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Deutschlands Rassegeflügel-Boss

Christoph Günzel aus Reichenbach betreut 160 000 Mitglieder bundesweit. Das Büro zieht nun von Offenbach her.

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© René Plaul

Von Ina Förster

Reichenbach. Japanische Zwerghühner stolzieren in ihrem wunderschönen Schwarz-Weiß hinterm Haus umher. Ein paar Eier haben sie heute schon gelegt. Die Familie und die Nachbarn in Reichenbach freut’s. Züchter Christoph Günzel schaut nach dem Rechten, geht vorbei an den schnatternden Zwergenten. „Die wissen, dass sie was bekommen, wenn sie rufen“, schmunzelt er. Und er grüßt die großen Dominikaner-Hühner daneben. Das liebe Federvieh hat es gut beim Bundespräsidenten für Rassegeflügel. Logisch!

Steile Karriere

Der kocht allerdings nur mit Wasser, wenn er in der geliebten Heimat ist. Man muss auf dem Teppich bleiben, sagt er sich. Selbst wenn man Chef von 160 000 Züchtern deutschlandweit ist. Das sind immerhin 4 500 Vereine, 450 Kreisverbände sowie 19 Landesverbände. Für alle trägt der 63-Jährige Verantwortung. Und das schon seit ein paar Jahren. Erst vor Kurzem wurde Christoph Günzel erneut zum Bundes-Chef aller Rassegeflügelzüchter gewählt. Erfahrung hatte er da schon. Seit 1984 ist er Preisrichter, war von 1987 bis 2007 Kreisvorsitzender des Rassegeflügelverbandes, stieg zwischendurch 2005 parallel zum Landespräsidenten auf. Dann folgte 2007 die Wahl ins Bundespräsidium. Fünf Jahre später wurde er Vizepräsident, anschließend Bundes-Chef. Eine glänzende Karriere hat er hingelegt, könnte man also sagen. Allerdings alles auf Ehrenamtsbasis. Zeit, Zeit und nochmals Zeit ist das, was der Haselbachtaler braucht. „Meine Familie unterstützt mich, das ist das Wichtigste“, sagt Christoph Günzel. Das fängt beim Füttern der eigenen Tiere an. Und endet beim Kofferpacken und Brötchenschmieren für die nächste längere Tour. Denn unterwegs ist er viel. Quer durch Deutschland geht es vor allem an den Wochenenden zu Ausstellungseröffnungen, Schauen, Messen, Auszeichnungsveranstaltungen, Seminaren oder Tagungen. Auch Ämter und Ministerien wollen besucht sein. Rund 140 Termine seien das „ja nur“ im Jahr, lacht der 63-Jährige. In der Saison von Oktober bis Ende Januar sei es besonders heftig. Es wäre ja alles nicht so besonders, wenn Christoph Günzel ganz nebenbei nicht noch anderes zu tun hätte.

Aber er ist eben auch Geschäftsführer einer großen Baufirma im Haselbachtal, der UBK Tiefbau und Transport GmbH. Das Team fordert seinen Chef ebenso heraus. Kennt jedoch seine Leidenschaft für die gefiederten Freunde. Die ergriff den gebürtigen Oberlichtenauer übrigens bereits mit zarten 13 Jahren. Da gab es Mitte der Sechzigerjahre im Ort eine starke Jugendgruppe für Rassegeflügel. Das Ganze lief über den VKSK (Verband der Kleingärtner und Kleintierzüchter). „Mich hat dann schnell die Liebe zu den Hühnern gepackt. Von Anfang an wollte ich die japanischen Zwerghühner. Großvater und Eltern haben mich beim Hobby unterstützt“, erzählt er. Noch heute verbindet ihn eine Freundschaft mit einem der damaligen Zucht-Kumpels.

Büro zieht um

Das ist sowieso eine Sache, die den Haselbachtaler zur Stange halten lässt: Die entstandenen Freundschaften über so viele Jahre. Es geht bei seinem Hobby ja schließlich nicht nur um Bewertungen und Siege, um Ausstellungen und Schauen, um Medaillen und Statistiken – die Menschen hinter dem Geflügel interessieren Christoph Günzel schon immer. Im lokalen Kleintierzuchtverein Reichenbach ist er ebenso zu Gange wie im Bundesverband. „Wenn ich alle Vereine aufzählen müsste, in denen ich mittlerweile Mitglied oder Ehrenmitglied bin, würde das zu lange dauern“, meint er. Deshalb musste nun auch eine Verbesserung der Terminlage her. Die Bundes-Geschäftsstelle befand sich nämlich bis dato in Offenbach in Hessen. Zwischen dort und dem Haselbachtal pendelte Günzel noch 14-tägig. „Das Büro zieht nun aber endlich nach Reichenbach um. Am Dorfplatz haben wir passende Räumlichkeiten gefunden und in der alten Schule kommt unsere Versandstelle unter“, erzählt er.

Letztere braucht man, um die 160 000 Verbandsmitglieder mit Jahresbroschüren, Zuchtbüchern, Gesetzlichkeiten und anderem Info-Material zu versorgen. Dafür wird ab 1. September extra eine 450-Euro-Arbeitskraft eingestellt. „Wir haben in den letzten Monaten tiefgreifende Einschnitte in bisherige Büroabläufe vorgenommen und einige Arbeiten extern ausgelagert. Das hat zu guten Einsparungen für den Verband geführt. Denn auch wir brauchen Rücklagen, wenn es mal wieder größere Probleme geben sollte, wie 2006 die Geflügelpest“, sagt er. Solche Krankheiten bedeuten Einschnitte auf allen Gebieten. Der Verband finanziert sich größtenteils über den Ringverkauf. Drei Millionen Zuchtringe werden jährlich bundesweit verschickt. „Es ist sowieso Bewegung in der Rassegeflügelzucht, das Interesse an großen Hühnern hat beispielsweise zugenommen. Der Trend geht in Richtung Eigenversorgung. Gut für uns“, meint der Bundes-Chef.