Von Susanne Sodan
Bernstadt. Oben zieht sich die Staatsstraße von Bernstadt nach Kemnitz. Unten im Tal zwischen den beiden Orten liegt das Waldbad. Auf der schmalen Straße nach unten kann man zwischen den Bäumen hindurch einen Blick auf das blaue Schwimmbecken erhaschen. Die Sonne knallt, selbst am Abend noch. Die letzte Familie packt ihre Sachen zusammen. Für Oliver Ernst ist der Badetag noch nicht gelaufen. Bevor er das Waldbad Bernstadt schließt, überprüft er noch die Technik. „Ich kontrolliere zum Beispiel den pH-Wert im Wasser und den Chlor-Wert“, erklärt der Badleiter. 23 Grad zeigt das Wasserthermometer, das im Becken schwimmt. Vor ein paar Stunden hat es hier noch ganz anders ausgesehen: gut gefüllt mit Badegästen. Rund 200 Leute waren zu Gast am Wochenende im Bernstädter Waldbad. Aber wer auch immer am Sonnabend als Erster in Wasser gestiegen oder auch gesprungen sein mag – der Allererste war er nicht.
Der Allererste kommt spät. Als die anderen Gäste am Sonnabend schon weg sind, als Oliver Ernst mit seiner Kontroll- und Reinigungsrunde fast schon durch ist, tritt er durch das Tor. Vor einer reichlichen Woche, als im Wasser wie auch draußen 20 Grad herrschten, war er auch schon da. Und vor zwei Wochen, als das Bad eröffnet hat, war er ebenfalls schon da. Am ersten Saisontag, am 15. Mai, hat er seine Jahreskarte gekauft – und ab ins Becken, Bahnen ziehen. 17 Grad hatte das Wasser an dem Tag, weiß Oliver Ernst. „16 Grad Wassertemperatur sollten sein, darunter gehe ich nicht rein“, erzählt Horst Brüchner. „Da habe ich meine Prinzipien.“ Ansonsten aber, wenn das Wetter auch nur halbwegs stimmt, kommt er täglich, um seine Bahnen zu ziehen. „30 sind eigentlich das Minimum“, erzählt er.
Dabei geht Ronald Brüchner noch nicht lange regelmäßig schwimmen, 2015 war seine erste Saison als Dauerbadegast im Bernstädter Waldbad. Damals war er an 103 Tagen schwimmen, vergangenes Jahr an 97. „Ich kann nicht sagen, warum ich früher nicht öfter da war, ich weiß es nicht.“ Vielleicht hat die neue Liebe zum Schwimmen auch etwas mit dem Rentnerdasein zu tun, vermutet er. „Die Angst, der Bauch könnte wachsen“, sagt er und lacht. „Ich hätte mich auch fürs Laufen oder Radfahren entscheiden können. Aber Wasser war immer schon mehr mein Element.“ Weit hat er es jedenfalls nicht bis zum Bad. Er wohnt in Kemnitz, deshalb weiß er auch immer genau, wann Oliver Ernst die Pforten öffnet.
Schwimmvergnügen in vielen Orten
Auch andere waren an den kälteren Maitagen schon im Wasser. Oliver Ernst selber natürlich. Sein Vater, Reinhard Ernst, auch. Reinhard Ernst hat das Waldbad 48 Jahre lang geleitet. Vor fünf Jahren ist der Schwimmmeister in Rente gegangen und hat die Badleitung an seinen Sohn übergeben. Manchmal aber ist er noch da, zur Aushilfe. Und, um schwimmen zu gehen. Bei 20 Grad Wassertemperatur war er zum ersten Mal drin. „War schön“, erzählt er. Die meisten der Dauergäste kennt er noch gut aus seiner Zeit als Badleiter, zum Beispiel auch den ältesten regelmäßigen Badegast: ein 88-jähriger Görlitzer, der mehrfach pro Woche ins Waldbad kommt. Unsere Gesundschwimmer, so nennt Reinhard Ernst Gäste wie ihn oder auch Ronald Brüchner. „Das sind Leute, die einfach regelmäßig etwas für ihre Gesundheit tun wollen und sich vom Wetter nicht so beeinflussen lassen.“
Bis zu 400 Gäste habe das Waldbad an sehr guten Tagen, erzählt Oliver Ernst. Dafür aber brauche es vorab bereits ein paar hochsommerliche Tage. Am Dienstag soll allerdings erstmal Regen kommen, die Temperatur dann wieder sinken. Mit den Gesundschwimmern aber kann Oliver Ernst in diesen Tagen wohl trotzdem rechnen. Bis zum nächsten Hochbetrieb aber bleibt noch Zeit für ein paar Arbeiten an den Anlagen. Die vielen hölzernen Blumenkästen auf dem Gelände sind noch leer. Die Bepflanzung soll am heutigen Dienstag kommen, sagt Oliver Ernst. Damit hatte sich das Bad dieses Jahr Zeit gelassen, wegen der teils noch sehr kühlen Nächte bis in den Mai hinein. Was auch noch dringend gebraucht wird: die zweite Pumpe, um das Wasser umzuwälzen. Der Frost im Winter hat dafür gesorgt, dass eine der beiden Pumpen ausgefallen ist. Mit nur einer Pumpe, konnte das Bad zwar in die Saison starten, die zweite wird aber dringend benötigt. Sie ist derzeit zur Reparatur. Bleibt noch die Frage zu klären: Was passiert mit der Wiese hinter dem kleinen Kinderbecken? Die Tischtennisplatten, die dort bis vor Kurzem standen, sind weg. 2012 wurden sie durch das Hochwasser unterspült, die Stadt hat sie jetzt entfernen lassen. Oliver Ernsts Wunsch wäre ein Soccerfeld für Jugendliche. Noch ist das aber Zukunftsmusik.
Öffnungszeiten: Von Mai bis September, 10 bis 20 Uhr, verkürzte Öffnungszeiten bei schlechtem Wetter