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Die Multi-Kulti-Kita

Der Ausländerrat kümmert sich in seiner ersten Kita um den Nachwuchs von Migranten in Dresden. Ein Pilotprojekt.

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© Norbert Neumann

Von Nora Domschke

So bunt wie die Fassade des geschwungenen Neubaus, so bunt ist auch das Stimmengewirr, das den Besucher der neuen Kita „Kleiner Globus“ empfängt. Das unterscheidet die Einrichtung in der Uhlandstraße 34 zunächst nicht von anderen Kitas in Dresden. Und doch ist etwas anders. Es dauert eine paar Sekunden, dann wird dem Zuhörer schnell klar: Die Kinder sprechen verschiedene Sprachen.

Kein Wunder, schließlich kommen in dem bunten Haus Kinder aus mehr als 20 Nationen zusammen. Träger der Einrichtung ist der Ausländerrat, der seit März seine erste eigene Kita in der Stadt betreibt. Keine leichte Aufgabe, weiß Kita-Chefin Swetlana Kreismann. Die gebürtige Russin ist zwar studierte Sozialpädagogin und hat jahrelang als Erzieherin gearbeitet. Doch so viel Multi-Kulti ist auch für die 40-Jährige eine Herausforderung.

Die beginnt bereits bei den exotischen Namen ihrer kleinen Schützlinge: Sahura, Chixuan, Marisol, Ernest – das klingt nicht nur nach einer recht internationalen Mischung, sie ist es tatsächlich auch. „Die Kinder kommen zum Teil aus Familien, in denen ein Elternteil deutsch ist und der andere aus dem Ausland stammt“, erklärt Swetlana Kreismann. Italien, Frankreich, China, Vietnam, Mongolei, USA, Kasachstan, Philippinen, Indonesien, Syrien, Saudi-Arabien – die familiären Wurzeln der Kinder machen dem Namen der Kita alle Ehre.

Neben Kindern aus Akademikerfamilien – an den umliegenden Hochschulen arbeiten viele Wissenschaftler aus dem Ausland – werden in der neuen Einrichtung in der Südvorstadt zurzeit 20 Flüchtlingskinder betreut. In ganz Dresden geben 65 Asylbewerber ihre Kleinen in Kitas. Aber wie verständigen sich die Erzieher eigentlich mit den Kindern, die kaum deutsch sprechen? Ganz einfach, sagt Swetlana Kreismann. Sie beherrschen selbst die wichtigsten Sprachen wie Deutsch, Russisch, Englisch, Arabisch, Französisch, Ukrainisch, Italienisch, Spanisch – die Kita-Chefin hält kurz inne und überlegt. „Ach ja, und es gibt noch zwei Praktikanten, die brasilianisch und rumänisch sprechen.“ Elf Mitarbeiter gehören derzeit zum Betreuerteam, darunter auch drei Männer. Wenn alle Kita-Plätze Ende des Jahres belegt sind, werden es insgesamt fast 30 Erzieher sein.

Tauchen im Sprachenbad

Diese kümmern sich dann um 74 Krippen- und 82 Kindergartenkinder. Einige von ihnen bekommen die besondere Möglichkeit, in einer sogenannten bilingualen Gruppe ihren Tag zu verbringen. Dabei werden die Krippen- und Kindergartenkinder jeweils von zwei Erzieherinnen betreut: Eine von ihnen spricht ausschließlich Deutsch, die andere nur Russisch. Swetlana Kreismann bezeichnet das Konzept als Sprachenbad, in das die Kinder eintauchen. Die Entscheidung für Russisch habe auf der Hand gelegen, erklärt sie weiter. „In der Stadt wohnen etwa 25 000 russische Muttersprachler“, erklärt die Leiterin, die 1997 selbst als Spätaussiedlerin nach Dresden gekommen ist. Neben den beiden russischen soll es demnächst aber auch zwei englischsprachige Gruppen geben.

Mit diesem Konzept ist der „Kleine Globus“ in Dresden einzigartig. Vor drei Jahren entstand die Idee dazu im Ausländerrat – die ist allerdings nicht ganz neu. „Wir haben uns das in einer Berliner Kita angeschaut“, erklärt Kreismann. Auch, um Probleme mit der Mehrsprachigkeit künftig zu meistern. Bislang laufe aber alles bestens. „Es hat sich gezeigt, dass die Kinder damit gut zurechtkommen.“

Ursprünglich war geplant, dass für die Eltern ein einkommensabhängiger Beitrag fällig wird. Damit die soziale Herkunft aber nicht über die Bildungschancen der Kinder entscheidet, hat sich der Ausländerrat nun doch dagegen entschieden. Die Nachfrage nach den freien Plätzen ist entsprechend groß. Für die Krippengruppen gibt es eine lange Warteliste. Im Kindergarten sind ab September wieder Plätze frei.

www.kleiner-globus-dresden.de