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Die Turmbläser von St. Marien sind seit 1925 unüberhörbar

Bald dürfen sie wieder vom sanierten Turmbalkon der Stadtkirche spielen. Aber wer sind eigentlich die Pirnaer Posaunen?

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Von Peter Salzmann

Immer sonnabends ab 18.15 Uhr: Pirnaer und Touristen lauschen andächtig dem Posaunenchor, der vom Turm der Stadtkirche St. Marien bei Wind und Wetter seine Intraden, Choräle, Volks-, Wochen- und Abendlieder über die Dächer der Großen Kreisstadt schickt.

Diese Tradition geht bis in das Jahr 1545 zurück. Per Vertrag wurden damals Stadtpfeifer verpflichtet, vom Turm zu blasen. Anneliese Zänssler hat in einem Buch nachgewiesen, dass Pirna als erste Stadt in Sachsen Stadtpfeiferverträge ausgehandelt hat. Übrigens: Aus dieser Tradition entstand im19. Jahrhundert die Pirnaer Stadtkapelle.

1925 fanden sich christliche junge Männer zusammen, um sich in Pirna dem Posaunenspiel zu verschreiben. In unseren Tagen, nach fast 85 Jahren, vereinen sich neben Posaune auch Trompete, Tuba und Waldhorn zu einem Chor. Ob zu Gottesdiensten oder in Pflegeheimen, im Krankenhaus, zum Volkstrauertag und zum Stadtfest – die Turmbläser von St. Marien sind unüberhörbar. Das nahm Bildhauer Jürgen Raue zum Anlass, die „Turmbläser“ 1995 in Reinhardtsdorfer Elbsandstein zu verewigen. Die Plastik ziert das Foyer des Rathauses am Markt.

15 Bläser, darunter zwei Frauen, bilden zurzeit den Posaunenchor Pirna, der seit 1988 vom Hornisten Thomas Albrecht geleitet wird. Der 41-Jährige ist gelernter Schlosser und steht als Kirchner in Diensten der St.-Marien-Gemeinde. Er ist unter anderem für die bauliche und technische Instandhaltung der Stadtkirche und für die Kirchenführungen verantwortlich.

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„Unser Repertoire umfasst zum Beispiel Kompositionen von Georg Friedrich Händel, Johann Hermann Schein, Johannes Pezelius, aber auch moderne Intraden von Gunsenheimer“, erklärt Thomas Albrecht, der auch mit dem Kantor und Organisten Thomas Meyer zusammenarbeitet. „Hervorheben möchte ich, dass das Projekt Turmblasen von der Stadt gefördert wird“, sagt der Chorleiter.

Er verweist darauf, dass der Stamm des Posaunenchores derzeit 15 Laienmusiker umfasst, „weil einige junge Mitglieder der Arbeit wegen pendeln müssen.“ Doch vor allem zu Weihnachten, Pfingsten und Ostern kann sich Thomas Albrecht über die Vollzähligkeit seines Ensembles freuen, wenn die Pendler zu Hause sind.

Einige Bläser sind schon seit 50 Jahren dabei. Groß ist deshalb die Freude, dass der neunjährige Simon und der elfjährige Clemens mit ihren Trompeten den Posaunenchor Pirna verstärken. „Die Eltern stehen voll dahinter“, unterstreicht Thomas Albrecht, der Interessenten jeden Sonnabend von 17 bis 18 Uhr zu den Proben ins Pfarramt einlädt.

Die Sächsische Posaunenmission – Dachverband für einige Hunderte Bläserformationen – stellt Notenmaterial zur Verfügung und bietet fachliche Beratung. Albrecht erzählt, dass der Posaunenchor eine enge Partnerschaft mit dem ostfriesischen Emden pflegt: „Am Himmelfahrtstag besuchen wir uns. Das schafft Freundschaften.“