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Wer sägt Kreischas Bäume ab?

Auf dem Gemeindegebiet wird illegal abgeholzt. Der Täter vergreift sich aber nur an bestimmten Exemplaren.

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Von Sebastian Martin

Jana Stamm hat eine Weile gebraucht, um das Muster zu erkennen. Nun ist sich die in der Kreischaer Verwaltung für Umwelt und Grünflächen zuständige Mitarbeiterin aber sicher: Ein Unbekannter fällt im Gemeindegebiet systematisch Bäume – ohne die Zustimmung der Eigentümer. In unregelmäßigen Abständen schlägt er oder sie zu. Und wenn, dann nur vereinzelt, sodass die illegale Rodungstour nicht sofort auffallen konnte.

Das erste Mal aufmerksam auf die mysteriöse Serie wurde Jana Stamm vor zwei Jahren. Damals dachte sie an einen Streich zum Männertag, als sie einen frisch gefällten Baum am Wegesrand entdeckte. Doch bald konnte es keine Einzeltat mehr gewesen sein. „Immer wieder erreichen uns Hinweise von Privateigentümern, denen mitten im Wald, private Bäume gefällt wurden“, sagt sie.

Inzwischen sind es offiziell rund 50 Bäume, die der Täter vermutlich mit einer scharf geschnittenen Bügelsäge in und um Kreischa gefällt hat – vor allem junge Bäume, die fünf bis zehn Jahre alt sind und einen Stammumfang von 30 bis 50 Zentimetern haben.

„Dabei handelt es sich gezielt um nicht einheimische Baumarten, was vermuten lässt, dass es sich bei dem Täter um einen ’Naturfreund‘ handelt, der in der Annahme etwas Gutes zu tun, strafrechtlich handelt“, sagt Jana Stamm. Außerdem werde das Holz nicht genutzt, sodass es keine wirtschaftlichen Interessen geben kann. Näheres will sie nicht sagen, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.

Experten vermuten, dass der oder die Täter vor allem Insekten und Vögel schützen möchte. Denn nicht einheimische Sträucher und Bäume sind für diese oftmals nicht genießbar – wie die Douglasie, die auch in Kreischa für die Forstwirtschaft genutzt wird und bereits mehrfach illegal gefällt wurde. Naturschutzfachlich werde sie vor allem als problematisch angesehen, weil sie mit der heimischen Tier- und Pflanzenwelt wenig interagiere, diese teilweise sogar verdränge und Schädlinge auf heimische Arten übertrage, heißt es in einer Bewertung der Douglasie durch das Bundesamt für Naturschutz.

„Sicher ist es wünschenswert, den FSC-Standard zu erreichen, der sicherstellt, dass nicht heimische Baumarten wie Douglasie oder Roteiche nur in so geringem Umfang eingebracht werden, dass die langfristige Entwicklung der Wälder hin zu natürlichen Waldgesellschaften nicht gefährdet wird“, sagt Jana Stamm. „Dies geht jedoch nicht in Form von Selbstjustiz, sondern nur in kleinen Schritten der Öffentlichkeitsarbeit sowie durch Aufklärung und Überzeugung der Wald- und Flurbesitzer. In Persönlichkeitsrechte einzugreifen, ist dem Naturschutz nicht dienlich.“

Die Gemeinde Kreischa bittet nun alle Baumbesitzer, die sich bislang noch nicht gemeldet haben, ihre Schäden anzuzeigen. Außerdem ruft sie die Bürger um Mithilfe auf, um die Straftaten ahnden zu können. „Mittlerweile hat der Täter Schäden in Höhe von mehreren Tausend Euro verursacht“, heißt es aus dem Rathaus. Doch es geht nicht allein um Schadensersatz. Denn neben der Verletzung des Eigentumsrechts hat der oder die Täter gegen die Schutzzeiten verstoßen, da auch im Sommer auf dem Kreischaer Gemeindegebiet illegal Bäume gefällt wurde. Jana Stamm aus dem Rathaus geht es mit ihrem Aufruf zudem darum, die Arbeit der Bürger zu schützen. Sie verweist auf acht Roteichen, die eine Familie für die Versiegelung ihres Grundstücks als Ersatz am Gang um die Welt gepflanzt hat. Auch von denen stehen nur noch vier.

Sachdienliche Hinweise unter 035206 20920