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Damit Sorbisch nicht ausstirbt

Der Freistaat Sachsen startet eine Kampagne für den Erhalt der Sprache. Denn in der Oberlausitz gibt es ein Problem.

Von Timotheus Eimert
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Landtagsabgeordneter Aloysius Mikwauschk (CDU, 2.v.r.) und Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) präsentierten am Donnerstag den Slogan der neuen Kampagne.
Landtagsabgeordneter Aloysius Mikwauschk (CDU, 2.v.r.) und Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) präsentierten am Donnerstag den Slogan der neuen Kampagne. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Mit einem Lächeln betrat die sächsische Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) den Pressekonferenzraum im Haus der Sorben in Bautzen. Mit Handschlag begrüßte sie jeden einzelnen Medienvertreter und wünschte: „Dobry dźeń!“ Das ist sorbisch und heißt guten Tag. Schwieriger wurde dann schon die Eröffnungsrede zum Start der Imagekampagne „Sorbisch? Na klar“, die Klepsch teilweise auf Sorbisch hält. Schnell flüchtete sie sich aber wieder zurück ins Deutsche und erklärt: „Sorben erleben im Alltag oft Anfeindungen, sprechen ihre Sprache immer weniger.“ Und genau das sei das Problem: Die Sprache stirbt aus. „Der Gebrauch der Sprache verliert sich“, sagte Klepsch.

Bedrohte Sprache

Nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker leben etwa 60.000 Sorben in Deutschland, rund 40.000 von ihnen in Sachsen und 20.000 in Brandenburg. Der sorbische Dachverband Domowina geht davon aus, dass lediglich rund 17.000 Menschen in Sachsen und etwa 5.000 in Brandenburg ihre Sprache im Alltag aktiv verwenden. Die Unesco listet das Sorbische als bedrohte Sprache auf. Deswegen möchte der Freistaat mit der am Donnerstag gestarteten Imagekampagne das Sorbische vor dem Aussterben retten und wieder mehr Aufmerksamkeit für die Sprache erzeugen. So wird auf 20 Bussen, die in der Oberlausitz fahren, der Slogan „Sorbisch? Na klar“ zu lesen sein. In Bautzen, Hoyerswerda, Kamenz und Weißwasser werden in den nächsten Tage Plakate mit dem Spruch aufgehangen. Im Bautzener Kornmarkt-Center, wo im Anschluss an die Pressekonferenz die Auftaktveranstaltung stattfand, werden an den Fahrstühlen mehrere Sprüche auf Sorbisch mit der deutschen Übersetzung aufgeklebt. Dazu sind Social-Media-Auftritte unter dem Hashtag #SorbischNaKlar geplant. Das neue Online-Magazin soll insbesondere die internetaffine Generation unter 40 erreichen. Und auch vor der Staatskanzlei in Dresden wird mit einem Banner auf die sorbische Sprache aufmerksam gemacht. „Wir wollen die Akzeptanz in der Gesellschaft erhöhen. Es muss für Sorben selbstverständlich sein, mit Freunden sorbisch zu reden“, sagte Barbara Klepsch.

Mehr Kontakt im Alltag

Vor allem im Alltag sollen Menschen mit der Sprache in Kontakt kommen. Die Hauptzielgruppe seien Personen bis 40, die die Sprache noch nicht sprechen, aber die durch einen Partner oder Freunde dennoch einen Zugang zum Sorbischen haben. Die Kampagne schließt sich damit an Bemühungen der sorbischen Gesellschaft um den Erhalt der sorbischen Sprache an. In Familien, in der Kirche, in Schulen, aber auch in Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung sei Sorbisch ein selbstverständlicher Teil, werde aber zu wenig gesprochen. Besuchern der Oberlausitz fällt die Sprache durch die zweisprachige Ausschilderung der Ortschaften auf.

Eine von vier Minderheiten

Barbara Klepsch betonte, dass sich der Freistaat Sachsen gegenüber den Sorben in besonderer Verantwortung sehe. Die Sorben leben, anders als andere nationalen Minderheiten in Europa, ausschließlich auf deutschem Gebiet, sie haben damit keinen sogenannten „Mutterstaat“. Von der Bundesrepublik sowie vom Freistaat Sachsen und dem Land Brandenburg werden sie durch eine 1991 gegründete Stiftung finanziell unterschützt. Neben den Dänen, Friesen sowie Sinti und Roma zählen die Sorben zu den vier in Deutschland anerkannten Minderheiten mit Sonderrechten. Doch die Akzeptanz gegenüber den Sorben und der Sprache sei ein Problem. Viele Oberlausitzer wissen wenig über ihre sorbischen Nachbarn. „Wie viele Sorben leben hier, wie viele Menschen haben sorbische Wurzeln? All das ist den wenigsten bekannt“, sagt die Ministerin. Doch dabei mache das Volk und seine Sprache die Oberlausitz interessanter. „Die Region ist aufgrund ihrer Zweisprachigkeit ein Anziehungspunkt für Touristen. Wir müssen die Sprachen erhalten und fortentwickeln.“ Vor allem an den Schulen in der Region soll die Sprache wieder eine größere Rolle spielen. Die Schüler sollen wieder intensiver in Kontakt mit der Sprache kommen. Der Schulleiter des sorbischen Gymnasiums in Bautzen, René Jatzwauk, begrüßte deshalb die Kampagne: „Es ist ein positives Zeichen. Sachsen positionierte sich klar zu den Sorben.“

Auch Barbara Klepsch hatte schon einigen Kontakt mit der sorbischen Sprache. Als Mitglied der katholischen Jugend in Annaberg-Bucholz besuchte sie Rosenthal und Ralbitz zur Wallfahrt. „Wir hatten einen Kaplan, der aus der Lausitz kam“, erzählte sie. Dieser habe auch des Öfteren sorbisch gesprochen. „Wir im Erzgebirge haben dann nichts verstanden. Er war dennoch eine besondere Bezugsperson und ein Botschafter der Sprache“, sagte Klepsch und wünschte der Kampagne einen guten Start. „Dobry start do kampanje.“

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