Von Gunnar Saft
Wir sächsischen Nationaldemokraten tragen unsere Heimat im Herzen und haben die Zukunft im Blick.“ Mit diesem rührseligen Bekenntnis präsentierte sich der bisherige NPD-Landesvorsitzende Holger Szymanski noch am Freitag auf der Internetseite seiner Partei. Inzwischen muss sich der 42-Jährige aber weniger um die Zukunft Sachsens kümmern als vielmehr um seine eigene. Szymanski war einen Tag zuvor überraschend sowohl vom sächsischen Parteivorsitz als auch von seinem Amt als NPD-Bundesgeschäftsführer zurückgetreten. Die rechtsextreme Partei begründete den Postenverlust ihres Kameraden nur schmallippig mit „persönlichen Gründen“. Details zur Demission wurden auch auf Nachfrage nicht genannt.
Es ist ein bekanntes Krisenmanagement, das sich gerade wiederholt. Bereits Szymanskis unmittelbarer Amtsvorgänger Holger Apfel war im Dezember 2013 unter ähnlichen Umständen von der politischen Bühne verschwunden. Apfel – einst Parteichef in Sachsen und dann zum NPD-Bundesvorsitzenden aufgestiegen – zog ebenfalls urplötzlich die Reißleine und auch das unter ominösen Umständen. Am häufigsten wurde damals kolportiert, dass es zuvor zu unsittlichen Annäherungen Apfels an ein männliches Parteimitglied gekommen sein soll. Apfel bestritt das, gab seine Führungsposten in der NPD dann aber doch alle auf und wurde Kneiper auf der spanischen Ferieninsel Mallorca.
Im Fall Szymanski gibt es Parallelen. So hängt dessen aktueller Rückzug offenbar mit Durchsuchungen zusammen, welche auf Antrag der Staatsanwaltschaft Chemnitz im März in mehreren Wohnungen und Parteibüros sowie in Szymanskis Domizil in Dresden durchgeführt wurden. Ermittelt wurde wegen des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs. So hatten Mitglieder der NPD-Jugendorganisation unter dem Vorwand einer Kampagne gegen Drogen mehrfach unerlaubt Schulen aufgesucht und dort politisches Material verteilt.
Bei der Durchsuchung von Szymanskis Wohnungen waren unter anderem Computer und Speichermedien beschlagnahmt worden. Auf denen soll sich laut Medienberichten, die sich auf Ermittlerkreise berufen, homoerotisches Material befunden haben. Bestätigt wurde das bisher nicht. Den plötzlichen Rückzug Szymanskis würde dies allerdings plausibler machen, weil die rechtsextreme Partei Homosexualität in den eigenen Reihen selten toleriert – zumal bei Führungskadern. Weil sich die Ermittlungen neben Szymanski auch gegen andere NPD-Mitglieder richteten, könnten diese später durch Akteneinsicht davon erfahren haben, wird spekuliert. Einen anderen möglichen Grund für den Handtuchwurf bringt die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Linke) ins Spiel. Die Politikerin ist eine Kennerin der rechten Szene im Freistaat sowie der Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz. Und mit Verweis auf die anhaltenden Machtkämpfe innerhalb der sächsischen NPD, die 2014 aus den Landtag geflogen war, erklärt Köditz: „Es bleibt festzuhalten, dass die Vorwürfe gegen den ehemaligen Landesvorsitzenden, er sei Spitzel des Verfassungsschutzes gewesen, stets nur halbherzig dementiert wurden und für ihn ohne Folgen blieben.“
Die NPD äußerte sich dazu bisher nicht. In Sachsen will der Landesvorstand, der nun unter Führung der Vize Jens Baur und Arne Schimmer agiert, am Wochenende beraten, wie es weitergeht. Am Dienstag ist der Ausfall Szymanskis Thema bei einer Zusammenkunft des Bundesvorstandes. Wie die rechtsextreme Partei weiter verfährt, ist vorerst offen. Auf jeden Fall findet sich zu den Querelen bereits etwas Passendes im Internet. Auf der Facebook-Seite plakatiert man seit geraumer Zeit: „Sommer, Sonne, NPD – auf eine heiße Jahreszeit!“