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Die Dekorateure von Oskarshausen

Bianka Lohse und Julia Mai machen in Freital aus altem Kram neue Hingucker. Wie kommen sie auf ihre Ideen?

Von Annett Heyse
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Bianka Lohse (links) und Julia Mai sind im Oskarshausen für die Hingucker zuständig. Die beiden Frauen haben jeden Tag neue Ideen, um Wände und Decken mit alten, aber aufgemotzten Gebrauchsgegenständen zu dekorieren.
Bianka Lohse (links) und Julia Mai sind im Oskarshausen für die Hingucker zuständig. Die beiden Frauen haben jeden Tag neue Ideen, um Wände und Decken mit alten, aber aufgemotzten Gebrauchsgegenständen zu dekorieren. © Andreas Weihs

In einer alten Kiste liegen Dutzende Zöllstöcke. Viele Exemplare sind abgegriffen, die Gelenke teils angerostet. Kein Problem für Julia Mai und ihre Kollegin Bianka Lohse. Die beiden Frauen sind in Oskarshausen für die Dekoration zuständig. Alte Sachen, aus denen Neues entstehen soll, sind ihre Spezialität.

Bianka Lohse klappt einen Zollstock auf und dreht die einzelnen Glieder so, dass daraus ein fünfzackiger Stern entsteht. „Ist ja bald Weihnachten, da müssen wir uns etwas einfallen lassen“, begründet sie. Kreativität ist ihr Geschäft. Die Freitaler Entdeckerwelt von Oskarshausen ist nicht nur eine Spielelandschaft mit Shoppingangebot. Sie ist auch ein Paradebeispiel für einen Trend, der Upcycling genannt wird. Im Gegensatz zum Recycling werden dabei gebrauchte Gegenstände und Materialien nicht geschreddert oder eingeschmolzen, sondern aufgehübscht und neu verbaut.

Julia Mai führt ins Restaurant und zeigt auf den Schriftzug über der Ausgabetheke, hinter der ein Koch gerade Crepes bäckt. „Spachtelwerkstatt“ steht in großen Buchstaben über der Küchenzeile. Jeder einzelne Buchstabe ist aus alten Werkzeugen – zum Beispiel Wasserwaagen, Winkeln, Sägeblättern – zusammengesetzt. Ein paar Meter weiter über einem Gang hängen zu Lampenschirmen umgewidmete Waschmaschinentrommeln.

In der Bildergalerie gibt es ein paar schöne Beispiele zu sehen:

Alte Gießkannen und Eimer aus Zink, dazu ein paar Laternen und viel Glitzersterne – fertig ist eine der Dekos, die unter der Decke baumeln. Die Zutaten wurden teilweise gespendet. Auf einen Aufruf im Internet hin meldeten sich viele Freitaler, die noch alten Kram loswerden wollten. Auf der Facebook-Seite von Oskarshausen war Mitte Oktober die „Stuhl-Challenge“ der meistgeklickte Beitrag: Innerhalb weniger Tage wurden mehr als 100 Holzstühle abgegeben. (Fotos: Andreas Weihs)
Alte Gießkannen und Eimer aus Zink, dazu ein paar Laternen und viel Glitzersterne – fertig ist eine der Dekos, die unter der Decke baumeln. Die Zutaten wurden teilweise gespendet. Auf einen Aufruf im Internet hin meldeten sich viele Freitaler, die noch alten Kram loswerden wollten. Auf der Facebook-Seite von Oskarshausen war Mitte Oktober die „Stuhl-Challenge“ der meistgeklickte Beitrag: Innerhalb weniger Tage wurden mehr als 100 Holzstühle abgegeben. (Fotos: Andreas Weihs)
Küchengeräte, Werkzeuge und Bilderrahmen wurden auf Flohmärkten in Dresden und Leipzig zusammengesucht. Über dem Restaurant „Spachtelwerkstatt“ haben sie einen neuen Platz gefunden. Anderswo werden Kaffeemühlen, Bügeleisen oder Emaillegeschirr zum Wandschmuck. „Nichts ist unbrauchbar“, ist das Motto der Dekorateure. Wie das funktioniert, kann jeder selbst sehen. Und vielleicht ergibt sich dabei eine Idee für die eigenen vier Wände.
Küchengeräte, Werkzeuge und Bilderrahmen wurden auf Flohmärkten in Dresden und Leipzig zusammengesucht. Über dem Restaurant „Spachtelwerkstatt“ haben sie einen neuen Platz gefunden. Anderswo werden Kaffeemühlen, Bügeleisen oder Emaillegeschirr zum Wandschmuck. „Nichts ist unbrauchbar“, ist das Motto der Dekorateure. Wie das funktioniert, kann jeder selbst sehen. Und vielleicht ergibt sich dabei eine Idee für die eigenen vier Wände.
Ein ausrangierter Kleiderschrank wurde von den Oskarshausenern kurzerhand zu einer gemütlichen Sitznische umgebaut. Dafür wurden zunächst die Türen entfernt, dann das Holz aufgearbeitet. Aus Brettern, die anderswo abgefallen waren, wurde zudem eine rustikale Sitzbank getischlert und im Kleiderschrank montiert. Dunkelblaue Sitzkissen und dicke Taue geben ihm jetzt ein maritimes Flair. Daneben wirken sogar ein paar alte Sessel aus den Sechzigern wieder fesch.
Ein ausrangierter Kleiderschrank wurde von den Oskarshausenern kurzerhand zu einer gemütlichen Sitznische umgebaut. Dafür wurden zunächst die Türen entfernt, dann das Holz aufgearbeitet. Aus Brettern, die anderswo abgefallen waren, wurde zudem eine rustikale Sitzbank getischlert und im Kleiderschrank montiert. Dunkelblaue Sitzkissen und dicke Taue geben ihm jetzt ein maritimes Flair. Daneben wirken sogar ein paar alte Sessel aus den Sechzigern wieder fesch.
Luxus war gestern, jetzt wird es technisch: Im Toilettenraum dienen ehemalige Ölfässer als Zierrat, das Wasser kommt aus blanken Kupferrohren, auf denen Armaturen stecken. Jeder Klempner dürfte begeistert sein. Und wer noch mal sein Äußeres überprüfen möchte, kann dafür in einen der alten Autospiegel über den Waschbecken schauen. Die Damentoilette ist übrigens ganz ähnlich ausgestattet – nur die Spiegel sind hier deutlich größer.
Luxus war gestern, jetzt wird es technisch: Im Toilettenraum dienen ehemalige Ölfässer als Zierrat, das Wasser kommt aus blanken Kupferrohren, auf denen Armaturen stecken. Jeder Klempner dürfte begeistert sein. Und wer noch mal sein Äußeres überprüfen möchte, kann dafür in einen der alten Autospiegel über den Waschbecken schauen. Die Damentoilette ist übrigens ganz ähnlich ausgestattet – nur die Spiegel sind hier deutlich größer.
Dieser Baum wurde aus Holzleisten und Brettern gefertigt und steht im vorderen Hallenteil zwischen den Tischen des Restaurants. Die Idee dafür kam vom Innenarchitekten. Noch ist der Baum herbstlich geschmückt, in wenigen Tagen wird er mit Lichterketten und anderen weihnachtlichen Motiven verziert. Kleiner Typ von den Dekorateuren für zu Hause: Bäume sind äußerst wandelbarer Innenraumschmuck. Sie müssen ja nicht unbedingt immer so groß sein.
Dieser Baum wurde aus Holzleisten und Brettern gefertigt und steht im vorderen Hallenteil zwischen den Tischen des Restaurants. Die Idee dafür kam vom Innenarchitekten. Noch ist der Baum herbstlich geschmückt, in wenigen Tagen wird er mit Lichterketten und anderen weihnachtlichen Motiven verziert. Kleiner Typ von den Dekorateuren für zu Hause: Bäume sind äußerst wandelbarer Innenraumschmuck. Sie müssen ja nicht unbedingt immer so groß sein.
Vom Bauern ausrangiert, dient dieser riesige Heuwagen nun zur Warenpräsentation. Außerdem ist auf dem Fuhrwerk noch genügend Platz für alte Stühle und ein Spielhaus. Das Thema Holz steht aus einem bestimmten Grund im Mittelpunkt: Ein Vorfahre des Investors wuchs in Rabenau auf, wurde Tischler und gründete später einen Stuhlbaubetrieb im erzgebirgischen Neuhausen. Alte Stühle, Möbel und altes Werkzeug finden sich im Oskarshausen daher überall.
Vom Bauern ausrangiert, dient dieser riesige Heuwagen nun zur Warenpräsentation. Außerdem ist auf dem Fuhrwerk noch genügend Platz für alte Stühle und ein Spielhaus. Das Thema Holz steht aus einem bestimmten Grund im Mittelpunkt: Ein Vorfahre des Investors wuchs in Rabenau auf, wurde Tischler und gründete später einen Stuhlbaubetrieb im erzgebirgischen Neuhausen. Alte Stühle, Möbel und altes Werkzeug finden sich im Oskarshausen daher überall.

Wie kommt man auf solche Ideen? Julia Mai zuckt mit den Schultern, als wäre Kreativität ein Handwerk, das man lernen könnte. „Wir haben ein Lager, schauen uns da um, stellen uns Dinge zusammen.“ Märchen, Geschichten und viel Fantasie führen dann zu den Dekorationsideen. Mai, 25 Jahre alt, hat Schauwerbegestalterin gelernt. Ihre Kollegin Lohse ist von Haus aus Porzellanmalerin und hat zuletzt als Dekorateurin in einem Möbelhaus gearbeitet. Als sie von Oskarshausen hörten, bewarben sie sich und können nun die verrücktesten Ideen umsetzen. Die entstehen im Team, in Besprechungen oder auch mal zu Hause, spätabends, kurz vorm Einschlafen.

So wurden alte Holzschränke zu Sitznischen umgebaut. Oder deutlich benutzte Farbeimer unter die Decke gehängt. Mitten in der Halle hängt eine ganze Galerie alter Stofflampenschirme, wie sie früher Wohnzimmer schmückten. „Viele Besucher erinnern sich an das eine oder andere Modell sogar noch“, berichtet Julia Mai. Sie zog den ganzen Sommer über Flohmärkte, oft in Dresden und Leipzig. Ausgestattet mit einem Budget, erwarb sie alte Emailletöpfe und Küchengeräte, Bücherregale und Stühle, Gießkannen und Gartenwerkzeug, Besteck aus Uromas Zeiten und alte Kaffeemühlen. „Manche Verkäufer waren froh, das Zeug endlich los zu sein“, erzählt Mai. Im Oskarshausen kommt es gerade recht.

Die beiden Dekorateurinnen sind nicht nur für die Ideen zuständig, sondern auch für die Umsetzung. Sie nehmen Bohrer und Akkuschrauber in die Hand, klettern auf Leitern und tüfteln, bis alles sitzt. „Dabei kann man die Gedanken schweifen lassen, und oft entstehen dabei neue Ideen“, berichtet Bianka Lohse. Was sie alles noch in Petto haben, verraten die beiden nicht. Nur so viel: Im Lager liegt noch mehr alter Kram. Lohse: „Wir sind längst nicht fertig.“