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Das Schloss mit den schwarzen Augen

Es tut sich was am Schloss Ober Rengersdorf. Nur was die Besitzer vorhaben, bleibt unklar. Die Anwohner sind gespannt.

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Von Susanne Sodan

Ein verwunschenes Schloss, versteckt hinter Bäumen und Gestrüpp. „So ist mir das Neue Schloss vorgekommen, als ich vor ein paar Jahren nach Kodersdorf gezogen bin“, erzählt Anwohnerin Silvana Lobedann. Mittlerweile ist die Sicht auf das Schloss zwar frei. Im Herbst 2013 sind Gestrüpp und Bäume rund um das ehemals prachtvolle Gebäude entfernt worden. Was die Besitzer mit dem Schloss vorhaben, bleibt trotz Recherchen aber ein Geheimnis.

Vor Kurzem hat der Wirtschaftsarchivar Klaus-Jürgen Beil in Kodersdorf einen Vortrag über Julius von Roncador, den Erbauer des Neuen Schlosses, gehalten. Vergangene Woche hat er den Vortrag wiederholt. Und wieder ist im Kodersdorfer Backhaus kein Platz leer geblieben. Zum größten Teil ging es zwar um die Historie von Roncadors Schlössern. Im Anschluss kamen aber doch Fragen zum Neuen Schloss Ober Rengersdorf. Warum das Interesse so groß ist, ist klar: seit ein paar Monaten scheint es voranzugehen am Schloss.

Neuer Besitzer soll eine Schweizer Immobiliengesellschaft sein. Ansprechpartner ist das Ingenieurbüro Fuchs in Görlitz. Die Mitarbeiterin am Telefon will sich aber nicht zu den Plänen äußern. Auch Kodersdorfs Bürgermeister René Schöne weiß nichts. Vor dem Schloss selbst warnt ein Schild: Dieser Bereich wird videoüberwacht. Auf dem Balkon steht eine menschengroße Puppe. Maßnahmen, um Einbrecher fernzuhalten.

In seinen guten Zeiten war das Schloss eines der prachtvollsten in der Region, erbaut im Stil des 16. Jahrhunderts –- mit zwei Geschossen, runden Türmen, der Mittelpartie, die sich in den Park hineinwölbt, Rundfenstern und vielen Verzierungen. Julius von Roncador hatte es um 1900 erbauen lassen. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurde es als Müttergenesungsheim genutzt, nach dem Krieg zogen Kindergarten und Schule ein. Seit 1992 steht das Schloss leer. Dabei gab es einige Renovierungsversuche und sogar prominente Kaufinteressenten: Der Bauunternehmer Christian Michalski erwarb das Schloss Mitte der 90er Jahre - bevor er 1997 in Görlitz auf offener Straße erschossen wurde. Dann ging das Bauwerk an eine Verwaltungsgesellschaft, die zunächst kräftig anpackte - bevor sie Insolvenz anmelden musste. Und dann kam 2008 der Schauspieler Nicolas Cage. Er meldete Interesse an dem Schloss an, besichtigte es sogar - bevor er sich schließlich für einen Herrensitz in Bayern entschied.

Alles alte Geschichten. Über das Jetzt ist viel weniger bekannt. Was bleibt, sind die Erinnerungen derer, die das Schloss noch in seinen guten Zeiten gesehen haben - von innen. Jürgen Lobedann ist in den 60er Jahren im Schloss zur Schule gegangen. „Die breiten Treppenaufgänge, die Steingeländer, das war für uns Kinder schon mächtig gewaltig“, erzählt er. Der Wintergarten des Schlosses war damals noch mit Glas überdacht. „Das war unsere Mini-Sporthalle.“ Und eine Begebenheit ist Lobedann bis heute im Gedächtnis geblieben: „Es gab eine Vogelvoliere mit Uhus.“ Eines Tages waren die Vögel weg, ausgeflogen. „Wir Kinder haben sind dann auf die Suche gegangen. Und wir haben die Uhus tatsächlich wiedergefunden.“ An dem Schloss hängt sein Herz bis heute. Schade sei es, dass es jetzt so kümmerlich dasteht, die Arbeiten so schleppend vorangehen. „Hätte ich je ein paar Millionen gewonnen, dann hätte ich es gekauft“, sagt er mit einem Lachen.