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Der lange Weg zum Schwimmunterricht

Starre Vorschriften verhindern, dass Mohorns Schüler weiter im nahen Waldbad schwimmen lernen. Nun wird es teurer.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Mohorn. Bisher war alles so einfach: Zum Schwimmunterricht in der zweiten Klasse mussten Mohorns Schüler nur übers Feld und einen Berg hinunter zum Waldbad Grund laufen. Sozusagen vor der eigenen Haustüre konnten die Kinder an ihren Fähigkeiten feilen. Zwei Lehrer der Schule leiteten den Schwimmkurs. Nach eineinhalb Stunden ging es wieder zurück. „Das war immer eine schöne Sache. Wir hatten den Platz, vormittags sind ja noch nicht so viel Besucher im Bad“, berichtet der Grun-der Schwimmmeister Michael Butze. Aus und vorbei.

In Zukunft werden die Zweitklässler per Sonderbus zur Schwimmhalle nach Freital-Hainsberg gebracht. Zeitaufwand: etwa dreieinhalb Stunden. Zusätzliche Kosten: 4 000 Euro pro Schuljahr. Das Geld muss die Stadt Wilsdruff als Betreiber der Schule aufbringen. Unter den Stadträten sorgt das für Kopfschütteln. Auch der Bürgermeister ist mit der neuen Regelung nicht glücklich: „Wir fahren jetzt die Kinder an unserem eigenen Waldbad vorbei und müssen dafür auch noch bezahlen“, kommentiert Ralf Rother (CDU).

Die Hallenbad-Variante hat auch ihre Vorteile. Der Unterricht ist unabhängig von Wetterlage und Wassertemperatur. Und er kann an einem Stück stattfinden, statt wie bisher im Spätsommer und nach einer Winterpause wieder im Frühsommer. Doch das ist nicht der Grund für den Schwimmbad-Wechsel der Mohorner. Vielmehr erinnert die Geschichte an eine Verwaltungsposse. Es geht um Rettungsschwimmer, die an heißen Tagen auf mehrere Hundert Gäste achten müssen, aber aus der Statistik fallen, wenn es um den Schulsport geht.

Zwar gibt es im Grunder Waldbad je nach Besucherzahl mindestens zwei ausgebildete Rettungsschwimmer – Badchef Butze und seine Frau. Doch kommt eine Schulklasse zum Unterricht, greift Abschnitt drei der sächsischen Verordnung zum Schulsport. Darin ist festgelegt, dass „Lehrer, die Schwimmen unterrichten, in der Methodik und Didaktik des Schulschwimmens ausgebildet sein müssen und mindestens das Deutsche Rettungsschwimmerabzeichen in Bronze besitzen.“ Eine entsprechende Prüfung müsse alle zwei Jahre nachgewiesen werden. Auf die Mohorner Sportlehrer traf das bisher auch zu. Beide haben eine Zusatzausbildung zum Schwimmlehrer absolviert und ihr Rettungsschwimmerabzeichen regelmäßig aufgefrischt.

Letzteres sei nun nicht mehr möglich, sagt Schulleiterin Heike Hahn. „Das hat gesundheitliche Gründe.“ Den Schülern dennoch das Schwimmen zu lehren und den Schwimmmeister des Bades den Rettungspart zu überlassen, gehe leider nicht. „Wir müssen uns an die Vorschrift halten.“ Rettungsschwimmer muss der Lehrer sein und nicht der Schwimmmeister. Punkt. Schon jetzt sei die Mohorner Regelung ohnehin die Ausnahme gewesen.

Als Heike Hahn vor Jahren als Leiterin an die Grundschule kam, fuhren die zweiten Klassen ebenfalls nach Freital-Hainsberg zum Schwimmen. „Zwei Jahre haben wir darum gerungen, den Unterricht im Waldbad stattfinden zu lassen“, erinnert sie sich. Viel Unterstützung habe es damals nicht gegeben, aber ab dem Schuljahr 2009/10 kam grünes Licht von der Schulverwaltung. Die Stadt wiederum freute sich, dass die Fahrt- und Hallenkosten wegfielen und das Waldbad besser ausgelastet wurde.

Dass die kosten- und zeitgünstige Variante nun an einer spitzfindigen Vorschrift scheitert, können viele nicht nachvollziehen. Auch Schwimmmeister Butze ist verwundert. „Ganz ehrlich, wir haben den Schwimmunterricht doch immer mit unterstützt.“ Sowohl seine Frau als auch er hätten des Öfteren am Beckenrand gestanden und den Kinder Tipps gegeben und die Bewegungen korrigiert. „Es ist auch vorgekommen, dass ich manchen, die große Probleme hatten, Einzelunterricht gegeben habe“, berichtet Butze. Über die starre Verwaltungsvorschrift, wonach er nicht als Rettungsschwimmer mitzähle, wenn eine Schulklasse kommt, könne er nur den Kopf schütteln. „Wir würden bereitstehen, haben die Kapazitäten, die Zeit und die Möglichkeiten.“

Ob es noch einmal ein Zurück geben wird, ist aus Sicht der Schulleiterin vorerst unwahrscheinlich. „Es waren schöne Jahre und die Kinder hatten so auch den Bezug zum Waldbad. Aber es ist vorbei“, sagt Heike Hahn. Bürgermeister Rother dagegen hofft noch: „Wir haben uns als Stadt Wilsdruff mit großem Aufwand für die Nutzbarkeit des Bades eingesetzt und stehen mit unserem Personal auch weiterhin sehr gern zur Verfügung.“

Die Zweitklässler dagegen können sich schon mal auf einen weitestgehend schulfreien Freitag einrichten. Ab Januar ist dann nämlich Schwimmtag. Abfahrt an der Schule 8.30 Uhr, Rückkehr gegen 12 Uhr.