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Die Leute müssen von selber herkommen

Das Thema "Jugend im Dorf" wurde in Uhyst schon öfters diskutiert. Dabei war immer wieder deutlich geworden: Ein Miteinander von Heim- und Dorfjugend gibt es im eigentlichen Sinne nicht. Die Jugendlichen...

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Das Thema "Jugend im Dorf" wurde in Uhyst schon öfters diskutiert. Dabei war immer wieder deutlich geworden: Ein Miteinander von Heim- und Dorfjugend gibt es im eigentlichen Sinne nicht. Die Jugendlichen aus dem "Luisenstift" und auch einige Mädchen und Jungen aus dem Ort kritisierten seinerzeit, dass "Heimer" und Jüngere im Uhyster Jugendclub nicht gern gesehen sind. Ist dem wirklich so? SZ ging dieser und weiteren Fragen im Gespräch mit Jugendclubmitgliedern nach.
Sind Heimkinder bei euch unerwünscht? Lars Oschika (23): Nein, das ist eine Unterstellung, die absolut nicht stimmt.
Annett Graf (25): Jeder kann kommen. Ich sehe aber nicht ein, wieso wir den Leuten aus dem Heim hinterher rennen sollen. Ich denke, wenn jemand hier mitmachen will, muss er von selber her kommen.
Jörg Ritter (26): Es waren ja auch Leute aus dem Heim hier, allerdings nur ein paar und nicht auf Dauer.
Woran liegt das eurer Meinung nach? Jörg Ritter: Vielleicht war das Interesse an uns ja doch nicht so groß. Außerdem leben ja im Heim normalerweise nur Leute bis 17, dann gehen sie sowieso weg.
Beate Gneuß (20) Viele Jugendliche sind heute ja sogar nur für ein paar Monate im Heim und kommen dann wieder woanders hin.
Lars Oschika: Manche hatten vielleicht auch Angst, dass sie hier auch Mal was machen müssen. Wir haben uns den Club selber aufgebaut. Wer hier mitmachen will, muss sich auch an bestimmte Regeln halten.
Welche zum Beispiel? Annett Graf: Wir haben einen Reinigungsplan und eine Kasse des Vertrauens. Und wenn etwas organisiert werden soll, müssen alle mit anpacken. Unterschiede kann es da nicht geben.
Bei einem Gespräch zwischen Heim- und Dorfkindern vor ein paar Wochen im Kinderheim, kam der Vorschlag, einen eigenen Club zu gründen . . . Jörg Ritter: Sie können das ja versuchen und ruhig mal ein Jahr lang einen Probelauf starten, dann wird man sehen, ob was Ernstes dahintersteckt.
Lars Oschika: Ich frage mich, wieso das Heim nicht mehr für die Jugendlichen, die dort wohnen, organisiert. Die Räume sind da, auch im Betreuten Wohnen nebenan.
Beate Gneuß: Die Leute aus dem Heim und dem Betreuten Wohnen verstehen sich ja nicht mal untereinander.
Die Heimleiterin hat angeboten, Kino- und Diskoabende im Heim zu veranstalten. Lars Oschika: Wieso kommt soetwas jetzt erst?
Würdet ihr denn hingehen? Annett Graf: Nein, das ist doch eher für die Jüngeren gedacht.
Stefanie Mickan (16): Ich würde auch nicht hingehen.
Marcel Meinert (15): Ich auch nicht.
Warum nicht? Stefanie Mickan: Ich bin lieber hier im Jugendclub, Ich wollte von Anfang an hier mitmachen und will auch selber was zu den Aufgaben hier beitragen.
Annett Graf: Daran sieht man auf jeden Fall, dass bei uns nicht bloß die Älteren das Sagen haben, wie von Seiten des Heimes gesagt wird.
Wie alt sind die Clubmitglieder im Schnitt? Jörg Ritter: Zwischen 15 und 27 ohne große Lücken dazwischen.
Welche Rolle spielt der Jugendclub eurer Meinung nach im Dorf? Jörg Ritter: Wir werden akzeptiert. Probleme, gerade auch mit Nachbarn, gibt's so gut wie nie.
Annett Graf: Ich würde sagen, wir peppen das Dorf ein bisschen auf.
Beate Gneuß: Veranstaltungen wie das Sommerfest gefallen jedenfalls auch den Älteren im Ort. Manche haben sich sogar bei uns ganz herzlich bedankt.
Und wie seht ihr die Rolle der Heimkinder? Beate Gneuß: Es haben schon viele Leute aus Uhyst ein Problem mit den Heimkindern.
Annett Graf: Ich kann zum Beispiel nicht verstehen, wie man als Jugendlicher zum Rauchen auf den Friedhof oder vor die Leichenhalle gehen kann. Ist doch klar, dass das gerade gläubige Leute stört.
Lars Oschika: Mich würde mal interessieren, wieso sich die Heimkinder nicht mehr im Pfarrhaus treffen können. Das hat doch auch seinen Grund.
Annett Graf: Auch wenn manche vielleicht schlimme Erfahrungen machen mussten oder sie keine Eltern mehr haben, den Jugendlichen im Heim geht es nicht schlecht, wie manchmal gesagt wird. Für die Leute wird viel gemacht, Ferienfahrten organisiert und so.
Beate Gneuß: Manche sind aber vielleicht weniger selbstständig, weil im Heim alles da ist oder organisiert wird.
Annett Graf: Es ist aber nicht so, dass wir alle über einen Kamm scheren. Es gibt dort Leute, mit denen man auskommen kann, und eben andere.
Könntet Ihr euch vorstellen, dass das Zusammenleben von Heim- und Dorfjugend irgendwann besser funktioniert? Annett Graf: Vielleicht, aber dazu müssten wir miteinander reden. Bei der Gesprächsrunde im Kinderheim waren wir nicht mal eingeladen.
Von Seiten des Heimes heißt es, bei der letzten öffentlichen Diskussion seien die Heimkinder massiv mit Vorwürfen bombardiert worden. Deshalb die kleine Runde. Annett Graf: Dann sind die Leute da wohl doch nicht so selbstbewusst, wenn sie Angst haben, kritisiert zu werden.
Jörg Ritter: Das Beste wäre, es kämen alle, die das Thema was angeht, an einen Tisch. Das könnte der Jugendclub organisieren.
Ist das eine Einladung? Jörg Ritter: Ja, warum nicht. Wir bereiten das vor und dann kann jeder kommen, der etwas zu der Sache zu sagen hat. Nur so kann es laufen.
Gespräch: Annett Kschieschan

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