SZ +
Merken

Der Traum von der Mühle

Ein Österreicher und seine Partnerin wollen die Schlossmühle in Schieritz wieder zum Laufen bringen.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Jürgen Müller

wie kommt ein Österreicher nach Schieritz? „Ich wollte eine Wassermühle besitzen, an der ich herumwerkeln kann. Ich war schon immer ein Bastler“, sagt Peter Strohmer. Er gab eine Anzeige auf. Es kam eine einzige Zuschrift, die aus Schieritz. Dass er mal eine Mühle besitzen würde, das hätte er sich nicht träumen lassen. Und das, obwohl der Österreicher familiär „vorbelastet“ ist. „Meine Großeltern besaßen eine Wassermühle in Österreich. Schon als Kind habe ich mich sehr dafür interessiert“, sagt der 34-Jährige. Studiert hat er Maschinenbau mit der Spezialisierung Luft- und Raumfahrttechnik, zunächst in Wien, später an der Technischen Universität Dresden. Als er seine Partnerin Christiane Manschke, die aus Bautzen stammt, kennenlernte, war für ihn klar, dass er in Sachsens bleiben will.

Nach Schieritz gezogen

„Ich habe dieses Ensemble hier gesehen und dachte sofort, ja, das ist es, das könnte ich mir gut vorstellen als unser neues Zuhause“, sagt Christiane Manschke. Bei ihrem Lebensgefährten dauerte es ein bisschen länger. Er wusste, dass er in die jahrhundertealten Gebäude nicht nur viel Zeit, sondern auch viel Geld stecken muss.

Vieles ist in den vergangenen vier Jahren schon passiert. Der Wohnbereich ist saniert, die Familie, die inzwischen zwei Kinder hat, ist nach Schieritz gezogen, hat rund 300 Quadratmeter Wohnfläche. Die Söhne Lukas (1) und Anton (3) fühlen sich in Schieritz pudelwohl, ebenso ihre Eltern. „Die Leute hier in Schieritz sind sehr nett“, sagt der Österreicher, der bei Vattenfall Power Consult in Dresden arbeitet, im breiten Wiener Dialekt. Und sie sind wohl auch sehr froh, dass ein technisches Denkmal erhalten wird.

Erstmals erwähnt wurde die Schieritzer Mühle im Jahre 1361. Es war nicht nur eine Getreide- und Sägemühle, sondern hier wurde auch Strom erzeugt und in Batterien gespeichert. „Der Pioniergeist und der Erfindungsreichtum waren beeindruckend für die damalige Zeit“, sagt Peter Strohmer. Schon damals machte man sich nicht nur Gedanken, wie der erzeugte Strom gespeichert wurde, sondern tat es auch. Er zeigt die Speicheranlage mit den Batterien aus dem Jahre 1905. Mit Hilfe einer Wasserturbine wurde Gleichstrom erzeugt und gespeichert. Die Batterien sind heute nicht mehr nutzbar, Ersatz nicht zu beschaffen. Dennoch soll hier per Wasserkraft bald wieder Strom erzeugt werden.

Die Schieritzer Schlossmühle ist eine von 15 Wassermühlen, die am Ketzerbach errichtet wurden. Mittels Wasserrad wurde die Kraft des Baches für den Antrieb der Mühltechnik genutzt. Das Mühlrad hat einen Durchmesser von 3,90 Metern und eine Breite von 1,80 Metern. Die Mühle befindet sich in einem Vierseithof mit den Nebenbetrieben Sägewerk, Bäckerei und einem Kraftwerk, dem sogenannten Lichthaus, das zur Erzeugung von elektrischem Strom genutzt wurde. Ab 1905 bis 1917 wurden außer der Mühle sogar das Rittergut, die Brauerei, die Schmiede, der Gasthof und einige umliegende Häuser mit Strom versorgt.

Mühlbetrieb bis 1960

Im Jahre 1549 ging die Mühle in den Besitz der Herren von Schleinitz über und war bis 1832 zum Rittergut als sogenannte Schlossmühle gehörig. In den Jahren 1556 bis 1561 fungierte die Mühle auch als kleines Sägewerk: für die Errichtung des Schlosses wurden hier Balken und Bretter geschnitten.

1888 hat der Müllermeister und Mühlenbauer Franz Otto Andrä die Mühle gekauft. Mit seiner Ehefrau bewirtschaftete er diesen Betrieb bis 1910. Die nachfolgenden Generationen führten den Mühlbetrieb bis ins Jahr 1960 fort. Die Bäckerei versorgte nicht nur das nahe Umland, sondern auch die Stadt Meißen mit Backwaren.

Peter Strohmer will künftig nur noch Strom für den Eigenbedarf erzeugen mit einer Anlage für etwa neun Kilowatt. Darüber freut sich auch die Lebensgefährtin: „Damit sind wir gewappnet, wenn der Strom noch teurer wird “, sagt die Rechtsanwältin. Die beiden hoffen, dass die alte Mühle in einem Jahr wieder betriebsbereit ist. „Ein Jahr haben wir für die Planungen gebraucht. Wir sind guter Dinge, dass in diesem Jahr die Baugenehmigung erteilt wird“, sagt Strohmer. Er rechnet mit einer Bauzeit von nur zwei Monaten.

Bauen wird das junge Paar in Schieritz aber noch viel länger an dem ehemaligen Vierseithof, der zum großen Teil aus denkmalgeschützten Fachwerkhäusern besteht. Wann sie mal fertig sein werden? Christiane Manschke seufzt: „In 20 Jahren, vielleicht“, sagt die 37-Jährige. Die beiden wollen sich Zeit lassen, alles Schritt für Schritt erledigen. Bis dahin wird noch viel Wasser den Ketzerbach hinunterfließen und das Wasserrad antreiben. Das wurde übrigens schon in den 90er Jahren vom Denkmalschutz überholt. Seit 2002 steht es still. Während des Hochwassers war das Wehr gerissen.

Zum Mühlentag am Pfingstmontag kann die Schieritzer Mühle von 10 bis 16 Uhr besichtigt werden. Stündlich gibt es Führungen. Viele Freunde werden den beiden dabei helfen. „Wir rechnen mit 300 Leuten. Schon im vergangenen Jahr, als erstmals nach der Sanierung geöffnet war, gab es großen Andrang“, sagt Christiane Manschke. Die beiden setzen auch künftig auf Tourismus. Sie wollen Ferienwohnungen einrichten und denken auch an eine Besenwirtschaft.