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Der Kochtopf-Virtuose

Sören Oertel ist Küchenchef im "Lazy Laurich" in Pirna-Copitz. Er mixt gern ungewöhnliche Zutaten - in einem Job, der eher zufällig zu ihm kam.

Von Thomas Möckel
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Küchenchef Sören Oertel im "Lazy Laurich": Alles außer Standard.
Küchenchef Sören Oertel im "Lazy Laurich": Alles außer Standard. © Foto: www.seidelstudios.de

Gelegentlich kombiniert Sören Oertel Speisen miteinander, die auf den ersten Blick so gar nicht zueinander passen wollen, um den richtigen Geschmacksfasching auf der Zuge zu zünden. Den Weihnachtsbraten beispielsweise drapierte er mit süßen Keksen, zum feinen Filet reicht er selbstgebackene Waffeln. "Bei mir gibt es alles außer Standard", sagt Oertel. Die Küche, sie ist sein Toberaum, sein Kreativstudio, kochen ist seine Leidenschaft, die schon früh entfachte. Das Hobby, die Leidenschaft hat er längst zum Beruf gemacht - seit kurzer Zeit an ganz neuer Wirkungsstätte.

Oertel, 30, aufgewachsen in Stadt Wehlen, ist Küchenchef im Restaurant "Lazy Laurich" am Hauptplatz in Pirna-Copitz, das seit vergangenem Herbst die bislang eher übersichtliche Gastro-Szene in Copitz bereichert. Es ist ein Job, den er anfangs so überhaupt nicht auf dem Schirm hatte.

Wie so oft half auch hier Kollege Zufall kräftig mit, diesmal in Gestalt familiärer Bande. Oertels Bruder leitete seinerzeit die Elektroinstallationsarbeiten im "Lazy Laurich" und im angrenzenden Designhotel "Laurichhof". Eines Tages, sagt Inhaberin Annette Katrin Seidel, unterhielt man sich übers Personal, vor allem darüber, wo ein guter Koch und Küchenchef zu finden sei. Der Bruder wusste sofort eine Empfehlung: Sören. 

Angebot zur rechten Zeit

Für Sören Oertel kam das Angebot zu einem günstigen Zeitpunkt, er war gerade dabei, sich beruflich zu verändern, es zog ihn eher nach Dresden, Pirna stand gar nicht so zur Debatte. Doch der Bruder ließ nicht locker, er schubste Sören sanft in Richtung "Lazy Laurich", bat ihn, sich doch einfach mal zu bewerben, was der Koch dann auch tat. "Das war meine beste Entscheidung", resümiert Oertel, zumal sich nun zwei Sachen vereinen ließen: Er kann Küchenchef sein, aber zugleich auch kochen.

In anderen Restaurants sitzen die Küchenchefs meist am Schreibtisch, planen, beschaffen, bestellen, Töpfe und Pfannen sehen sie häufig nur aus der Ferne. Für Oertel war das keine Option, zu gern dirigiert er Zutaten und kreiert eigene Gerichte. "Seine Koch-Leidenschaft ist bei uns förmlich explodiert", sagt Annette Katrin Seidel.

Mit Oma in der Küche

Oertels Hang zu gutem Essen liegt quasi in der Familie, seine Mutter und seine Oma arbeiteten in der Gastronomie, vor allem von der Großmutter hat er sich viel abgeguckt. "Ich war so der typische Enkelsohn, der mit seiner Oma gekocht und gebacken hat", sagt er. Ein verführerischer Duft durchzog stets die großmütterliche Küche, bei Oma zu essen, sagt Oertel, war immer ein Fest.

So gab es für ihn auch nie wirklich einen anderen Berufswunsch, schon zeitig stand fest, was er einmal werden wollte: Koch. Mit 16 Jahren begann Oertel seine Lehre im Hohnsteiner Hotel "Ambiente", nach der Ausbildung ging er nach Frankfurt/Main, zunächst in ein kleines Business-Hotel. Aber schon nach kurzer Zeit wechselte er ins Hotel "Hessischer Hof", ein Fünfsterne-Haus, es gehört zu den führenden Hotels in der Welt. Gekocht wurde klassische französische Küche, gehobenes Niveau, viereinhalb Jahre blieb Oertel in diesem Hotel. Dann kam das ganze Gegenteil.

Oertel fand eine Anstellung im Designhotel "Kameha Grand" in Bonn, hypermodern und futuristisch, auch zwischen Töpfen und Pfannen, es ging bis hin zur Molekularküche, bei der herkömmliche Speisen verfremdet und in gänzlich ungewöhnliche Formen gebracht werden. Für Oertel war es eine gute Schule, obgleich er sich mit Molekularküche nicht anfreunden mag. "Das Essen sollte schon noch als solches erkannt werden", sagt er. Nach Tradition und Moderne rief wieder die Heimat, Oertel wollte wieder näher bei seiner Familie sein.

Nach seinen Wanderjahren fand sich ein Job gleich in der Nähe: Oertel wurde Küchenchef im Landhaus Nicolai in Lohmen, fünf Jahre blieb er dort, dann reifte der Entschluss, sich noch einmal beruflich zu verändern. Noch einmal in die Ferne ziehen, war keine Option, er suchte in der Nähe - und dann kam der neu Job einfach zu ihm. Im "Lazy Laurich" kann er sich austoben, Grenzen sind ihm so gut wie keine gesetzt, die einzige Vorgabe ist: so viel wie möglich regional. Ansonsten muss sich Oertel nicht einschränken.

Vorm Einschlafen kommen die besten Ideen

Er selbst mag es gern deftig, so wie damals bei Oma, Roulade, Sauerbraten, Eintöpfe. Von diesen Klassikern, auch von solchen Kombinationen wie Jakobsmuscheln mit Blumenkohl oder Fischfilet mit Kartoffelpüree lässt er sich inspirieren, er kreiert sie aber immer wieder anders, verfeinert sie, mal asiatisch, mal mediterran, mal orientalisch. Die Speisekarte ist absichtlich übersichtlich gehalten, sie wechselt in regelmäßigen Abständen, der Abwechslung wegen. "Ich kombiniere die Zutaten gern so, dass es den Gästen schmeckt und sie zugleich überrascht", sagt Oertel. Er tüftelt viel an Rezepten, die besten Ideen, sagt er, kommen abends vor dem Einschlafen, alles notiert er akribisch.

Oertel bäckt auch selbst, seine Spezialität ist der Apfelstrudel, er verfeinert Schokolade mit verschiedenen Aromen, den Wein lässt er passend zu seinen Gerichten aussuchen. Er weiß, dass der falsche Wein auch ganz schnell den Geschmack der Speisen ruinieren kann. Beim Bier handhabt er es genauso.

Und jetzt, mitten im Winter, wo die meisten eher drinnen im Warmen speisen, plant Oertel schon die nächste Überraschung: Am 19. Januar starten im "Lazy Laurich" die Grillwochen, Klub-Abende zum Essen und Quatschen. Dabei legt der Küchenchef auch Fleisch auf den Grill, das bei den meisten wohl eher nicht auf den Rost kommt. Beispielsweise ein Flat-Iron-Steak, ein spezielles Rindersteak in Form eines Bügeleisens, oder ein Tomahawk-Steak aus dem Rinderrücken, was aussieht wie eine Axt, ein solches Tomahawk-Steak wiegt gut und gern 1,4 Kilo. Am Grill erklärt Oertel, wie er seine Gerichte zubereitet, vielleicht lässt er sich auch das eine oder andere Küchengeheimnis entlocken. Generell redet er gern über seine Kochkunst, häufig verlässt er seine Küche, um mit den Gästen darüber zu schwatzen.

Noch weiter in die Öffentlichkeit zieht es den gesprächigen Küchenchef allerdings nicht. "Fernsehkoch", sagt Oertel, "wäre nichts für mich." 

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