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Die Freiheit am Pinsel

Suzanne Gahr macht ihr Hobby zum Beruf und lässt Dresdner in ihrem Atelier nach Herzenslust malen – ganz ohne Vorgaben.

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Von Nora Domschke

Ihr neues Atelier in der Strehlener Villa ist lichtdurchflutet. An den Wänden hängen raumhohe Papierbahnen, in der Mitte steht ein Brett mit vielen kleinen Farbtöpfchen – sonst nichts. Hier lässt Suzanne Gahr ihre Kursteilnehmer einfach nur malen. „Bei mir wird nicht vorgezeichnet oder nachgemalt“, sagt die 45-Jährige mit ruhiger Stimme. Es geht um das Spiel mit Farben und Formen, es geht um Bewegung vor den großen Papierwänden, es geht vor allem um Freiheit.

Die kleinen und großen Maler sind frei von Vorgaben, sie wählen ihre Motive selbst, lassen ihrer Fantasie freien Lauf. Hinter Suzanne Gahrs Atelier „mal-spiel“ in der Wiener Straße 82 steht ein einfaches Konzept, das von dem bekannten Künstler Arno Stern entwickelt wurde. Der heute 90-Jährige floh 1933 mit seiner jüdischen Familie nach Frankreich, kümmerte sich in Paris nach dem Krieg um Waisenkinder. Um sie zu beschäftigen, drückte er ihnen einfach Pinsel und Farbe in die Hand. Weil der Platz für 150 Kinder auf den Tischen nicht ausreichte, befestigte Stern große Blätter an den Wänden und entdeckte dabei Erstaunliches. „Er hat festgestellt, dass alle Kinder ähnliche Formen zu Papier brachten“, erklärt Suzanne Gahr. Seine Forschungen in den 60er-Jahren bei Naturvölkern bestätigten es: Alle Menschen – unabhängig von Kultur und Herkunft – malen dieselben symbolischen Urformen. „Typisch für die ersten Malversuche kleiner Kinder sind zum Beispiel Leiterfiguren oder Sonnen.“ Erwachsene würden eher organische Formen wie rankende Pflanzen malen. Voraussetzung: Es gibt keinerlei Anleitung, Druck oder Bewertung.

Suzanne Gahr besuchte Arno Stern in diesem Jahr in seinem Atelier in Paris, ließ sich von ihm in das Malspiel einführen und ist noch immer spürbar begeistert von dem Künstler. „Wie bei ihm soll auch mein Atelier ein geschützter Ort für die Maler sein.“ Kürzlich startete die studierte Betriebswirtschaftlerin ihre ersten Kurse, die sich sowohl an Kinder ab vier Jahren als auch an Erwachsene richten. Damit hat sich die Dresdnerin, die seit 2008 freischaffende Künstlerin ist, einen lang gehegten Traum erfüllt, malt in ihrem Atelier selbst großformatige Bilder in Öl, die sie ausstellt und verkauft. Nun hofft die zweifache Mutter, dass die Dresdner ihre Kurse besuchen.

www.mal-spiel.com