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Das Bewegungsspiel aus Freital

Boxen ist vielen zu gefährlich. Ein Sportlehrer entwickelte daher eine harmlosere Variante und hat nun ehrgeizige Ziele.

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Von Yvonne Popp

Ein kurzer Blick auf die Uhr, dann zückt Ruslan Fritzler seine Pfeife und beendet die Trainingseinheit. Vier Jungen mit verschwitzten Gesichtern rennen lachend zu ihren Getränkeflaschen. Das Training in der Sauberg-Turnhalle macht Spaß, strengt aber auch an. Ruslan Fritzler ist Amateurboxer, Sportlehrer und Physiotherapeut. Seit vielen Jahren trainiert er die Kinder und Jugendlichen des Hainsberger Sportvereins. „Ich suche schon länger nach einer Möglichkeit, Kinder an das Boxtraining heranzuführen“, erklärt der gebürtige Russe, was man an seiner Sprachfärbung schnell erkennen kann. Der Vater zweier Kinder sorgt sich vor allem um die Schulkinder. „Den ganzen Tag sitzen sie über ihre Bücher gebeugt am Schreibtisch und am Nachmittag über den Hausaufgaben“, sagt er. Das schadet der Körperhaltung und somit dem gesamten Bewegungsapparat. Eine Sportart, wie Boxen, die den ganzen Körper fordert, wäre da ein idealer Ausgleich. Gerade die Angst vor Faustschlägen hält Kinder aber oft davon ab, sich aufs Boxen einzulassen.

Vor zwei Jahren kam der 43-Jährige auf die Idee, die sogenannte „Pinch-Go-Weste“ zu entwickeln. Irgendwann wurde er auf Klettverschlüsse aufmerksam, die sich hervorragend für seine Entwicklung eigneten und nun ein Hauptbestandteil der Pinch-Go-Westen sind. Sie bestehen aus einem hochwertigen, strapazierfähigen Material und verschiedenfarbigen Zapfen, die mit Klettverschlüssen an den Westen haften. Gespielt werden kann paarweise oder in Gruppen. Dabei müssen die Spieler versuchen, ihren Gegnern Zapfen von der Weste zu reißen, ohne die eigenen preiszugeben.

In der Turnhalle am Sauberg kommen die Spiel-Westen schon jetzt regelmäßig zum Einsatz. Fritzler nutzt sie hauptsächlich zur Vorbereitung auf das Boxtraining. „Das Verletzungsrisiko ist bei diesem Spiel sehr niedrig“, sagt er. Das macht es möglich, mehrere Paare gleichzeitig zu trainieren. Beim richtigen Sparring im Boxring könne er sich immer nur um ein Sportlerpaar kümmern, erklärt Fritzler. „Da wird dann ja schon richtig gekämpft. Ich muss auf die Sicherheit achten und jederzeit eingreifen können“. Fritzler glaubt fest an den Erfolg seiner Idee. Er kann sich gut vorstellen, dass schon in naher Zukunft regionale Wettkämpfe im Pinch-Go stattfinden. Bis dahin liegt aber noch ein Stück Weg vor ihm. „Bis jetzt sind die Westen noch Einzelanfertigungen und sehr teuer“, erzählt er. Zusammen mit Alexander Krause, einem Versicherungskaufmann aus Dresden, versucht er, sein Spiel bis zur Serienreife weiter zu entwickeln. Dabei soll ihnen die Internetgemeinschaft helfen. Im Netz suchen Fritzler und Krause nach Investoren, um größere Stückzahlen produzieren zu können.

Natürlich rührt der Freitaler auch selber fleißig die Werbetrommel. „Ich plane, die Westen an die TV-Sendung Schlag den Raab zu schicken“, sagt er. „Es wäre toll, wenn das Spiel dort verwendet und somit einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden würde.“

Denn Pinch-Go ist ein Spiel für Menschen aller Altersklassen. Es fördert die Reaktionsfähigkeit, Reflexbildung und Distanzgefühl. Und ganz nebenbei purzeln auch die Pfunde.

Fritzler, der früher mit der Russischen Nationalmannschaft im Boxen trainiert hat, kann sich auch eine Verwendung im therapeutischen Bereich vorstellen. Er erhofft sich viel von diesem Spiel. Sein wichtigstes Anliegen aber ist weiterhin, die Kinder für den Sport zu begeistern, sie weg vom Fernseher oder ihren Computern zu locken. „Denn Sport verbindet, hält fit und stärkt den Charakter.“