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Der letzte Kiosk ist begehrt

Im Hoyerswerdaer WK I gaben sich jetzt Journalisten die Klinke in die Hand.

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Ein TV-Interview kann durchaus Spaß machen.
Bärbel Rosenberg und Katrin Funke flachsten beim Dreh für den Fernseh-Beitrag über den letzten Hoyerswerdaer Zeitungskiosk für’s Zeitungsfoto ein wenig herum.
Ein TV-Interview kann durchaus Spaß machen. Bärbel Rosenberg und Katrin Funke flachsten beim Dreh für den Fernseh-Beitrag über den letzten Hoyerswerdaer Zeitungskiosk für’s Zeitungsfoto ein wenig herum. © Foto: Mirko Kolodziej

Zehn Jahre ist es her, dass das gelbe Häuschen im Hoyerswerdaer WK I erstmals zu filmischer Prominenz kam. Es waren 2009 die damaligen Schülerinnen Jennifer Kaiser und Laura Quosdorf, die darauf aufmerksam machten, dass der Zeitungskiosk zwischen Bautzener Allee und Otto-Damerau-Straße der Letzte seiner Art in der Stadt ist. In einem Sommercamp der KulturFabrik drehten sie einen kleinen Film und setzten damit sozusagen auch Kiosk-Inhaberin Bärbel Rosenberg ein kleines Denkmal. „Komm Se ran - hier boomt das Leben“, war der Titel der Dokumentation, die seither immer mal wieder bei diversen KuFa-Aktionen zu sehen ist.

„Na langsam sollte ich vielleicht Gage verlangen“, flachste Bärbel Rosenberg in dieser Woche. Denn am Vormittag stand sie erneut vor einer Kamera. Das Fernsehen in Person von Reporterin Katrin Funke war angerückt. Der Kiosk und seine Besitzerin erlangen dieser Tage peu á peu landesweite Bekanntheit. Vor ein paar Tagen war schon der aus Wittichenau stammende Reporter Martin Kliemank bei ihr. „Wenn der Nachbar aus Wohnkomplex I vor ihrer Luke auftaucht, greift Bärbel Rosenberg nur kurz neben sich und reicht ihm das Übliche, für ihn die Fernsehzeitschrift, für die Frau ein paar bunte Magazine“, berichtete er im mdr-Radio zum Umstand, dass es zwischen der Verkäuferin und dem überwiegenden Teil der Kundschaft eine gewisse Vertrautheit gibt. Man kennt sich eben lange.

Ein Text, der zu Kliemanks Beitrag im Internet nachzulesen ist, trägt den Titel „Der Kummerkasten: Hoyerswerdas letzter DDR-Kiosk“. Der Begriff „Kummerkasten“ tauchte schon 2004 in einem TAGEBLATT-Beitrag mit dem Titel „Der letzte Überlebende“ über den Kiosk auf. Denn der Handel mit Zeitungen und Zeitschriften ist eigentlich eher eine Nebensache. Bärbel Rosenberg verdient damit keine Reichtümer. Sie bezeichnet das Ganze als Hobby. Die 67-Jährige will nicht gern daheim sitzen. Das Wichtige dabei: „Wir quatschen bloß so“, erzählte sie dem Radio.

Die Kunden schätzen Bärbel Rosenbergs Freundlichkeit und den ihr eigenen Mutterwitz. „Sie gehört einfach hierher. WK I ist wie eine große Familie und alles, was Zeitungen braucht, kauft sie bei ihr“, sagt Karin Schulze, die gleich im Nachbarhaus wohnt. Jeden Mittwoch holt sie sich bei Bärbel Rosenberg ihre Rätselzeitschriften ab – und wechselt ein paar freundliche Worte, mitunter auch mehr als ein paar.

Katrin Funke vom mdr-Fernsehen musste  auch nicht lange warten. Sie war mit Kamera und Mikrofon zu Bärbel Rosenberg in deren Kiosk gestiegen und draußen vor dem Fensterchen tauchte ein Hoyerswerdaer nach dem anderen auf.

Die größte Sorge aktuell: Was, wenn der Kiosk mal nicht mehr ist? Bärbel Rosenberg hat ihn 1995 von einer Bekannten erworben, nachdem sie ihre Arbeit in der Kohle verloren hatte. Aber im kommenden Jahr geht ihr Mann, der als Kraftfahrer unterwegs ist, in den Ruhestand. Martin Kliemank meldet, Rosenbergs Gatte habe sich schon bei seiner Frau erkundigt, wie lange sie eigentlich noch im Verkaufshäuschen zu hocken gedenke. Sie aber hänge nun einmal am Kiosk. Als gestern eine Kundin nach dem Stand der Dinge fragte, erfuhr sie: Es geht weiter - die Rente des Mannes hin oder her. Bärbel Rosenberg wird also erst einmal wie gehabt um 6.30 Uhr öffnen. Viereinhalb Stunden später ist Feierabend.