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Diagnose per Bildschirm

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat von Dresden aus die Behandlung eines Schlaganfall-Patienten in Zittau beobachtet.

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© SZ Thomas Eichler

Von Mario Heinke

Sigmund Lehmann aus Zittau wird im Krankenbett liegend in die Schlaganfallstation der Zittauer Notaufnahme geschoben. Es dauert nicht lange bis alle Schläuche und Leitungen an seinem Körper angeschlossen sind: Blutdruckmesser, Elektrokardiogramm und ein Gerät zur Überwachung der Sauerstoffsättigung überwachen jetzt die Vitalfunktionen des Mannes, der einen Schlaganfall erlitten hat. Oberarzt Dr. Wolfgang Müller, der Leiter der Notfallaufnahme und Oberarzt Dr. Matthias Uhlig sind soweit. Sie schauen auf den Monitor über dem eine kleine Kamera angebracht ist. Die Internetverbindung nach Dresden steht, alle Daten des Patienten und erste Befunde liegen nun in Dresden vor. Auf der anderen Seite der Leitung steht Dr. Ulf Bodechtel im Dresdner Universitäts-Schlaganfall Centrum. Er ist anders als seine Zittauer Kollegen – die Internisten sind – ein Neurologe und speziell für die Erstbehandlung von Schlaganfällen ausgebildet. Nach einer kurzen Begrüßung beginnt Bodechtel sogleich das Gespräch mit dem Patienten. „Bitte heben sie einmal die Arme an“, lautet die erste Anweisung, die aus dem Lautsprecher kommt. Der Patient sieht Dr. Bodechtel auf dem Bildschirm und versucht seiner Anweisung zu folgen. Er schafft es nicht die Arme anzuheben. Für den Neurologen ist das ein erster Baustein für die Beurteilung der Motorik des Patienten. Für eine umfassende Diagnose kann der Mediziner auch auf Laborbefunde oder Bilder aus den Computer- oder Kernspintomografen zugreifen, die per Mobilfunk übermittelt werden. So können die Mediziner schnell Medikamente einsetzen, die Blutgerinnsel im Gehirn auflösen.

Die Behandlung von Sigmund Lehmann am Dienstagnachmittag war nur eine Simulation für das Publikum, denn Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) informierte sich im Dresdner Universitäts-Schlaganfall Centrum über die Möglichkeiten und Erfahrungen mit der Telemedizin. Um die Arbeit mit dem seit 2007 arbeitenden Schlaganfall-Ostsachsen-Netzwerk (SOS-Net) zu demonstrieren, wählten die Dresdner Mediziner eine Verbindung nach Zittau, weil die Stadt am weitesten entfernt ist. Das SOS-Net ermöglicht 18 angeschlossenen Partnerkrankenhäusern in Ostsachsen via Telemedizin auf die Kompetenzen der Schlaganfallspezialisten zurückzugreifen. In Dresden ist dafür ein Mediziner der Klinik sieben Tage in der Woche und 24 Stunden am Tag erreichbar. Gemeinsam mit den Spezialisten können die Ärzte in den angeschlossenen Krankenhäusern so eine optimale Versorgung der Patienten absichern, ohne die Patienten erst über weite Strecken transportieren zu müssen. Schlaganfälle müssen so schnell wie möglich behandelt werden, um Schädigungen des Gehirns so gering wie möglich zu halten. „Zeit ist Hirn“ sagt Dr. Uhlig. Rund 100 Mal im Jahr nutzen die Notfallmediziner in Zittau die Möglichkeiten des SOS-Net. „Die Bewertung durch einen Nervenarzt hilft uns, denn die Kollegen sind speziell für die Schlaganfallbehandlung und Auswertung der CT ausgebildet“, erklärt Uhlig. Mit dem SOS-Net entscheidet nun nicht mehr der Ort, an dem der Patient einen Schlaganfall erleidet über die Qualität der Behandlung. Das Netzwerk stellt sicher, dass jeder Patient wohnortnah auf dem Niveau der Maximalversorgung behandelt werden kann. Es trägt das universitäre Hochleistungsniveau in ländliche Regionen und kann natürlich auch die Kosten der Gesundheitsversorgung senken.