SZ +
Merken

Der Mann hinter den Wetten

Steffen Pfennigwerth hat die DDR-Lizenz zum Zocken, Pferde und die Ehrenmitgliedschaft beim Dresdener Rennverein.

Teilen
Folgen
NEU!
© Robert Michael

Von Maik Schwert

Die Leidenschaft für Pferde beginnt vor 35 Jahren. Am 1. Mai 1980 besucht Steffen Pfennigwerth als Leipziger Student erstmals einen Renntag im Scheibenholz – und kommt nicht mehr davon los. „Danach bin ich immer wieder hin“, erzählt er. Und der Neugersdorfer entdeckt dann auch die Veranstaltungen auf der Dresdner Galoppanlage für sich. Das Interesse an Vollblütern sei ein Grund gewesen, zehn Jahre später eine Existenz als Sportwettenanbieter aufzubauen.

Diese Geschäftsidee kommt ihm im ersten Westurlaub. Warum nicht mit so einem Büro in die Marktwirtschaft starten, überlegt er sich, als der Oberlausitzer in Tirol an Kiosken die Werbeaufkleber zum Zocken auf Autorennen, Skifliegen und Tennisduelle sieht. Gedacht, gemacht. Er findet in der unsicheren Rechtslage der Wendezeit zwischen Mauerfall und deutscher Einheit im Regierungsbezirk Dresden auch ein Amt für sein Anliegen.

Am 11. April 1990 erteilt der Rat des Kreises Löbau für 15 Ost-Mark die Erlaubnis zum Eröffnen eines Büros für Sportwetten in Neugersdorf. Eine kuriose Konzession, weil Glücksspiel in der DDR verboten ist. Der Sachse betrachtet das Zocken beim Sport auch nicht als solches. Er sieht es als Angebot. Andere halten dagegen. „Wir haben anfangs noch mit Ost-Mark gehandelt“, erinnert sich der heutige bwin-Inhaber – besonnen und ruhig, wie es seine Art ist. Das funktioniert so bis zur Währungsunion. Danach geht die Lizenz per Vertrag in Bundesrecht über.

Die Weitsicht des Züchters

Im gleichen Jahr tritt er dem Dresdener Rennverein (DRV) als Mitglied bei und kauft im Herbst seine ersten Pferde im Gestüt Lehn. „Damals hat die Treuhand auch diesen Betrieb privatisiert und die Vollblüter sehr preiswert abgegeben.“ Der jetzige Doktor der Wirtschaftswissenschaften entscheidet sich für die Stuten Seereise und Spree und lässt sie durch Michael Sowa in Dresden trainieren, „Der Stall Oberlausitz war gegründet“, sagt Pfennigwerth.

Als dessen Besitzer leistet er seitdem einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt der Dresdner Trainingszentrale. „Mit Seereise begann ich 1994 zu züchten. Sie bleibt mein Lieblingspferd.“ Die Stute erweist sich als fruchtbar. Sie liefert bis 2006 zehn Nachkommen, beispielsweise Seehexe, mit der Pfennigwerth 1999 in Halle an der Saale den ersten Erfolg als Züchter feiert. Siege erfordern ein „Denken und Planen in Generationen“.

Weitsicht lässt Pfennigwerth auch als Kaufmann walten. 2002 steigt er bei der Wiener Firmengruppe betandwin ein, die inzwischen bwin heißt, an der Börse notiert ist und Tochtergesellschaften hat, darunter in Gibraltar und Schweden. Experten schätzen den Markt für Sportwetten in Deutschland auf acht Milliarden Euro im Jahr. Davon bleiben bei privaten Anbietern zehn Prozent hängen. Zockerkonzerne wie bwin setzen Hunderte Millionen Euro um und geben Eurobeträge in zweistelliger Millionenhöhe für Marketing aus, um den Namen bekannt und das Geschäft einträglich zu machen.

Das Unternehmen platziert Spots bei Fernsehsendern wie Sport 1, sponsert kleine Amateur- und große Profiklubs oder Ligen im Fußball, Eishockey und Tischtennis. Pfennigwerths Steckenpferd bleibt – abgesehen vom FC Oberlausitz Neugersdorf – der Turf. Er hilft ihm seit 2001 als Sponsor und feiert auch als Besitzer große Erfolge in wichtigen Rennen. 2004 gewinnt Summernight Love den damals noch von betandwin finanzierten Dresdner Jugendpreis. 2009 siegt La Plata auf dem gleichen Geläuf im bwin-BBAG-Auktionsrennen. Timara und Al La Carte wiederholen diesen Erfolg 2011 und 2013.

Derzeit stehen je drei Oberlausitzer Galopper bei Claudia Barsig und Stefan Richter in Dresden sowie ein Vollblut bei Sascha Smrczek in Düsseldorf. „Die Trainer sprechen die Einsätze der Pferde immer mit mir ab“, lobt Pfennigwerth die Zusammenarbeit. Bei den Aussichten seiner Vollblüter bleibt er dagegen zurückhaltend: „Die Erfahrung zeigt, dass Prognosen zu 50 Prozent zutreffen. Jedes Pferd muss sich erst im Rennen beweisen. Laut Auskunft der Trainer machen sie sich gut.“

Als Mitglied der Besitzervereinigung für Vollblutzucht und Rennen sowie der Baden-Badener Auktionsgesellschaft (BBAG) lässt Pfennigwerth seine Kontakte spielen – auch für den DRV. Eine noch entscheidendere Rolle übernimmt er als Sponsor. Pfennigwerth macht so manche Dresdner Veranstaltung mit seinem finanziellen Einsatz erst möglich, etwa am Sonnabend von 11.30 Uhr an. Da geht es im Auktionsrennen um 52 000 Euro – die mit Abstand höchste Prämie der Saison.

„Ich bin sehr dankbar über den Einsatz, den er für uns leistet“, lobt DRV-Präsident Michael Becker das großzügige Engagement von Pfennigwerth, der mittlerweile DRV-Ehrenmitglied ist. „Ohne seine Hilfe könnten wir dieses für uns so wichtige Rennen nicht austragen.“ Pfennigwerth sieht durchaus Reserven: „Es gibt sicherlich noch viele Möglichkeiten, die Veranstaltungen auch in Dresden attraktiver zu machen. Meines Erachtens sollten dabei aber immer die Pferde und Rennen im Mittelpunkt stehen.“ Doch sogar bei ihm existieren wirtschaftliche Grenzen: „Aus finanziellen Gründen gibt es wohl leider keine Möglichkeit, Traditionsrennen wie den Dresdner Jugendpreis wieder aufleben zu lassen.“ Das soll mit Auktionsrennen und Sachsenpreis nicht geschehen. Dafür engagiert er sich – auch in den nächsten Jahren.