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Das Stadtwappen kehrt nach Gruna zurück

Anhand eines einzigen Fotos ist der zerstörte Brunnen in der Gartenheimsiedlung rekonstruiert worden.

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Von Tobias Wolf

Behutsam streicht Frank Bader ein letztes Mal über die Bronzeskulptur. Als wäre es mit Sonnenstrahlen eingefasst, glänzt das stilisierte Dresdner Stadtwappen inmitten der Grunaer Gartenheimsiedlung. Es ist der Schlussstein einer Rekonstruktion, die den historischen Stadtwappenbrunnen knapp 70 Jahre nach seiner Zerstörung wieder auferstehen lässt. Das Kunstwerk war einem der Bombenangriffe rund um den 13. Februar 1945 zum Opfer gefallen. Die Reste der Wappensäule waren verschwunden. Zu DDR-Zeiten wurde aus dem übriggebliebenen Brunnenbecken an der Straße Grabenwinkel kurzerhand ein überdimensionierter Blumentopf.

Mit einem Ruck heben Bader und sein Kollege die 40 Kilogramm schwere Wappen-Skulptur auf die neu errichtete Säule mit den Wasserspeiern. Drei Wochen lang haben die Männer am Brunnen gearbeitet, ihn mit Betonelementen komplett aufgebaut. „Wir hatten nur ein einziges Foto, auf das sich unsere Planer bei der Rekonstruktion stützen konnten“, sagt Elke Wernecke, Bauleiterin der Wohnungsgenossenschaft Aufbau. „Anhand dieses Bildes haben wir die Proportionen und Maße des Brunnens neu berechnet.“ Und eine kleine Änderung vorgenommen. Ursprünglich waren die Speier am Kopf der Säule angebracht. „Das Wasser fiel dann wie weiße Fäden ins Becken“, sagt Landschaftsarchitektin Stephanie Frase. „Aber sobald Wind ging, ist der ganze Platz ringsum nass geworden.“ Für dieses Problem wollte die Genossenschaft bei der Rekonstruktion des 1925 fertiggestellten Kunstwerks eine Lösung finden, die denkmalgerecht ist.

Genossenschaft ist 60 Jahre alt

Brunnenexperte Eberhard Grundmann hat die bronzenen Ausläufe nun am unteren Ende angeordnet. Neben dem Brunnen ist auch der gesamte Platz im Karree neu gestaltet worden. Rund 200 000 Euro kostet der Ausbau zur rollstuhlgerechten Mini-Parkanlage. Im Herbst soll sie bepflanzt werden. Außerdem sind die ringsum verlaufenden Straßen um 70 Zentimeter verbreitert worden. Damit das Müllauto in Zukunft besser durchkommt, sagt Genossenschaftsvorstand Gita Müller. Bislang mussten die Fahrzeuge der Stadtreinigung an Engstellen auf den Bordstein ausweichen. Kommende Woche sollen Platz und Brunnen den Anwohnern offiziell übergeben werden. Die Rekonstruktion ist auch ein Geschenk der Genossenschaft an sich selbst. In diesem Jahr feiert das Unternehmen sein 60. Gründungsjubiläum. Mit rund 17 000 Wohnungen gehört die WG Aufbau zu den größten Genossenschaften bundesweit. Die Gartenheimsiedlung ist mit über 800 Wohnungen die Perle im Bestand. 1980 hatte sich die seinerzeit noch selbstständige Genossenschaft der WG Aufbau angeschlossen. Letztere war 1954 durch die Firma Sachsenwerk Niedersedlitz gegründet worden. Das Richtfest für den ersten Neubau mit 18 Wohnungen feierten die Genossenschafter im November 1954 in der Leubener Lilienthalstraße. Danach entstanden weitere Wohngebiete in Striesen, der Johannstadt, Großzschachwitz und im Zentrum.

Nach einer Pause infolge der Wiedervereinigung hat die Genossenschaft wieder angefangen, neue Wohnhäuser zu bauen, zunächst in Dobritz. Bis September soll ein weiterer Block in der Johannstädter Wallotstraße bezugsfertig sein. An das sechs Jahrzehnte dauernde Aufbauwerk nach dem Weltkrieg soll nun auch der rekonstruierte Stadtwappenbrunnen erinnern. Nur der Blumenliebhaber, der über Jahre das alte Wasserbecken bepflanzte, muss sich jetzt andere Töpfe suchen. Zum Trost soll er einen Blumenstrauß bekommen.