideen. Eine hinter verschlossenen Türen ausgehandelte Zukunft wird es mit mir nicht geben. Regelmäßige Berichte der Oberbürgermeisterin über Social-Media-Kanäle machen die Arbeits- und Entscheidungsprozesse des Rathauses transparent und nachvollziehbar. Besonders wichtig ist mir gelebte Bürgernähe, die Wahrnehmung und Wertschätzung der beruflichen und ehrenamtlichen Leistungen, verbunden mit der Einführung einer neuen Anerkennungskultur.

Claudia Florian, CDU:

Die Bürgerbeteiligung ist für Hoyerswerda und in Anbetracht der bevorstehenden Herausforderungen von ungemeiner Wichtigkeit. Die Identifikation der Bürger mit der Stadt ist dabei von großem Wert und kann mit echter Bürgerbeteiligung gestärkt werden. Ein Umstand, der in unserer Stadt zu lange vernachlässigt wurde. Ideenwettbewerbe sind hierfür eine tolle Dialogform und dienen in gewisser Weise als Marktforschung, um Wünsche und Bedürfnisse besser zu erkennen. Auch im Nachhinein bieten sie die Möglichkeit, Beteiligungskultur sichtbar zu machen. Dafür müssen sie entsprechend vorbereitet und durch sinnvolle Strukturen und Planungen unterstützt werden. Der Bürgerhaushalt muss zukünftig fest etabliert werden - das ist echte, nachvollziehbare Bürgerbeteiligung. Mit dem Runden Tisch der Ehrenämtler sollen die Ehrenämtler der Stadt zudem stärker an Projekten beteiligt werden. Dabei wird es regelmäßige Treffen mit Vertretern der Stadt geben, um sich über Potenziale und Herausforderungen auszutauschen. Der Jugend soll in Form eines Kinder- und Jugendparlaments ebenfalls eine Stimme gegeben werden, um sie stärker an der Entwicklung unserer Stadt teilhaben zu lassen.

Marco Gbureck, AfD:

Die Bürger wählen mich nicht, damit ich nach der Wahl Augen und Ohren verschließe. Wer mich kennt, weiß, dass ich immer für ein Gespräch erreichbar bin und natürlich den direkten Kontakt nicht scheue. Aber nicht zuletzt habe ich eine Idee der Bürgerbeteiligung, die es im digitalen Zeitalter vereinfacht, Wünsche oder Vorstellungen, aber auch Sorgen und Nöte über eine App, speziell zugeschnitten für Hoyerswerda und deren Ortsteile, zu übermitteln. Nennen wir den Button „Bürgerideenforum“, in dem man seine Gedanken und Vorstellungen an ein Gremium der Stadtverwaltung übermittelt und es dort ausgewertet wird (Machbarkeit/Fördermöglichkeit). Über einen Livestream während der Stadtratssitzungen spricht man schon seit langem. Auch eine mediale Form der Bürgerbeteiligung zur Übermittlung von städtischen Informationen, die es gilt umzusetzen.

Dirk Nasdala, parteilos:

Ja, durch frühzeitige Bürgerbeteiligung im Vorfeld der jeweiligen bedeutsamen Entscheidung. Die zur Entwicklung unseres Leitbildes 2030 gebildeten Stadtwerkstätten möchte ich zu Denkfabriken ausbauen. D. h., in ihnen soll sich der ständige Austausch der Bürgerinnen und Bürger mit den Stadträten und Mitarbeitern unserer Stadt und Beteiligungen abspielen. Es sollen gemeinsam Ideen gesponnen und unter Mitarbeit des Stadtentwicklungssauschusses auf ihre Machbarkeit geprüft und das Ergebnis an die Denkfabrik zurückgespielt werden. Im Anschluss an die darauffolgende Stellungnahme der Denkfabrik soll der Stadtentwicklungsausschuss Beschlussempfehlungen an beschließende Ausschüsse bzw. den Stadtrat aussprechen, um zu vom Oberbürgermeister umzusetzenden Entscheidungen zu kommen. Nur so können sich die Bürger tatsächlich als Entscheidungsträger einbringen. Die Fortführung des Formats Bürgerhaushalt für von unserer Bürgerschaft gewünschte Projektideen, die keine Folgekosten verursachen, unterstütze ich. Genauso wichtig wären kleine Budgets, die eigenständig von den Ortschaftsräten verwaltet werden, um sie auch verantwortlich an unserer Stadtentwicklung mitwirken zu lassen.

Torsten Ruban-Zeh, SPD:

Ganz klar ja. Ich bin ein Fan der Bürgerbeteiligung. Für meine Bürger bin ich ja bereits präsent und ansprechbar, dies zeige ich bereits mit meinen Bürgerdialogen – Bürgerbeteiligung hat das Ziel, gemeinsam eine positiv kundenorientierte Verwaltung zu schaffen. Durch einfache und kleine Veränderungen, wie das Angebot einer Kinderbetreuung zu Zeiten von Stadtrats- und anderen Gremiensitzungen, geben wir jungen Eltern die Möglichkeit, sich an diesen kommunalen Prozessen zu beteiligen. Der Bürgerhaushalt wird nicht nur weitergeführt, sondern entsprechend den haushälterischen Mitteln ausgebaut, um Investitionen im Sinne der Bürger zu ermöglichen. Ich bin überzeugt, dass durch die Einführung von regelmäßigen Bürgerdialogen und gemeinsamen Ortschaftsrats- Sitzungen wir das verloren gegangene Vertrauen wieder aufbauen. Zu meinen Bürgerdialogen strebe ich eine jährliche Sozialkonferenz mit Beteiligung aller Sozialverbände und Bürgern aller Schichten unserer Stadt an.