Von Heike Wendt
Für Roland Bauer ist die Zeit mit Schmiedefeuer und Amboss längst vorbei. Über zehn Jahre liegt der letzte Hammerschlag in der Struppener Werkstatt für den Schmied zurück. 25 Jahre lang hatte der heute 71-Jährige den Betrieb geführt, hatte Hufeisen geschmiedet und Metallteile für den Fahrzeugbau hergestellt.
Die Geschichte dieses Handwerks interessiert den Ruheständler intensiv. Gab es außer seiner noch eine weitere Schmiede in Struppen? Wer waren die Besitzer? Roland Bauer hat bereits auf 230 Seiten eine Chronik über Struppens Kirche zusammengetragen. Die Recherche führte ihn dabei durch den ganzen Freistaat. Über den Handwerksbetrieb, den er ein Vierteljahrhundert führte, hat er in diesem Zusammenhang Erstaunliches erfahren.
Jahrelang war bekannt, dass es die Schmiede auf der Hauptstraße in Struppen seit 1736 gab. Doch dann fanden sich Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass zu diesem Zeitpunkt in Struppen schon mindestens 200 Jahre lang geschmiedet wurde. Wann genau sich dieses Handwerk ansiedelte, ist unklar. Erstmals tauchen Unterlagen von 1548 über die Dorfschmiede in Archiven auf. „Das bedeutet aber nicht, dass die Schmiede erst zu diesem Zeitpunkt errichtet wurde“, sagt er. Sie muss erheblich älter sein.
Unverzichtbares Handwerk
Das Schmieden ist eines der ältesten Handwerke der Welt. Schmiede wurden vor allem als Waffen– , Werkzeug– und Gerätehersteller geschätzt und gesucht. Schon in der Eisenzeit vor rund 2 800 Jahren waren besonders solche mit guter Ausbildung und eigener Praxis gefragt. Im ländlichen Raum war der Schmied noch im späten 20. Jahrhundert ein unverzichtbarer Handwerker mit breitem Spektrum, zum Beispiel als Beschlagschmied für Wagen und Ackergeräte, als Hufschmied, Kunstschmied, Schlosser und Werkzeughersteller. Dass es in Struppen bereits weit vor 1548 eine Schmiede gab, ist daher sehr wahrscheinlich.
Zu den Besitzern der Werkstatt auf der Hauptstraße 80 zählte der agile Heinrich Ernst Benedix. Er kaufte das Schmiedegrundstück 1901 und bewirtschaftete es bis zu seinem Tod im Jahr 1962. Als erster Metallbetrieb in der Amtshauptmannschaft Pirna erhielt er 1926 eine Genehmigung für die Aufstellung eines Acetylentwicklers zur Gaserzeugung. Mit dem Gerät konnte er in seiner Werkstatt schweißen – eine für damalige Verhältnisse hochmoderne Technik. Der rührige Unternehmer behielt die technische Entwicklung stets im Blick. Als absehbar wurde, dass Kraftfahrzeugen die Zukunft gehört, investierte er im gleichen Jahr in den Bau einer Benzintankstelle.
Die größten Einschnitte brachte die politische Wende 1989/90 für die Werkstatt. Mit der Pleite vieler Betriebe kamen kaum noch Aufträge für die Werkstatt. „Erst ein Jahr später ging es wieder aufwärts“, sagt Roland Bauer. Zum zweiten Standbein des Schmiedebetriebes wurde die Installation von Heizungs- und Sanitäranlagen. 1995 beschäftigte er 36 Mitarbeiter. Mit der Verpachtung der Werkstatt ab 2002 hatte Roland Bauer wenig Glück. Die Firmen gingen pleite. Roland Bauer entschloss sich, den Betrieb aufzulösen und die Metallbau- und Schmiedeeinrichtung an einen Interessenten in Pirna zu verkaufen.