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Der erste Tag als Bürgermeister

Siegfried Zenker weiß, dass er in große Fußstapfen tritt. Der neue Rathauschef von Weinböhla will aber auch etwas ändern.

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© Norbert Millauer

Von Beate Erler

Weinböhla. Nur die Stufen bis zum ersten Stock, dann ist er am Ziel. Jedenfalls räumlich betrachtet. Siegfried Zenker ist seit gestern ganz offiziell und mit dem Einzug in sein Büro der neue Bürgermeister von Weinböhla.

Neben der Eingangstür steht noch das Schild mit: „Bürgermeister Franke“. Das wird in den nächsten Tagen geändert. Ist auch nicht das Wichtigste, sagt Zenker. Ruhig und entspannt wirkt der Neue. Jedenfalls äußerlich. Frisch gebügeltes grünes Hemd. Drüber ein dunkelblaues Jackett. Im Rathaus sind die Mauern dick, die Temperaturen am Morgen noch ertragbar.

Mancher schüttelt ihm die Hand zum Einzug ins Amt. 30 Mal wird das an diesem Tag passieren. Einige sind im Urlaub. Im Kalender steht für heute die erste Amtshandlung: „Ich besuche eine alte Dame im Pflegeheim Stift Wilhelma, die heute ihren 90. Geburtstag feiert.“

Sich um die Senioren im Ort sorgen, dass ist eines seiner wichtigen Themen. „Die zwei Häuser, die es in Weinböhla derzeit für ältere Menschen gibt, sind zu wenig“, findet Zenker. Die Generation der 70- und 80-Jährigen sei die am stärksten wachsende. Deshalb will er einen Investor finden, der ein weiteres Haus für betreutes Wohnen baut.

Neuen Wohnraum schaffen

Doch solche großen Aufgaben wie diese sind an diesem ersten Tag noch nicht dran. Sekretärin Silke Kießler bringt ihm ein Tablett mit frischem Kaffee in weißem Porzellan. Frau Kießler wird seine wichtigste Bezugsperson im Rathaus sein. Das geht auch gleich los. Die Termine der Woche sind zu planen. Die Frau mit den halblangen blonden Haaren weiß wie es geht. Sie hat auch das Vorzimmer von Amtsvorgänger Reinhart Franke gehütet.

Wieder machen Mitarbeiter ihre Aufwartung. Der Schreibtisch steht voller Blumen, an der Pinnwand hängt eine nette Willkommensbotschaft für den neuen Chef. Der Neue scheint wirklich willkommen zu sein. Freundliches Miteinander sei Reinhart Franke immer sehr wichtig gewesen. Das sei auch der Stil, den er pflegen will, sagt Siegfried Zenker.

Nicht nur für die älteren Weinböhlaer will er sich in Zukunft engagieren. Ihm ist wichtig, dass auch weiterhin junge Menschen und Familien in die Gemeinde ziehen. Deshalb will er als eine der ersten kommunalen Aufgaben den Flächennutzungsplan so schnell wie möglich auf die Beine stellen. Darin wird festgelegt, welche Gebiete bebaut werden dürfen und was als Grünfläche erhalten bleiben soll. Fragen, die sicher auch viele Anwohner interessieren.

Dass neuer Wohnraum nicht nur in Dresden, sondern auch in Weinböhla gebraucht wird, zeige das aktuelle Bauprojekt an der Dresdner Straße/Köhlerstraße. Ein Großteil der Einfamilienhäuser ist dort bereits verkauft, so Zenker. Er wünscht sich noch Zuwachs in der derzeit etwa 10 300 Weinböhlaer zählenden Gemeinde.

Seit acht Jahren ist er selbst einer von ihnen und lebt hier mit seiner Frau Svetlana, die in Dresden als Grundschullehrerin arbeitet. Mit ihrer zweijährigen Tochter Dorothea ist die junge Familie komplett. Noch stehen keine Fotos von ihnen auf seinem Schreibtisch, aber richtig einziehen, wird er erst die nächsten Tage.

Vorgänger berät ihn

Aufgewachsen ist Zenker im brandenburgischen Bad Liebenwerda. Die letzten 15 Jahre pendelte er noch täglich in seine alte Heimat. Dort kümmerte er sich im Diakonischen Werk Elbe-Elster als Verwaltungsleiter um Kindergärten und Schulen. Jeden Tag legte er 120 Kilometer mit dem Auto zurück.

Die weiten Wege fallen nun weg. Jetzt ist es ein Katzensprung ins Rathaus. Dinge organisieren, Menschen führen, das kann Zenker. Seine Erfahrungen in der Verwaltung waren für den CDU-Gemeindeverband Weinböhla ein Grund, ihn als Kandidaten für die Bürgermeisterwahl aufzustellen. Die gewann er gegen vier Kontrahenten mit einem Stimmenanteil von 53,7 Prozent. „Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet“, sagt er rückblickend auch zwei Monate nach der Wahl.

Zum Glück war noch genügend Zeit, um sich auf das neue Amt vorzubereiten, denn „irgendwie ist es ja doch ein Sprung ins kalte Wasser“. Auf seinen Vorgänger und Mentor im Hintergrund könne er sich aber verlassen. „Herr Franke hat mir seine Unterstützung angeboten und darüber bin ich sehr dankbar“, sagt er.

Fit gemacht fürs Amt hat sich Zenker in den Gemeinderatssitzungen. Reinhart Frankes ruhige, besonnene Art habe ihn dabei beeindruckt. Diese Sitzungen seien auch der Auslöser für sein Interesse an Politik gewesen. „Mich hat begeistert, dass hier in Weinböhla die parteipolitische Ideologie kaum eine Rolle spielt“, so Zenker.

Aber eins will er dann doch anders machen als sein Vorgänger. „Ich möchte eine Bürgersprechstunde einführen.“ Am ersten Tag will er allerdings selbst zu den Weinböhlaern gehen. Und im Seniorenheim einer alten Dame zum 90. Geburtstag gratulieren.