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Die Unfallbrücke von Weinböhla

An der Bahnquerung stecken regelmäßig Fahrzeuge fest und verursachen hohen Schaden. Lässt sich das verhindern?

Von Peggy Zill
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Genug Schilder stehen eigentlich vor der Brücke. Trotzdem werden sie von einigen Laster-Fahrern übersehen oder ignoriert.
Genug Schilder stehen eigentlich vor der Brücke. Trotzdem werden sie von einigen Laster-Fahrern übersehen oder ignoriert. © Norbert Millauer

Weinböhla. Das Gefühl, den Kopf einziehen zu müssen, haben schon Fußgänger unter der Brücke am Ehrlichtweg in Weinböhla. Auf der tieferliegenden Meißner Straße geht es Lkw-Fahrern nicht anders. Und trotzdem verschätzen sich immer wieder welche, bleiben mit ihren Lastern hier hängen. Zuletzt im Februar. Die Polizei hat seit 2017 insgesamt 14 Unfälle gezählt, wobei nicht jeder durch zu hohe Fahrzeuge verursacht worden sein muss.

Selbstversuch: Nur wenige Zentimeter Platz nach oben

Einer, der täglich durch die Brücke muss, ist Uwe Gebhardt. Der Gartenbauingenieur hat seinen Betrieb auf der Meißner Straße, fährt einen kleinen Lkw und nimmt die SZ mal mit. Aus Richtung Niederau kommend warnen Schilder links und rechts der Straße vor der niedrigen Brücke. „Aber jeder ist mal unaufmerksam“, sagt er. Und aufgrund der Werbung werde manches übersehen. „Der letzte Unfall passierte zudem im Dunkeln bei starkem Regen.“

Die Brücke selbst ist erst unmittelbar nach der Linkskurve zu sehen. „Und in ihrer Höhe aufgrund der Fahrbahnabsenkung schwer einzuschätzen“, findet Gebhardt. In seinem Lkw sitzt man deutlich höher als im Pkw. Etwa zwei Meter hoch ist die Fahrerkabine. Von dort sieht es so aus, als wäre da noch genügend Luft. Aber hinzukommt der Pritschenaufbau. Unterm Strich bleiben nach oben nur etwa zehn Zentimeter Platz, wenn er unter der Brücke durchfährt.

Wer aus der anderen Richtung die Brücke ansteuert, wird zusätzlich mit einem großen, weißen Schild auf die Höhe der Brücke hingewiesen. „Aber an einer Stelle, wo niemand hinschaut“, so Gebhardt. Wenn man aus dem Kreisverkehr herausfährt, muss man auf die Fußgänger aufpassen. 

Und dann rächt sich diese kurze Unaufmerksamkeit wieder. Die Laster stehen vor der Brücke und müssen zurück. Das habe er schon oft erlebt, erzählt Uwe Gebhardt. Er bemängelt seit Jahren die schlechte Kennzeichnung.

Ideen: Blinkende Warnmarkierung oder Höhenwarnanlage

Der Gartengestalter verlangt gar nicht, dass Unsummen investiert werden. Mit einfachen Mitteln könne seiner Meinung nach die Unfallwahrscheinlichkeit deutlich verringert werden. Wie wäre es zum Beispiel mit einer blinkenden Warnmarkierung am Brückenträger, einer zusätzlichen Beschriftung auf der Fahrbahn oder einer Höhenwarnanlage, eine vor der Brücke pendelnd aufgehängte Markierung?

Die Brücke selbst ist zwar mit reflektierender rot-weißer Folie beklebt, aber ohne dass noch einmal eine Höhenangabe erfolgt. „Alles korrekt, aber viel zu wenig“, findet Uwe Gebhardt, der auch Mitleid mit den Fahrern hat, die es erwischt. Der 49-Jährige, der Anfang Februar steckengeblieben ist, musste 35 Euro Verwarngeld zahlen. Der Fahrer sei mit dem entstandenen Schaden doch schon genug gestraft. Hinzu kommt der an der Brücke.

Uwe Gebhardt, der mit seinem Laster grad so durchpasst, hätte da Ideen, wie die Höhenbegrenzung deutlicher hervorgehoben werden könnte, damit nicht mehr so viele Lkws beschädigt werden. 
Uwe Gebhardt, der mit seinem Laster grad so durchpasst, hätte da Ideen, wie die Höhenbegrenzung deutlicher hervorgehoben werden könnte, damit nicht mehr so viele Lkws beschädigt werden.  © Peggy Zill

 Der Lkw hat mehrere Walzträger beschädigt und einen Schaden im vierstelligen Euro-Bereich verursacht, teilt die Pressestelle der Deutschen Bahn mit. „In diesem wie auch den zurückliegenden Fällen wird der Verursacher angezeigt und die entstandenen Schäden werden durch die DB Netz AG eingefordert.“

Warum müssen jährlich ein bis zwei Unfälle mit fünfstelliger Schadenshöhe passieren, fragt sich da Uwe Gebhardt. Er wolle niemanden verteufeln, betont er. „Aber wenn ich sehe, dass etwas mit wenig Aufwand besser gemacht werden kann, muss ich meinen Mund aufmachen.“

 Er sieht zumindest moralisch auch die Gemeinde in der Pflicht. Denn am Ehrlichtweg, direkt neben der Brücke, befindet sich das Gewerbegebiet, das von Weinböhla aus aber für große Lkws gar nicht erreichbar ist. Die Fahrer müssen über Niederau rankommen.

Landkreis: Keine Nachbesserungen nötig, alles ausgeschöpft

Die Verantwortlichen – der Landkreis für die Straße und die Deutsche Bahn für die Brücke – sehen keinen Grund, etwas an der derzeitigen Situation zu ändern. 2017 seien die verkehrsrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft und Festlegungen zur Optimierung der Beschilderung wurden getroffen, heißt es aus dem Kreisstraßenverkehrsamt.

 Zudem seien direkt an der Brücke Höhenleitmale angebracht, die in regelmäßigen Abständen erneuert werden. „Maßnahmen bzw. Nachbesserungen, die einer weiteren Optimierung der Verkehrssicherheit dienen würden, sind aus verkehrsrechtlicher Sicht nicht gegeben“, so das Landratsamt.

Auch aus Sicht der Verkehrswacht Meißen stehen an der Brücke genügend Schilder. Wie jeder Verkehrsteilnehmer müssten auch die Lkw-Fahrer besser aufpassen, sagt Olaf Lier. Und besonders die Lasterfahrer, die viel höher sitzen, sollten das Problem erkennen, dass sie dort nicht durchpassen. „Aber es gibt eben Fahrer, die mit einem Navi für Pkw unterwegs sind und das warnt nicht vor der niedrigen Brücke“, erklärt Olaf Lier.

Beispiele: Radebeul legt Weintraubenstraße tiefer

Zu niedrige Brücken gibt es auch in den Nachbarorten. Zuletzt missachtete ein Lkw-Fahrer die Durchfahrtshöhe an der Brücke Neucoswiger Straße in Coswig. Das ging relativ glimpflich aus: Die Antenne und ein Teil des Kippers knickten um.

Das passiert auch manchmal in Radebeul. Hier gelten für mehrere Bahnquerungen Höhenbeschränkungen. Diese seien hinreichend beschildert und in den Navis ausgewiesen. „Wenn Lkws an Brücken hängen bleiben, dann aus dem Grund, dass die Beschränkungen ignoriert werden und die Fahrer davon ausgehen, dass sie doch irgendwie durch die Brücke durchkommen“, so Pressesprecherin Ute Leder.

Mit dem Ausbau der Weintraubenstraße in den nächsten Jahren soll die Höhenbeschränkung dort entfallen. Die Straße wird an der Bahnüberführung tiefergelegt. Auch an der Forststraße hat sich was getan.

 Seitdem die Bahn die Brücke erneuert hat, ist die Höhe direkt unter der Brücke eigentlich ausreichend, aber unmittelbar danach macht die Straße schon einen Knick bergauf, was für große Lastwagen gefährlich werden könnte. Seit dem Ausbau der Straße verläuft nach der Brücke noch ein etwa zehn Meter langes Stück eben. Das erleichtert es den Lkw-Fahrern, sicher durch die Brücke zu gelangen.