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Das größte Schlagloch aller Zeiten

In der Dippser Heide wurden zum fünften Mal Bomben entschärft. Zwei Sprengkörper machten keine Probleme. Beim dritten wurde es spektakulär.

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Von Jörg Stock

Es ist Donnerstag kurz nach 13 Uhr, als eine explodierende Fliegerbombe Thomas Schurig, dem Chef der Straßenmeisterei Freital, das größte Schlagloch aller Zeiten bescherte. Es reicht über die gesamte Breite der Staatsstraße S 193 und ist drei Meter tief. Die Kraterränder sind mit Asphaltbrocken und Steinen übersät. Dicke Risse klaffen in der verbliebenen Straßendecke. Der Schaden ist noch gar nicht abzusehen, sagt Schurig. Eins aber ist ihm klar. Erst Freitagabend werden hier wieder Autos fahren. Wenn überhaupt.

Die Sprengung der 250 Kilo schweren US-Fliegerbombe war das spektakuläre Finale der fünften Bombenentschärfungsaktion in der Dippser Heide. Ein Finale, von dem keiner wusste, dass es stattfinden würde. Zwar hatten die Entschärfer um den 64-jährigen Routinier Thomas Lange den dringenden Verdacht, unter der Straße beim Campingplatz Heidemühle könnte eine Bombe stecken. Doch selbst, als am Morgen die Asphaltfräse anlief, hielt der Sprengmeister den Ball flach: „Wir wissen ja noch gar nicht, ob es eine Bombe ist.“

Sicher war sich Thomas Lange nur bei den zwei anderen Blindgängern, die weiter drüben an der Dippoldiswalder Straße im weichen Waldboden aufgespürt worden, und die er inspiziert und als entschärfbar eingestuft hatte. Mit Bomben unter befestigten Flächen hat Lange indes keine guten Erfahrungen gemacht. Oft sind sie deformiert und stark verrostet und sehen „richtig bescheuert“ aus, sagt er.

Gegen 10 Uhr hat er Gewissheit. Die beiden ersten Bomben sind da bereits ohne Probleme entschärft. Bauarbeiter haben extra ein Loch in die Straße gefräst. Es zeigt sich: der Eisenklotz im Straßengrund ist wirklich eine Bombe. Der rostige Zylinder steht mit der Spitze nach unten fast senkrecht im Erdreich, gefüllt mit über hundert Kilo Sprengstoff.

Arbeiter lösen ihren Fund vorsichtig aus der Schachtwand und legen ihn auf die Seite. Wie befürchtet, sind die Zünder in äußerst schlechtem Zustand. Sie mit der Hand von dem korrodierten Koloss zu lösen, ist zu aufwendig, zu riskant, entscheidet Thomas Lange. Es bleibt nur ein Weg: Die Bombe kontrolliert in die Luft jagen.

Während die Rabenauer Feuerwehr beginnt, Wasser aus dem Heidemühlenteich heranzupumpen, legen die Sprengmeister Hohlladungen an den Bombenkörper. Die sollen sich durch das Eisen schneiden und den Sprengstoff dahinter explodieren lassen. Darauf kommt ein großes, weißes Kunststoffkissen, ein Flexi-Tank, in den die Feuerwehrleute nun das Wasser pumpen. So soll die Wucht der Explosion gedämpft werden. In den Sack fluten 15 000 Liter. Ein zweiter kommt oben drauf, praller gefüllt mit etwa 20 000 Litern Teichwasser. Als alles fertig ist, ziehen sich die Sprengmeister etwa einhundert Meter weit hinter einen Bauwagen zurück, denn es wird 13 Uhr. Zeit für den großen Knall.

Von Weitem sieht man, wie die gewaltige Fontäne aus Dreck, Wasser und Eisenbatzen über die Baumwipfel schießt. Dann ein dumpfes Grollen. Das Finale ist aus. Manöverkritik am Kraterrand. Thomas Lange wirkt erschöpft, aber zufrieden. Gemessen an den Möglichkeiten und seiner Erfahrung entspricht das Ergebnis den Erwartungen, sagt er. In diesem Loch endete Heidebombe Nummer 21.