Von Peter Anderson
Die neue Religions-Studie der Bertelsmann-Stiftung brachte Überraschendes zutage. 70 Prozent der Deutschen werden darin als religiös eingestuft. Die Studie bescheinigt Deutschland eine „sehr bunte Vielfalt an religiösen Einstellungen, Bindungen und Identitäten“.
Im Kirchenbezirk Meißen zählt das offenbar schon länger zum Allgemeingut. Seit Jahren arbeiten Gemeinden, Pfarrer und Superintendent daran, ihre Kirchen der neuen Interessenvielfalt anzupassen. Einer der Vorreiter ist die Meißner Sankt-Afra-Gemeinde. Mit der Luther-Kirche, der Frauenkirche und der Afra-Kirche muss die Gemeinde drei große, teilweise aus dem hohen Mittelalter stammende Immobilien pflegen.
Damit die Gotteshäuser nicht zu glaubensleeren Hüllen verkommen, sind pfiffige Ideen gefragt. Als Leitfaden steht dahinter, für jedes Gebäude eine spezielle Nutzung zu entwickeln. Der Hauptkirche am Markt bleiben demnach die großen Gottesdienste vorbehalten. Sie soll für Taufen, Hochzeiten und andere Höhepunkte den feierlichen Rahmen bilden. Gleichzeitig öffnet sich die Kirche zum Markt, dort wo das städtische Leben pulsiert. Zum Weinfest organisierte die Gemeinde eine Kinderbühne am Tuchmachertor. Zur zehnten langen Nacht las Superintendent Andreas Stempel im Turm Geschichten aus der Zeit der Fürstenschule.
In der Stadt das pralle Leben – oben auf der Freiheit Einkehr und Besinnung. Die Afra-Kirche bietet Platz für ungewöhnliche Gottesdienste. Der mittelalterliche Raum wird täglich für Morgenandachten und Abendgebete genutzt.
Zum Turmfest hoch hinaus
Aller guten Dinge sind drei: In der Lutherkirche im Triebischtal arbeitet seit über 14 Jahren das Kinder- und Jugendhaus Kaff der Stadtgemeinde. Im Kaff wird das Christentum anfassbar. Mehrere Generationen von Kindern und Jugendlichen haben hier mittlerweile eine zweite Heimat gefunden.
Das Konzept aus der Stadt ist mit Abstrichen auf das Land übertragbar. Die Gemeinden schrumpften zwar und mussten teilweise zusammengelegt werden. Trotzdem blieben selbst kleinere Ortsteile eng mit ihrer Kirche verbunden, sagt Superintendent Andreas Stempel. Ein Gottesdienst lohne nicht jeden Sonntag, aber zu besonderen Festlichkeiten nehme der Besuch zu.
Pfarrer Christoph Rechenberg in Klipphausen nutzt diesen Effekt bewusst und hat über die Jahre neue Anlässe wie das Soraer Turmfest mit Höhencafé entwickelt, um seine Kirchen zu beleben.
Anders sieht die Strategie für die Kirchen am Elberadweg aus. Eine knappe halbe Million Radler strampeln sich Jahr für Jahr auf dem Stück zwischen Torgau und Bad Schandau ab. Es müsste mit dem Teufel zugehen, sollten nicht einige von ihnen in die Kühle und Stille der Kirchen am Weg gelockt werden können. „Die Einträge in den Gästebücher zeigen, dass die offenen Kirchen angenommen werden“, sagt Superintendent Stempel.