Wie sich Händler der Corona-Krise anpassen

Die Regale im Süßwarengeschäft auf dem Zittauer Rathausplatz sind voll mit Osterpralinen, Schokohasen und Ostereiern. Eigentlich würden sich die Kunden jetzt hier die Klinke in die Hand geben. Doch es ist relativ ruhig in dem Laden. Der Umsatz sei total eingebrochen, sagt Inhaberin Heike Zimmermann. Dabei hat sie einen großen Vorteil gegenüber anderen Zittauer Innenstadthändlern: Der Schokoladen darf weiterhin öffnen. Er gilt als Lebensmittelgeschäft und ist von der angeordneten Schließung ausgenommen. Dennoch bleiben viele Kunden weg. Die Zittauer seien sehr diszipliniert und bleiben zu Hause, meint Heike Zimmermann. Sie hat deshalb reagiert und bietet nun gleichzeitig einen Lieferservice an.
Die Süßwarenhändlerin musste sich dafür erst mal ein Facebook-Profil einrichten. Eine Reihe "Likes" habe sie auch schon bekommen, doch eine Bestellung gab es bislang noch nicht. Auch andere Händler berichten, dass ihr Lieferservice bisher nur schleppend bis gar nicht angenommen wird. Das kann natürlich auch daran liegen, dass das entsprechende Angebot ganz neu ist und die Kunden noch nichts davon wissen.
Etwa 30 Geschäfte bieten Lieferservice an
Der Gewerbe- und Tourismusverein "Zittau lebendige Stadt" will das ändern und hat eine Liste erstellt, in der Zittauer Geschäfte und Restaurants aufgeführt werden, die aktuell einen Lieferdienst anbieten. Allein etwa 30 Zittauer Geschäfte - von Blumen am Rathaus über FG Moden und Elektro-Richert bis hin zu Zoo Scharf - sind aufgelistet. Angegeben werden auch die Lieferbedingungen. Heike Zimmermann hat keine besonderen Bedingungen, sie liefert im gesamten Altkreis Löbau-Zittau aus. Allerdings erst am späten Nachmittag, da ihr Laden bis 17 Uhr geöffnet ist.
Sibylle Hepper darf ihren Modeladen "Heppy Mode" in der Zittauer Johannisstraße nicht öffnen, da er nicht zu den Geschäften gehört, die der Grundversorgung für den täglichen Bedarf dienen. Trotzdem können auch hier die Kunden weiter einkaufen - telefonisch oder per Mail können sie sich melden und aus dem Sortiment bestellen. Sibylle Hepper sendet ihnen dann die Waren per Post zu oder liefert sie aus. Bisher haben sich noch keine Kunden gemeldet. Die Kunden seien momentan nicht unbedingt in der Stimmung, Kleidung zu kaufen, sucht sie selbst nach einer Erklärung.
Aber die Modehändlerin hofft, dass der eine oder andere Kunde vor Ostern vielleicht noch einen Gutschein erwirbt, der dann später - nach der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen - eingelöst werden kann. Auch das Kunstgewerbe Müller in der Frauenstraße bietet Gutscheine weiterhin zum Abholen und Ausliefern an, wie Inhaberin Evelyn Tietz auf SZ-Anfrage mitteilt. Man wolle auch in der schweren Zeit für die Kunden da sein, fügt sie hinzu. "Gerade jetzt kann ein kleines Geschenk auch Balsam für die Seele sein", meint sie.
Bei Selbstabholung gibt es Rabatt
Bei Intersport Kunick gab es auch schon Anfragen und einige wenige Bestellungen über den Liefer- und Abholservice. "Die erfolgten bis jetzt immer telefonisch", sagt Carola Kunick. "Es kann uns aber auch jeder gern eine E-Mail oder auf Facebook oder Instagram schreiben." Bestellt wurde alles, um sich zu Hause fit zu halten - wie zum Beispiel Damen-Hanteln, eine Gymnastikmatte und ein paar Nordic Walking Stöcke oder Inlineskater.
Wer die bestellten Waren bei Intersport abholt, erhält als Dankeschön zehn Prozent Rabatt, wie Carola Kunick informiert. Die Produkte werden in diesen Fällen am Seiteneingang Innere Weberstraße kontaktlos und unter Einhaltung des geforderten Mindestabstandes übergeben. "Wir geben die Waren in einer Umverpackung heraus", so die Chefin von Intersport Kunick. Wenn die Waren telefonisch bestellt wurden, können sie schon fünf Minuten später am Seiteneingang abgeholt werden.

Vermehrte Anfragen für Lieferdienst
Für die Kunden da sein, ist auch für die Bioase selbstverständlich. Auch der Bioladen in der Lindenstraße gehört zu den Geschäften, die weiterhin offen sind. Trotz verschärfter Ausgangsbeschränkungen verzeichne man bisher keinen Kundenrückgang, sagt Inhaber Andreas Hieke. "Vor Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen gab es auch bei uns vorübergehend ein erhöhtes Kundenaufkommen. Mittlerweile ist es aber wieder auf einem normalen Niveau", sagt er.
Wer nicht selbst vorbeikommen will oder kann, der kann auch den Lieferdienst der Bioase nutzen. Den gibt es nicht erst seit der Corona-Krise. "Schwerpunkt ist bei uns allerdings der Einkauf im Laden. Der Lieferdienst spielt nur eine marginale Rolle", erklärt der Zittauer Lebensmittelhändler. In den vergangenen Tagen habe man vermehrt Anfragen zum Lieferdienst. "Für die meisten scheint es aber eher eine Absicherung zu sein, dass wir im Notfall auch liefern könnten, sollten sie nicht mehr raus dürfen", sagt Hieke und fügt erklärend hinzu: "Neben unseren normalen wöchentlichen Stammbestellern gab es bis jetzt nur zwei tatsächliche Zusatzlieferungen."
Liefern lassen sich die Kunden vor allem Obst und Gemüse, Milch und Molkereiprodukte oder verschiedene Sachen aus der Vielzahl an Produkten aus dem Trockensortiment. Während neue Kunden direkt bei der Anlieferung bezahlen, kaufen Stammkunden, die regelmäßig bei der Bioase bestellen, zunächst auf Kredit ein und erhalten einmal im Monat eine zusammenfassende Rechnung, welche sie dann überweisen können.
Frei-Haus-Lieferungen - aber nur im begrenzten Umkreis
Solche Bedingungen können aber nicht alle Einzelhändler anbieten, da gerade in der aktuellen Corona-Krise eine sofortige Bezahlung für die meisten überlebenswichtig ist. Zumindest bieten aber viele eine Frei-Haus-Lieferung an. So wie das Teehaus am Johannisturm. Beschränkt ist diese kostenfreie Auslieferung auf einen Umkreis von 20 Kilometern. Das hält Kunden von weiter weg aber nicht ab, beim Teehaus zu bestellen. Entsprechende Anfragen erhielt Rita Martens in den vergangenen Tagen. Noch ist die Nutzung des Lieferservices sehr überschaubar - aber das Angebot ist auch noch neu.
Die Kunden des Wäsche- und Strickmodenladens von Bärbel Michel konnten sich Waren schon immer nach Hause liefern lassen. Bisher war das Angebot vor allem für Kunden gedacht, die nicht mobil sind. Nun können sich alle beliefern lassen, denn auch Bärbel Michel musste ihr Geschäft vorerst schließen. Zu einer denkbar ungünstigen Zeit. Denn gerade die Tage vor Ostern laufen sonst immer sehr gut, weil viele Kunden noch Ostergeschenke besorgen wollen. Nun müssen sie auf den Lieferdienst zurückgreifen. Bisher ist dessen Nutzung auch hier noch gering. Die Kunden seien so verschreckt, dass sie keine Lust haben, einzukaufen, glaubt die Zittauer Einzelhändlerin. Das werde sich bis Ostern noch ein bisschen bessern, hofft auch Bärbel Michel und spricht damit vielen Innenstadthändlern aus dem Herzen.
Sportwaren-Händlerin Carola Kunick appelliert an die Kunden: "Bestellen Sie bei den kleinen Gastronomen und Einzelhändlern der Zittauer Innenstadt, egal bei welchem. Es hilft die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter zu erhalten und sie durch die schwierige Zeit zu bringen.“