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Chaos und Frust am Bahnhof

Der Busersatz für die gesperrte Bahnlinie RB 45 funktioniert kaum. Der Linienbetreiber will nicht Schuld sein.

Von Verena Toth
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Am Freitagmittag mussten die Zuggäste nach Chemnitz am Bahnhof Döbeln wieder in einen Bus einsteigen.
Am Freitagmittag mussten die Zuggäste nach Chemnitz am Bahnhof Döbeln wieder in einen Bus einsteigen. © Dietmar Thomas

Döbeln. Ratlosigkeit, Frust und Chaos herrschen seit Tagen bei denjenigen, die auf den Zug zwischen Döbeln, Mittweida und Chemnitz angewiesen sind. Nachdem die angekündigten knapp zweiwöchigen Bauarbeiten auf der Bahnstrecke zwischen Döbeln und Mittweida eigentlich abgeschlossen sein sollten, war angekündigt worden, dass die Züge auf der Linie RB 45 ab Mittwoch eigentlich wieder rollen. Doch stattdessen ging gar nichts mehr.

Die Kommentare der Betroffenen auf den Bahnhöfen und die im sozialen Netzwerk Facebook ähneln sich und berichten ausnahmslos von schlechten Erfahrungen mit der Bahnlinie RB 45: „Ständig Ausfall oder Verspätung. Reaktion auf meine stetigen Beschwerden gleich null“, schreibt ein Vater, dessen Kinder auf den Zug angewiesen sind. 

„Leute werden am Bahnhof stehen gelassen, die dann frühs um viertel Sechs zwei Stunden warten müssen“, schreibt ein junge Harthaerin. „Man kommt 5 Uhr am Bahnhof an, da fällt der Zug aus. Und auf Nachfrage bekommt man nur die Aussage: Keine Ahnung warum dieser Zug nicht fährt, der nächste kommt bestimmt“, berichtet eine Mittweidaerin.

Auch am Mittwochmittag warten die Fahrgäste vergeblich auf dem Döbelner Bahnsteig 4. Information am Bahnhof? Fehlanzeige. Erst ein verzweifelter Anruf bei der Servicenummer der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB), die die Züge dort betreibt, bringt die frustrierende Klarheit: „Auf dieser Strecke fährt heute kein Zug mehr. Sie ist komplett gesperrt. Einen Schienenersatzverkehr gibt es leider nicht.“

Bahngäste sollen Taxi fahren

Stattdessen wurde den gestrandeten Passagieren geraten, mit dem Zug entweder über Leipzig und Chemnitz nach Mittweida oder über Dresden bis nach Döbeln zu fahren. Weil aber die Fahrgäste, die mit einer Monatskarte des mittelsächsischen VMS-Verbundgebietes damit gar nicht bis in die benachbarten Großstädte fahren können, müssten sie ein gültiges Ticket nachlösen. Die Belege dafür sollten bei der MRB eingereicht werden, um eine Erstattung zu erhalten. Auch der Ratschlag, mit einem Taxi zu fahren und die Kosten dafür nachzufordern, wird am Telefon gegeben.

Erst ab Donnerstag gelingt es, einen Schienenersatzverkehr einzurichten. Trotz aller Bemühungen war der Busverkehr zwischen Döbeln und Mittweida – auch schon vor der kurzfristigen Vollsperrung – für die Fahrgäste teilweise eine Zumutung.

Beispielsweise sollte ein Busunternehmen aus dem brandenburgischen Senftenberg die sechs Stationen zwischen Döbeln und Mittweida bedienen. Der ältere Busfahrer verfügte aber offenbar nicht über ausreichend Ortskenntnis, denn einige der Stationen wurden gleich ganz ausgelassen. 

Auch seine schlingernde Fahrweise sorgte bei den Passagieren für Unwohlsein. Nach der mehr als einstündigen Fahrt, in einem Bus, in dem es stickig heiß war und keinerlei Lüftung gab, kamen die Passagiere vollkommen entnervt in Mittweida an. Auch ein Zwickauer Busfahrer ließ bei seiner Tour kleinere Zwischenstationen wie Limmritz oder Schweikershain aus.

Die kurzfristige Ankündigung der Deutschen Bahn, dass die Strecke voll gesperrt werden muss, sei auch für die MRB so überraschend gekommen, dass keine schnelle Lösung dafür gefunden werden konnte, erklärte der Pressesprecher der MRB. 

„Tatsächlich haben wir größte Anstrengungen unternommen, um kurzfristig Busse und Fahrer für einen erneuten Schienenersatzverkehr zu organisieren. Es war uns nicht möglich, jede ausfallende Zugfahrt durch Busse zu ersetzen. Die ausfallenden Fahrten wurden auf unserer Website bekannt gegeben, so dass die Fahrgäste zumindest eine Chance hatten, sich eine Alternative zu suchen oder, falls möglich, entsprechend umzuplanen“, erklärt der MRB-Pressesprecher weiter.

Gesperrte Straßen machen Probleme

Eingesprungen ist in den vergangenen Chaostagen erneut das Busunternehmen Wolf aus dem rund 100 Kilometer entfernten Senftenberg. Busfahrer Sven Wolf, einer der Chefs des Familienbetriebs, erklärt: „Wir bemühen uns sehr, alle Fahrten zu bedienen. Wir haben sogar ein weiteres Unternehmen mit ins Boot geholt.“ 

Und er hatte auch eine Erklärung für das Auslassen zumindest einer Station: „In Limmritz ist die Zufahrt gesperrt, da durften wir gar nicht durch und mussten dann auch noch rückwärts wieder rausfahren“, berichtet er. Das gehe ohne Einweiser gar nicht. Auch Zufahrtswege zu anderen Haltepunkten sind aufgrund von Baustellen oder Tonnage-Beschränkungen kaum oder nur mit Umwegen zu erreichen, erklärt er weiter.

Der mangelnde Informationsfluss am Bahnhof sei ebenfalls der Kurzfristigkeit und der Ausnahmesituation geschuldet, bemüht sich der MRB-Pressesprecher um Erklärungen. „Wir versuchen, sogenannte Reisende-Lenker auf den Bahnhöfen einzusetzen, die den Fahrgästen weiterhelfen können. Doch das geht nur, wenn wir diese Einsätze schon vorher planen können, so wie etwa bei der angekündigten und geplanten Baumaßnahme“, erläutert er.

Die Anzeigen in den Laufbändern würden durch die DB Station und Service, also von der Deutschen Bahn betrieben. Daher hätte die MRB keinen Einfluss darauf. Doch dem widerspricht wiederum der Pressesprecher der Deutschen Bahn (DB). „Unsere Anzeigen für die Reisendeninformation greifen auf die Fahrplandaten der MRB zu, sofern sie aktuell eingespielt werden“, so Jörg Bönisch, Pressesprecher der DB für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Die ursprüngliche Streckensperrung war notwendig gewesen, um das Heiligenborner Eisenbahnviadukt zu modernisieren (wir berichteten). „Leider konnten die Bauarbeiten nicht zum ursprünglich geplanten Zeitpunkt beendet werden. Den Projektleiter haben wir nicht erreichen können, um die genauen Gründe zu erfragen“, sagt Jörg Bönisch. Die endgültige Streckenfreigabe sei nun für Sonnabend, 4 Uhr vorgesehen.