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Der vierfache Meister

Rainer Schenk aus Langebrück ist in mehreren Handwerksberufen spitze. An einem hängt sein Herz aber ganz besonders.

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© Bernd Goldammer

Von Thomas Drendel

Beruf und Freizeit sind bei Rainer Schenk nicht zu trennen. In seiner Firma und auch nach Feierabend dreht sich bei ihm alles um Autos, genau genommen um Oldtimer. Sein Liebling ist ein dunkelroter Mercedes, Baujahr 1952. 15 Jahre hat der Langebrücker an dem Wagen gearbeitet. „Als ich ihn kaufte, war die Hälfte weggerostet.“ Jetzt steht er da. Als sei er gerade vom Band in Sindelfingen gerollt. Mit glänzendem Chrom und frischem Lack. „Bei laufendem Motor kann man eine Münze draufstellen, die kippt nicht um. So ruhig dreht er.“

Alle Teile sind original Mercedes. „Etwas anderes zu verwenden, wäre ein Frevel“, sagt er. Das Auto fährt, es ist zugelassen. Am Wochenende setzt er sich ab und zu mit seiner Frau in den Wagen und fährt aus. Aber nie bei Regen, sagt der drahtige 75-Jährige.

Falten dürfen nicht entstehen

Genauso liebevoll und akribisch geht Rainer Schenk auch mit den Oldtimern um, die ihm seine Kunden bringen. Momentan stehen zwei DKW aus den 60er-Jahren in seiner Werkstatt, ein Cabrio und eine Limousine. Bei beiden liegt die Karosserie blank, etliche Teile sind hier noch aus Holz. Bei dem geschlossenen Wagen ist das Dach frisch bezogen. „Das war eine schwierige Arbeit. Das Material wird mit Hitze geschmeidig gemacht. Falten dürfen dabei nicht entstehen. So was kann kaum noch jemand“, sagt der Chef der Autosattlerei Schenk. Auch hier gilt: Nur originales Material verwenden. „Das beziehen wir von einem speziellen Händler, der entweder noch alte Bestände hat oder es nach den damaligen Vorgaben anfertigen lässt.“

Die kleine Firma in Langebrück kann sich derzeit vor Aufträgen kaum retten. Nahezu für das gesamte nächste Jahr sind Rainer Schenk und sein Mitarbeiter Joachim Kroh schon ausgebucht. „In Zeiten niedriger Zinsen sehen viele Oldtimer als Geldanlage. Jeder, der noch ein verrostetes altes Auto in der Garage stehen hat, lässt es wiederherrichten.“

Seit etwa zwei Jahren hält der Boom an. Gefragt sind Handwerksbetriebe, die sich mit Oldtimern auskennen und Qualitätsarbeit abliefern. Die Langebrücker kennen sich aus. Seit mehr als 75 Jahren sind sie im Geschäft. „Mein Vater hat vor dem Krieg bei der Karrosseriebaufirma Gläser in Radeberg gearbeitet. Er war Abnahmemeister in der Autosattlerei. 1948 machte er sich dann selbstständig.“ Als es nach dem Krieg kaum Autos gab, reparierte er unter anderem Pferdegeschirre.

In den 50er-Jahren machte dann Rainer Schenk seine Lehre und absolvierte gleich zwei Meisterausbildungen: in der Autosattlerei und als Raumausstatter. 1968 übernahm der Junior dann auch die Firma des Vaters. Unter seiner Regie wurde sie Skoda-Vertragswerkstatt für die Innenaustattung. Nach der Wende gab es den großen Einbruch. Ostautos waren nicht mehr gefragt, Oldtimer schon gar nicht. Alle wollten schicke Westautos. „Wir haben uns in dieser Zeit auf Fußbodenarbeiten spezialisiert.“

Werbung musste Rainer Schenk keine machen

Rainer Schenk setzte sich noch mal hinter die Schulbank und machte seinen dritten Meister – als Parkettleger. 2005 kehrte der Betrieb wieder zu seiner ursprünglichen Beschäftigung zurück: der Autosattlerei. „Da zog das Geschäft wieder an. Bis heute hat das stetig zugenommen.“ Werbung musste Rainer Schenk keine machen. „Es gab noch viele Kontakte aus der Zeit als Skoda-Werkstatt.

Als sich herumsprach, dass es uns wieder gibt, erhielten wir schon Aufträge.“ So geht das bis heute. In diesem Jahr bekam Rainer Schenk schließlich seinen vierten Meisterbrief verliehen, den Goldenen für seine langjährige berufliche Tätigkeit. Einen Firmenchef mit gleich vier Meistertiteln dürfte es so schnell nicht wieder geben. Als ob das nicht ungewöhnlich genug ist. Die Firma hat eine weitere Besonderheit zu bieten. Der erste Lehrling, den Rainer Schenk in seiner Firma ausgebildet hat, arbeitet noch immer in dem Unternehmen. Seit 45 Jahren steht Joachim Kroh an der Seite von Rainer Schenk.