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Der moderne Scheich

Tamim Bin Hamad al-Thani regiert Katar seit 2013. In Berlin musste er eine unangenehme Frage beantworten.

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© dpa

Von Martin Gehlen, SZ-Korrespondent

Er erschien nicht im traditionellen Gewand, sondern trug einen graugestreiften Anzug mit roter Krawatte. Tamim bin Hamad al-Thani, Emir von Katar, kam gestern zum ersten Staatsbesuch nach Berlin. Im Juni 2013 hatte er als Viertgeborener von seinem Vater die Macht übernommen. Das Emirat steht in der Kritik – wegen der sozialen Verhältnisse und wegen des Verdachts, die IS-Milizen zu unterstützen.

Der 34-Jährige stammt aus dem frommen Flügel der Familie und steht den Muslimbrüdern nahe. Wie viele andere arabische Potentaten wurde er an der renommierten britischen Militärakademie Sandhurst ausgebildet. Im Vergleich zu den vergreisten Herrschern im benachbarten Saudi-Arabien oder dem alkoholkranken Emir von Kuwait wirkt der junge Autokrat, der in seinem Kabinett neue Gesichter um sich scharte, frisch, berechenbar, aufgeschlossen und pragmatisch.

In Berlin geht es neben Rüstungsgeschäften vor allem um den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen. Katar besitzt die drittgrößten Gasvorkommen der Erde und ist das wohlhabendste Land des Globus. Zuletzt machte sein Einstieg bei der Deutschen Bank Furore, aber auch an VW, Siemens und Hochtief ist der Ministaat beteiligt. Umgekehrt hoffen deutsche Konzerne auf Gewinne durch die Fußball-WM 2022. Mehr als 100 Milliarden Euro will der Zwergstaat in die Stadien und seine Infrastruktur investieren.

Auch in Deutschland hat das Ansehen Katars gelitten. Die Rufe, dem Emirat die WM wegen der katastrophalen Zustände auf seinen Großbaustellen zu entziehen, wollen nicht verstummen. Zudem hat sich das Emirat auf massiven internationalen Druck bereit erklärt, energischer gegen reiche Bürger und religiöse Stiftungen vorzugehen, die die IS-Milizen unterstützen. Hauptfinanziers sind nach US-Erkenntnissen Mittelsmänner in Kuwait, denen auch beträchtliche Privatspenden aus Saudi-Arabien und Katar zufließen. Im Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel wies der Scheich die Vorwürfe zurück. „Es gibt keine Unterstützung Katars für terroristische Bewegungen“, versicherte er und überzeugte damit seine Gastgeber. „Ich habe keinen Grund, den Aussagen des Emirs nicht zu glauben“, erklärte Merkel.