SZ +
Merken

Der Hüter der Heimatgeschichte

Der einstige Kreisarchivar Wolfgang Burkhardt aus Freital hatte noch viele Pläne. Am Freitag ist er überraschend gestorben.

Teilen
Folgen
NEU!
© Matthias Weigel

Von Thomas Morgenroth

Freital/Pirna. Auf dem Pirnaer Sonnenstein war er bis zu seiner Pensionierung vor zwei Jahren der Herr über zwölfeinhalb Kilometer Akten, über Urkunden, Bücher, Bilder und auch alle Ausgaben der Sächsischen Zeitung seit 1946: Wolfgang Burkhardt. Als Kreisarchivar genoss er einen ausgezeichneten Ruf, er war einer, der die Geschichte der Sächsischen Schweiz und des Osterzgebirges nicht nur mit papierenen Zeitzeugen bewahrte, sondern auch erforschte, publizierte und so mit Leben erfüllte. Nun ist der Freitaler selbst ein Teil der Geschichte: Vergangenen Freitag ist Wolfgang Burkhardt in seiner Wohnung in Potschappel überraschend gestorben. Er wurde 66 Jahre alt.

Am 20. August 1949 kam Wolfgang Burkhardt in Dresden zur Welt. Seine Mutter gab ihn nach seiner Geburt in einem Heim ab. Wolfgang Burkhardt, der seine leiblichen Eltern nie kennenlernte, wuchs bei Adoptiveltern in Freital-Potschappel auf und ging dort in die Lessingschule. Weil er wie sein Adoptivvater, der Stahlwerker war, etwas mit Metall machen wollte, lernte er den Beruf eines Schlossers und studierte an einer Fachschule Maschinenbau.

Burkhardt arbeitete bei der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft und bei der Handelsorganisation (HO) in Freital. 1977 heiratete er seine Marion, 1978 und 1980 wurden die Kinder Rita und Andreas geboren. Ihnen widmete er seine Freizeit, aber auch der Heimatgeschichte. Von seiner Passion wussten die Verantwortlichen beim Rat des Kreises, als sie 1989 nach einem Kreisarchivar suchten, weil der bisherige einen Ausreiseantrag gestellt hatte.

Fall Burkhardt bis heute ungeklärt

Wolfgang Burkhardt überlegte nicht lange. Am 15. August 1989 übernahm er das Archiv für den Kreis Freital, das gerade in die einstige Volksschule in der Uhlandstraße umzog. Zwanzig Jahre später geriet Burkhardt deshalb in die Schlagzeilen, weil dort im Wendeherbst brisante Akten in einem Keller eingemauert wurden. „Ich schwöre, ich war es nicht!“, beteuerte Burkhardt gegenüber der Presse. Bis heute ist der Fall nicht endgültig geklärt.

Mit den Kreisreformen zog Burkhardt samt ständig wachsendem Archiv 1994 erst nach Dippoldiswalde und 2008 nach Pirna um. Ein immenser Kraftakt, den der freundliche und stets besonnen wirkende Mann mit viel Umsicht bewältigte. Krönung seiner Karriere ist das nach seinem Entwurf gestaltete Wappen für den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.

Nebenher und als Rentner engagierte sich Burkhardt in der AG Gedenken der Stadt Freital, die mehrere Broschüren publizierte. An der nächsten, einem Gesamtverzeichnis aller Straßen der Stadt, hatte er bereits intensiv mitgearbeitet. „Er hatte noch eine Menge vor“, sagt Ralf Thomas, der Leiter der AG, der Burkhardt als „sehr gründlichen“ Menschen schätzte.

„Ich bedauere, dass ein erfülltes Leben so plötzlich endete“, sagt Landrat Michael Geisler (CDU), der gern an die Zusammenarbeit mit ihm zurückdenkt. „Sein ehrenamtliches Wirken für Freital und Umgebung bleibt uns für die Zukunft Vorbild und Verpflichtung zugleich“, sagt Freitals OB Uwe Rumberg (CDU). Erst im April hatte ihm Burkhardt eine Chronik der jüngsten Ereignisse in der Stadt übergeben. Ein Dokument, in dem Geschichtsinteressierte staunend blättern werden. Und sich so an Wolfgang Burkhardt erinnern.

Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt.