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„Der Anblick ist ein Stich ins Herz“

Graf von Bünau ließ einst Schloss Seußlitz erbauen. Die Familie hängt bis heute an dem Anwesen, sagt sein Nachfahre.

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© Sebastian Schultz

Herr von Bünau, der Architekt Stephan Braunfels kaufte Schloss Seußlitz im Jahr 2000 für 715 000 Mark der Gemeinde Nünchritz ab. Ihre Familie bot damals 400 000 Mark. War das ein ernst gemeintes Angebot?

Rudolf von Bünau ist Bahn-Prüftechniker aus Dessau und Stellvertreter im Freundeskreis Schlösserland Sachsen.
Rudolf von Bünau ist Bahn-Prüftechniker aus Dessau und Stellvertreter im Freundeskreis Schlösserland Sachsen. © Marko Förster

Das Angebot damals war sehr ernst gemeint. Wir wollten das Schloss erwerben und über ein eigenes Wohnstift Wohnungen schaffen und Ideen verwirklichen, die der gesamten Region zugute kommen.

Stephan Braunfels soll später einmal gesagt haben, für 1,5 Millionen Euro würde er das Schloss wieder verkaufen. Jetzt steht ein Preis von 1,8 Millionen Euro im Raum. Würden Sie immer noch zuschlagen?

Ein Teil der Familie will das nicht mehr. Aber es gibt mehrere Möglichkeiten, Braunfels das Schloss wieder abzukaufen. Ich habe seit zweieinhalb Jahren versucht, Kontakt aufzunehmen – keine Chance. Dabei ist mein Name eigentlich ein Türöffner. Ich komme an den Herrn einfach nicht ran. Das ist ein Unding.

Der Architekt soll ja schon jahrelang nicht mehr in Seußlitz gewesen sein. Wann waren Sie zuletzt vor Ort?

Vor etwa vier Wochen. Aber nur auf Stippvisite bei Katharina Lai. Es tut mir in der Seele leid, wenn ich vor dem Schloss stehe. Es ist wie ein Stich ins Herz.

Was ist das Besondere an dem Schloss?

Diesbar-Seußlitz hängt mir besonders am Herzen. Obwohl die Erbauer nicht aus meiner direkten Linie, sondern aus der Linie der Weesensteins stammen. Seußlitz ist also nicht das Schloss meiner direkten Vorfahren. Aber es ist einfach traurig, wie man so ein Kleinod verwildern lassen kann und keine Auflagen erfüllt. Es ist totaler Schwachsinn, welche Forderungen er aufmacht.

Im Ehrenamt haben Sie sich Sachsens Schlössern verschrieben. Sie sind stellvertretender Vorstand im Freundeskreis Schlösserland Sachsen, Mitglied in drei Schlösservereinen und arbeiten im Kuratorium des sächsischen Adels. Dort leiten sie das Projekt zum Wiederaufbau der Orgel im Schloss Colditz und waren zuletzt auch an der Eröffnung der Familiengruft auf Schloss Weesenstein beteiligt. Das klingt nach viel Arbeit.

Ja, meine Gattin sagt auch immer: ,Mensch Rudolf, du bist doch verrückt.’ Andere haben Hobbys, und ich setze mich immer wieder in den Zug, um nach Sachsen zu fahren – nach Dresden, Pirna …

Warum?

Ich bin Vertreter des Bünauschen Familienverbandes. Es ist für mich Ehre und Verpflichtung zugleich, das zu bewahren, was meine Familie in den vergangenen 850 Jahren aufgebaut hat.

Und deshalb steht jetzt auch Seußlitz auf Ihrer Aufgabenliste?

Ich war in den vergangenen zwei Jahren sehr intensiv in der Region unterwegs. Und ich habe zum Parkfest in Seußlitz Versprechungen gemacht. Dazu stehe ich.

Was wollen Sie tun, wenn Stephan Braunfels nicht erreichbar ist?

Ich habe schon mehrfach Gespräche in der sächsischen Landesregierung geführt und mich sehr weit aus dem Fenster gelehnt. Es geht ja auch um Geld. Aber das ist definitiv ein Anwesen, das den Aufwand lohnt. Grundsätzlich ist das Schloss eigentlich in einem guten Zustand, aber der finanzielle Aufwand ist trotzdem groß.

Sie sind politisch für die CDU aktiv. Nutzen Sie ihre Kontakte auch, um das Schloss ins Gespräch zu bringen?

Ich stehe bereits in Kontakt mit Fritz Jäckel (Chef der sächsischen Staatskanzlei, Anm. d. Red.). Und ich will nun auch Kontakt zu Ministerpräsident Stanislaw Tillich aufnehmen und den Finger immer wieder in die Wunde legen. Ich bemühe mich deshalb auch um eine Tätigkeit in Sachsen, um mich noch intensiver darum kümmern zu können.

Ohne Stephan Braunfels wird es aber keine Lösung für Seußlitz geben. Bleiben Sie auch weiter an ihm dran?

Ich will diese Woche noch ein Schreiben an Braunfels aufsetzen und seinen Adjutanten in Berlin aufsuchen. Ich überlege auch, eine Petition ins Leben zu rufen. Ich bin auf jeden Fall am Ball.

Das Gespräch führte Antje Steglich.