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Der Vorväter Sprache und Glauben bewahren

Der sorbische katholische Wittichenauer Verein Bratrowstwo engagiert sich für Traditionspflege und Fortschritt.

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Mit dem Jahresfest in Saalau startete der sorbische katholische Verein Bratrowstwo (Brüderlichkeit) in der Katholischen Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt Wittichenau ins Jahr 2019.
Mit dem Jahresfest in Saalau startete der sorbische katholische Verein Bratrowstwo (Brüderlichkeit) in der Katholischen Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt Wittichenau ins Jahr 2019. © Foto: Rafael Ledschbor

Von Andreas Kirschke

Mit dem traditionellen Familienfest startete der sorbische Verein Bratrowstwo (Brüderlichkeit) in der Katholischen Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt Wittichenau ins Jahr 2019. In ihrer Begrüßung verwies die Vorsitzende Sonja Rehor auf die Geschichte des Vereins seit 1897, der vor 25 Jahren wiederbelebt wurde. Über Vorhaben, Ziele und das Leitmotiv des Vereins sprachen wir mit ihr.

Frau Rehor – welche Tradition hat das Familienfest?

Unser Jahresfest eröffnet traditionell den Veranstaltungskalender des Vereins.

Worum ging es beim Jahresfest?

Dieses Jahr ging ich auf die lange Geschichte unseres Vereins ein. Er entstand 1898 und wurde Ende 1938 als einer der letzten sorbischen Vereine von den Nazis verboten. 1994 kam es zur Wiedergründung. Daran erinnerte ich zum Jahresfest. Unser Chor Bratrowstwo erfreute uns mit seinen Liedern. Einige Mitglieder zeigten das Schatten-Theater-Stück „Kokoska a honacik“ (Hühnchen und Hähnchen). Dank vieler fleißiger Unterstützer gab es selbst gebackenen Kuchen, dazu gesellige Spiele, ein gutes Skatblatt und gemeinsames Singen bei Bier und Wein. Insgesamt war es ein sehr gelungener, offener, herzlicher Nachmittag für alle Generationen.

Leitmotiv des Vereins ist „Z modlitwu sej zachowajmy nasich wotcow rec a weru“ (Lasst uns mit Gebet bewahren unserer Vorväter Sprache und Glauben). Wie pflegt es der Verein im Alltag?

Wir pflegen es, indem wir verschiedene Formen des Gebetes in den Familien und im Verein leben und pflegen. Beispielgebend ist unser Chor. Regelmäßig begleitet er die Gottesdienste, Andachten und Prozessionen in unserer Pfarrgemeinde. Ein besonderer Höhepunkt wird in diesem Jahr die Priesterweihe von Peter Mroß am Pfingstsonnabend in Dresden und seine Primiz (der erste eigenständig gefeierte Gottesdienst) am Pfingstsonntag in Wittichenau sein. Auch dabei wird unser Chor Bratrowstwo mit vor Ort sein.

Worin liegt die Aufgabe des Chors?

Seine primäre Aufgabe liegt in der Ausgestaltung von Gottesdiensten und kirchlichen Veranstaltungen. Papst Franziskus bezeichnete die geistliche Chormusik als eine Form des Gebets und würdigte sie als Ausdruck der Volksfrömmigkeit. In diesem Sinne sieht der Chor seinen liturgischen Gesang als Gebet.

Welche Vorhaben plant der Chor 2019?

Unser Chorjahr orientiert sich am Kirchenjahr. Es beginnt am ersten Advent. Etwa zwölf Mal im Jahr werden Gottesdienste mit Chorgesang umrahmt. Höhepunkte sind in diesem Jahr die Gestaltung des sorbischen Wallfahrtsgottesdienstes am Pfingstmontag in Rosenthal sowie eines aus Wittichenau übertragenen MDR-Rundfunk-Gottesdienstes. Weiterhin gibt es jährlich vier bis sechs Auftritte zu außerkirchlichen Veranstaltungen. Während im vorigen Jahr ein Herbstkonzert in Panschwitz-Kuckau gestaltet wurde, sind in diesem Jahr Auftritte zur Senioren-Adventsfeier sowie zum Wittichenauer Adventsmarkt geplant.

Seit wann besteht der Bratrowstwo-Chor?

Schon vor der Wiedergründung des Vereins Bratrowstwo bestand der Chor. Er wurde 1986 durch den damaligen Wittichenauer Kaplan Michal Nawka als sorbischer Kirchenchor mit jungen Sängern, die Freude am Singen hatten, wieder ins Leben gerufen. Derzeit besteht der gemischte Chor unter Leitung des ehrenamtlichen Dirigenten Frank Zschorlich aus 29 Sängerinnen und Sängern im Alter von 16 bis 70 Jahren. Alle kommen aus der Pfarrgemeinde Wittichenau.

Eine feste Säule im Verein ist auch die Theatergruppe. Was nimmt sie sich dieses Jahr vor?

Intensiv probt sie den Schwank „Namrewstwa dla zawrjene“ (Wegen Erbschaft geschlossen). Premiere ist am 4. Januar 2020 geplant. Im Stück geht es um den verschwundenen Besitzer einer Dorfschänke. Seine Schwestern wollen sich dessen Erbe aufteilen. Doch unverhofft taucht er wieder auf. Die Handlung steckt voller Pointen, Verwicklungen und Überraschungen. Als künstlerischer Leiter unterstützt uns Merko Brankack, Berufsschauspieler am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen. Dafür sind wir sehr dankbar. Unterstützung kommt ebenfalls von der Stiftung für das sorbische Volk. Dank ihrer Förderung können wir Kostüme und Requisiten gestalten. Zum ersten Mal planen wir ein Probelager in Bautzen, wo wir intensiv üben und das Gelernte festigen wollen.

Was plant der Verein Bratrowstwo sonst für 2019?

Im Frühjahr laden wir die Familien zum Fahrrad-Ausflug in die Umgebung ein. Im Sommer soll eine Wanderung in die Sächsische Schweiz mit Bergsteiger Achim Mietsch aus Sollschwitz folgen. Nach Möglichkeit wollen wir auch eine Fahrt ins Kloster Neuzelle organisieren. Dabei soll es um die Geschichte und um das heutige geistliche Leben vor Ort gehen.

Seit Jahren engagiert sich der Verein mit für die Trachtenpflege ...

Für uns ist das Bewahrung der Tradition und Herzenssache. Im vorigen Jahr haben wir gemeinsam mit der Sorbischen Kindertagesstätte „Dom palcikow“ (Haus der Zwerge) in Trägerschaft des Christlich-Sozialen Bildungswerks Sachsen e. V. in Sollschwitz einen Nachmittag für junge interessierte Frauen gestaltet. Sie konnten das Ankleiden der Tracht erlernen. Dies wollen wir in diesem Jahr weiterführen. Erfahrene Ankleidefrauen unterstützen uns dabei. Sie geben ihr Wissen gern weiter. Besonders anspruchsvoll ist das Ankleiden der Brautjungfer (Druzka). Es braucht viel Zeit, Sorgfalt und Geduld dafür.

Wie steht es um die Mitglieder-Entwicklung im Verein?

Insgesamt gehören 154 Mitglieder zum Verein. Diese Zahl ist weitgehend stabil. Ungeachtet dessen freuen wir uns über jeden engagierten, neuen Mitstreiter.

Was wünschen und erhoffen Sie für den Verein 2019?

Zuallererst wünsche ich mir feste Gesundheit für alle Mitglieder. Jeder, der Freude am Organisieren und Unterstützen hat, kann sich bei uns einbringen. Nur auf viele Schultern verteilt lassen sich unsere Vorhaben und Ziele erreichen. In diesem Sinne bleiben wir unserem Leitmotiv weiter treu.

Herzlichen Dank für das Gespräch.