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Die spannende Seite von Schnecken

Ein Görlitzer sammelt seltene Erkenntnisse beim Freiwilligen Ökologischen Jahr. Für Nachfolger gibt’s noch Plätze.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Jenny Thümmler

Geduld zu haben, ist für Kai Gromann kein Problem. Wer mit Schnecken arbeitet, lernt das. In seinem Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) hat sich der 24-Jährige ein Jahr lang mit diesen Tieren beschäftigt. „Es ist erstaunlich, wie komplex das Thema Schnecken ist. Das vermutet man nicht, weil man diese Tiere ja sonst eher nicht beachtet.“ Zwischendurch musste er über sich selbst lachen, als er abends durch einen Park ging und nach kopulierenden Schnecken Ausschau hielt, erzählt er gut gelaunt. „Die Verpaarung von Nacktschnecken hatte ich vorher nie gesehen. Das ist schon interessant.“

Kai Gromann hat seinen Freiwilligendienst beim Senckenberg Museum für Naturkunde absolviert. In der Sektion Malakologie – also Weichtierforschung – bei Leiterin Heike Reise ist er zum ersten Mal in ganz engen Kontakt zu Schnecken gekommen. Neben Muscheln sind sie das Hauptforschungsgebiet der Görlitzer. Und jetzt wird ein Nachfolger gesucht, der ebenfalls Lust auf die Entdeckung dieser Tierart hat und ein FÖJ bei Senckenberg machen will. „Hier darf man natürlich keine Angst oder Ekel vor Schnecken haben“, sagt Heike Reise. Zum Aufgabengebiet gehört auch die Pflege und Fütterung der Schneckenzucht. Da manche Tiere bei ihrer Geburt nur zwei, drei Millimeter groß sind, sollten Bewerber auch feinmotorisches Geschick haben. Dazu Interesse für Biologie sowie Zuverlässigkeit, und es kann losgehen. Da das FÖJ am 1. September beginnt, sollten sich Bewerber schnell melden.

Und die Wissenschaftler versprechen, dass es kein Jahr voller Kaffee kochen und Kopieren sein wird. Freiwillige werden sofort in den normalen Berufsalltag eingebunden. Kai Gromann beispielsweise hat sich als Talent am Mikroskop erwiesen. Er begleitet das Projekt, das sich mit der Ausbreitung der Spanischen Wegschnecke beschäftigt, und hat dazu mehrere Schnecken aufgeschnitten, um Eigenheiten dieser Art zu erforschen. Spannend ist das, wie er sagt. „Diese Schneckenart verdrängt die einheimische Rote Wegschnecke allmählich. Ein interessantes und ganz aktuelles Thema.“ Wie ein erfahrener Wissenschaftler spricht Kai Gromann von lateinischen Schneckennamen, Hybriden und dem Sezieren unterm Mikroskop. Dabei will er sein Biologiestudium im Herbst erst beginnen. Nach seinem nachgeholten Abitur und beruflicher Suche weiß er jetzt, wie er später sein Geld verdienen will. „Auch das hat mir hier immer so gut gefallen: Man wird gefördert.“ Er hat die Kollegen zu einer Malakologentagung begleitet, mit erfahrenen Biologen gesprochen, Vorlesungen an der Hochschule Zittau/Görlitz besucht, sich in anderen Abteilungen von Senckenberg umgesehen.

Diese Gesellschaft für Naturforschung bietet in Görlitz gleich vier FÖJ-Stellen an. Zwei sind besetzt, bei den Schnecken und bei der Geologie wird ab 1. September noch jemand gesucht. Laut Internetseite der Paritätischen Freiwilligendienste sind in der Region aktuell noch zwei weitere Einsatzstellen für ein FÖJ frei, nämlich bei der Kulturinsel Einsiedel und beim Waldkindergarten Görlitz.

Kai Gromann wird seine letzten Wochen bei den Schnecken genießen. Und in Zukunft öfter auf seinen Weg achten, wenn Schnecken herumkriechen. „Wenn man ihr Verhalten ein bisschen kennt, schaut man ganz anders hin.“

Bewerberinfos: www.parisax-freiwilligendienste.de

Kurzentschlossene für dieses Jahr sollten sich direkt beim Naturkundemuseum bewerben.