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Der etwas andere OB-Kandidat

Ronny Winkler kämpft für Bürgerrechte, ist irgendwie links und saß sogar mal im Gefängnis. Jetzt will er ins Rathaus.

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© Sven Ellger

Von Andreas Weller

Der Dresdner Maiaufstand von 1849 beschäftigt Ronny Winkler. „Damals wurde für Bürgerrechte gekämpft und heute sind wir wieder an dem Punkt“, sagt der 40-Jährige. Er spricht von einem sozialen Ungleichgewicht in Dresden, das er ausgleichen wolle. „Es wird viel zu viel über Pegida und Asyl gesprochen. Es geht aber um mehr. Dresdner haben finanzielle Probleme, können sich die Miete kaum leisten. Um die wahren Probleme zu erfahren, muss man den Bürgern zuhören.“

Mit diesem Ansatz will Winkler als Oberbürgermeisterkandidat antreten. Überparteilich sei er. Winkler ist zwar Mitglied bei den Europäischen Linken und auch der hiesigen Partei, sitzt für die Linke im Ortsbeirat Pieschen und ist Nachrückekandidat der Partei für den Stadtrat. Aber so richtig will Winkler mit der Linken nichts zu tun haben. „Die sind nicht nah an den Bürgern, nehmen die Probleme nicht wahr.“ Außerdem kritisiert er, dass in dem Mehrheitsbündnis im Stadtrat, mit Grünen und SPD, die Linke nur ihre Meinung gelten lasse. „Auch die verbalen Angriffe von Linken auf Frau Orosz waren nicht gut“, so Winkler. Jetzt will er Nachfolger von Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) werden.

Parteiausschluss droht

Die Partei, für die er Politik macht, unterstützt allerdings eindeutig Eva-Maria Stange (SPD) als Kandidatin. Das hat Folgen. „Genosse Winkler hat einen Satzungsverstoß begangen“, sagt Linke-Chef Tilo Kießling. „Eine konkurrierende Kandidatur zum Beschluss der Mitglieder ist danach verboten.“ Das will der Vorstand noch auswerten, es entweder als Ulk oder Ernst einstufen und gegebenenfalls ein Parteiausschlussverfahren einleiten. Dieses werde geprüft.

Winkler aber dürfte das egal sein. Er habe bereits viel mitgemacht, sagt er. Winkler ist Maler und Lackierer und selbstständig. Der Weg dorthin war beschwerlich. Er spricht von einer schwierigen Jugend. Die Schule habe er bis kurz vor dem Abitur geschafft. „Zwei Monate vor den Prüfungen habe ich hingeschmissen.“ Dann hat er eine Lehre angefangen, lebte mit 20 ein Jahr lang auf der Straße. „Damals habe ich mir für 50 D-Mark einen Wartburg gekauft und darin gelebt.“ Zu der Zeit geriet er auf die schiefe Bahn. Einige Diebstähle und chronisches Fahren ohne Führerschein machten ihn zum Dauergast bei der Polizei. Winkler fuhr durch die Republik – ohne Fahrerlaubnis. 18-Mal wurde er, laut eigener Aussage, aus dem Verkehr gezogen. Es kam zur Anklage und er musste 18 Monate in Bautzen ins Gefängnis.

„Heute bereue ich das. Falscher Umgang, Beeinflussung von anderen – Jugendsünden“, sagt er. Aber auch wegen seiner Erfahrungen eigne er sich als Oberbürgermeister, so Winkler. Er sei ein Mann aus dem Volk, der zuhört. „Ich würde jede Woche einen Tag der offenen Tür machen, an dem jeder Bürger ins Rathaus kommen und mit den Bürgermeistern die Probleme besprechen kann.“ Er will das Sachsenbad sanieren, Kinderarmut bekämpfen, eine städtische Wohnungsbaugesellschaft aufbauen und mehr. Viele seiner Forderungen überschneiden sich mit denen der Linken. Wichtige Entscheidungen will er aber nur mit den Dresdnern gemeinsam treffen.

Jetzt braucht Winkler, wie alle unabhängigen OB-Kandidaten, 240 Unterstützerunterschriften. „Bei den Linken habe ich auf Anhieb 580 Stimmen als Stadtratskandidat bekommen, da schaffe ich auch 240 Unterschriften.“ Kandidieren darf er als Vorbestrafter, weil es lange zurückliegt. Nicht wählbar ist, wer wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde. Allerdings erlischt diese Sperrung nach fünf Jahren. Winkler ist seit 1998 aus dem Gefängnis entlassen worden. Er kann demnach wieder gewählt werden.