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Der Lack ist drauf

Die Sächsische Luftfahrt Service GmbH Kamenz hat gut zu tun. Auch dank Airbus, Siemens und Deutscher Bahn.

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© René Plaul

Von Ina Förster

Kamenz. Montagvormittag auf dem Kamenzer Flugplatz. Der Herbstwind trägt den Geruch von Farbe und Lack aus dem Hangar. An einer Cessna P 337 wird fleißig gewerkelt. Das Lieberhaberstück aus den 70er-Jahren bekommt gerade den letzten Schliff verpasst. Schon seit ein paar Wochen steht das Kleinflugzeug hier. Vier bis sechs Wochen braucht man für die äußere Rundumerneuerung eines solchen Liebhaberstückes. Jeden Monat schwebt ein neues ein. „Meistens kommen die Maschinen ziemlich abgewrackt bei uns an“, so Alexander Schlacht, Geschäftsführer der Sächsischen Luftfahrt Service GmbH (SLS). „Wenn wir aber mit ihnen fertig sind, sind sie nicht wiederzuerkennen.“ Das freut vor allem die Besitzer. Und die sagen es weiter.

Ein Lkw der Spedition Hustig aus Gersdorf fährt mit der Werbung der Sächsischen Luftfahrt GmbH Kamenz über die Autobahnen. Seit 63 Jahren ist man selber am Markt. Die roten Hustig-Lkw sind weithin bekannt und gut zu erkennen
Ein Lkw der Spedition Hustig aus Gersdorf fährt mit der Werbung der Sächsischen Luftfahrt GmbH Kamenz über die Autobahnen. Seit 63 Jahren ist man selber am Markt. Die roten Hustig-Lkw sind weithin bekannt und gut zu erkennen © PR

Bis zur Bundeswehr-Gürtelschnalle

Dank dieser Mundpropaganda und Werbung in der Branche, sind die Auftragsbücher der Firma gut gefüllt. Ob Piper, Beechcraft Bonanza, Eurocopter oder eine schöne alte Antonow An-2 – sie alle flogen schon von Kamenz aus farblich rundumerneuert über den Wolken davon. „Das Aircraft Painting ist aber nur eines unserer Standbeine. Das Gros der Arbeit läuft im Bereich der Industrie- und Serienlackierung“, erzählt der Chef. Strukturbauteile für Airbus, Siemens oder Bombardier verlassen fast täglich die Firma am Flugplatz. Ob Fahrerkabinen für Mähdrescher oder Teile für Krankenhausbetten, Bedien-Panel für die Stewardessen im Airbus 350 oder Gürtelschnallen für die Bundeswehr – am Verkehrslandeplatz der Lessingstadt wird vielen kleinen, aber wichtigen Dingen das letzte Make-up verpasst. Viele Kamenzer wissen bis heute nicht, welches Potenzial sich hinter dem ehemaligen NVA-Hangar verbirgt. Dabei gibt es die Firma bereits seit 1990.

Kürzlich eine halbe Million investiert

„Wir waren eine der ersten ansässigen Firmen am Flugplatz“, so Alexander Schlacht. In den neunziger Jahren war das Serviceangebot breiter, aber auch nicht so spezialisiert. Flugzeuge aller Coleur wurden hier gewartet, und in den Anfangsjahren sogar Piloten ausgebildet. Mittlerweile liegt der Fokus auf den Industrie- und Serienlackierungen. Der neue Lackier-Hangar von 1992 leistet da immer noch tolle Dienste. Er kann nach Bedarf vergrößert werden. Manchmal sind die Flugzeuge etwas größer. Dann wird die Trennwand aufgezogen.

An diesem Montag lackieren nebenan drei junge Mitarbeiter schwarze Bremsdreiecke für die Deutsche Bahn. Man ist flexibel. „Das Schöne an unserem Job ist die große Bandbreite“, gibt Schlacht zu. Langeweile kommt nicht auf. „Man muss natürlich immer auf dem neuesten technischen Stand bleiben, erst 2018 haben wir wieder eine knappe halbe Million investiert, um am Ball zu bleiben“, sagt er. In den Lackieranlagen können verschiedene Technologien angewendet werden. Sowohl die Lackierung großer Teile, als auch die Bearbeitung großer Stückzahlen, ist möglich.

Der 35-Jährige führt die Firma seit drei Jahren, ist aber bereits seit 2007 mit an Bord. Als gelernter Lackierer kennt er alle Arbeitsabläufe also von der Basis aus. Und er weiß, wie man junge Leute für den Beruf begeistert. Das spürt man schnell. Gleich drei Azubis gehören aktuell zum Team. Ihnen wird schon in den ersten Lehrjahren einiges an Verantwortung übertragen. „Es mangelt ja in allen Branchen an Fachkräften. Wir können uns da glücklicherweise nicht beklagen. Die Arbeit ist interessant, unser Unternehmen außerdem familiär. Wir favorisieren die weiche Mitarbeiterführung“, so der 35-jährige Chef. Auch mit immerhin mittlerweile 25 Mitarbeitern. Man könne keine Löhne wie bei Accumotive bieten, aber dafür andere Dinge.

Vielleicht ist es auch das eigene Alter, das ihn für die Rolle eines guten Vorgesetzten auszeichnet? Schlacht sieht die Welt nicht durch die rosarote Brille, aber durchaus positiv. Arbeit soll Spaß machen. Man müsse Visionen und Ideen haben, meint er. Und manchmal eine große Portion Mut, um voranzukommen. Mit dieser Firmen-Strategie hat sich die Sächsische Luftfahrt Service GmbH über gute und magere Zeiten gerettet. „Im Bereich des Aircraft Painting sind wir mittlerweile Marktführer“, sagt Alexander Schlacht stolz. So etwas wird einem nicht geschenkt. Auch strenge Zertifizierungen musste man durchlaufen. Airbus beispielsweise nahm die Prozesse vor Ort persönlich ab.

Potenzial am Flugplatz unterschätzt?

Die direkte Landebahn vor der Firmentür erleichtert natürlich viele Abläufe. Dass die Flugzeug-Kundschaft direkt vor Ort landen kann, ist nahezu perfekt. Mit vielen anderen ansässigen Firmen um die Ecke kooperiert man zudem. Schließlich müssen die lackierten Teile am Ende wieder alle fachmännisch ans Flugzeug angeschraubt werden. „Der Kamenzer Verkehrslandeplatz wird meiner Meinung nach immer noch nicht ausreichend beworben und geschätzt von der Stadt“, so Alexander Schlacht. Hier arbeiten so viele Spitzenfirmen“, meint der Betriebswirt. „Ich denke, dass dieses Potenzial auch nach vielen Jahren nicht genügend ausgeschöpft wird beziehungsweise in den Köpfen vieler angekommen ist.“

Immerhin starten von hier aus Monat für Monat zufriedene Kunden nach ganz Deutschland – vor allem in die alten Bundesländer. Aber auch in die Schweiz, nach Holland oder Österreich. „Der Name Kamenz sagt ihnen anschließend schon etwas“, weiß der Geschäftsführer von SLS. Früher war das Lackieren der Flugzeuge eher ein Saisongeschäft, mittlerweile vergeht kein Monat, wo neue Anfragen einflattern. Seit Kurzem fährt übrigens auch ein großer Lkw-Auflieger aus dem Haselbachtal mit riesiger Werbung über deutsche Autobahnen. Die Spedition Hustig GmbH Gersdorf bot sich als guter Kunde an, den Namen SLS in die Welt hinaus zu tragen. Das kommt an.