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„Das TGE war sein Leben“

Siegfried Warschkow (75) ist tot. Er hat das Gründerzentrum TGE aufgebaut und viele Leute nach der Wende in Arbeit gebracht.

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Von Heike Stumpf

Die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun, als Siegfried Warschkow mit dem Hubschrauber zu ihnen nach Leipzig gebracht worden war. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als den Hirntot festzustellen. „Wir als Familie konnten das nur akzeptieren“, sagt sein Sohn Dirk. Er gibt zu, dass die Familie nicht damit gerechnet hatte, Vater und Ehemann zu verlieren. Siegfried Warschkow war gerade erst 75 Jahre alt geworden. Wahrscheinlich hatte er schon jahrelang erhöhten Blutdruck gehabt und kurz vor seiner Einlieferung ins Leisniger Krankenhaus einen leichten Schlaganfall.

Viele Leisniger haben auf die Nachricht betroffen reagiert. Dabei war Siegfried Warschkow keineswegs der Kumpeltyp mit großem Freundes- und Bekanntenkreis und jeder Menge Hobbys. „Er machte durchaus den Eindruck, schwer zugänglich zu sein“, schätzt Heiner Stephan ein. Der hatte in seiner Zeit als Bürgermeister Leisnigs sehr oft mit Warschkow zu tun, zumindest in der Nachwendezeit.

Zunächst hat Siegried Warschkow in Leisnig und Hartha in der Konstruktion des Elektromotorenwerkes gearbeitet, zuletzt war er Leiter der Abteilung. Nach 1990 wollte der Leisniger seine Arbeit nicht aufgeben und richtete ein Konstruktionsbüro ein. Und er hatte noch mehr vor. Nach dem Anfang in der früheren Kratzenfabrik konnte Siegfried Warschkow in einem ehemaligen Kasernengebäude im jetzigen Gewerbegebiet Leisnig die Vision eines Technologieorientieren Gründer- und Entwicklungszentrums (TGE) umsetzen. Träger waren die Stadt und der Landkreis, und unter Warschkows Regie bekamen in dem von Grund auf sanierten Gebäude Existenzgründer eine Chance, es wurden eine Internetabteilung aufgebaut und ABM-Kräfte in großem Stil betreut. Mehrere Hundert Leute aus Leisnig und der Umgebung fanden wieder eine sinnvolle Beschäftigung: Sie brachten unter anderem Wanderwege in Schuss, entschlammten Löschwasserteiche oder halfen in der Bibliothek beim Einpflegen der Medien.

Deutschlandweit bekannt wurde das TGE mit einer Stelle für Eberhard Groß, der auf der Muldenwiese das Indianerzelt aufschlug. Der ABM-Indianer hat den Verantwortlichen manchen Fernsehauftritt verschafft. Doch Siegfried Warschkow war kein Mann, der sich selbst gern in den Vordergrund drängelte, der die Öffentlichkeit suchte. Im Gegenteil.

Wer ihn nur oberflächlich kannte, mag ihn in manchen Dingen als stur empfunden haben. „Doch das war er nur, wenn er sich für eine Sache einsetzte“, urteilt Altbürgermeister Heiner Stephan. Er nennt es eine konstruktive Sturheit, die es ihm nicht immer leicht gemacht habe. Doch gerade weil es mit Warschkow zusammen auch vorwärts gegangen sei, habe er ihn geschätzt. „Er war zielgerichtet und äußerst uneigennützig“, findet Stephan.

In das TGE und die Projekte hat Siegfried Warschkow einen Großteil seiner Energie gesteckt. „Das TGE war sein Leben“, resümiert sein Sohn Dirk. Hobbys habe er sich die meiste Zeit überhaupt nicht gegönnt. „Zuletzt ist er mal zum Skatspielen in die Senioren-Begegnungsstätte gegangen.“ Und er habe die Zeit mit den Enkelkindern genossen.

Am 29. Mai wird Siegfried Warschkow auf dem Gottesacker in Leisnig beigesetzt. Die Verabschiedung beginnt um 13 Uhr in der Trauerhalle. Außer seiner Frau hinterlässt der 75-Jährige drei erwachsene Kinder. Einer seiner Söhne wohnt nach wie vor in Leisnig, die Tochter lebt und arbeitet in Leipzig. Dirk Warschkow kommt aus Gera, wo er seit mehreren Jahren Zuhause ist. Er hatte in Leisnig eine Zeit lang die SPD-Ortsgruppe geleitet, wollte hier Bürgermeister werden. Jetzt ist er in der Versicherungsbranche tätig. Mit seinem Vater hatte er regelmäßig Kontakt.