Von Franz Herz
Auf dem Balkon von Dippoldiswalde wird gefeiert. Das Team vom Landhaus Heidehof hat dieses Jahr zweifachen Grund dazu und hat vor wenigen Tagen zu einer Feier mit Lieferanten, Stammkunden und Mitarbeitern eingeladen. Die Heidehöfler haben ein großes und ein kleines Jubiläum zu feiern. Die Hotelbesitzer Uwe Pech und Lutz Liebschner schenken sich in ihrer Gaststube einen Kaffee ein und erzählen die Geschichte ihres Hauses.
Das große Jubiläum sind die 120 Jahre, die das Haus inzwischen besteht. Ende des 19. Jahrhunderts hat ein Herr Kreißig die Steinbrüche in der Dippser Heide betrieben. Er hat den feinen Sandstein abgebaut, der vor allem für Schleifsteine Verwendung fand. Sein Geschäft lief so gut, dass er eine ganz neue Gaststätte bauen konnte, die er 1894 als „Kreißigs Restauration zum Steinbruch“ eröffnet hat. „Die Außenwand, an der wir sitzen, mit ihrem Standstein stammt noch original aus dieser Zeit“, sagt Uwe Pech. Diese Gaststätte lief dann bis Mitte der 1950er-Jahre als Privatbetrieb, bis die letzte Wirtin aufgab und die Handelsorganisation (HO) die Gaststätte kaufte. Die HO hat es dann als Betriebsferienheim für ihre Dresdner Mitarbeiter genutzt, aber auch als öffentliche Gaststätte weiter betrieben. „Wir haben immer wieder Gäste, die uns erzählen, wie sie hier geheiratet haben“, berichtet Lutz Liebschner.
Zu dieser Zeit kannten sich die Ehepaare Kornelia und Uwe Pech sowie Sabine und Lutz Liebschner schon. Pechs kamen aus Berlin, Liebschners aus Dresden und hatten von 1977 bis 1980 an der Fachschule für Gaststätten und Hotelwesen in Leipzig studiert. „Schon damals haben wir manchmal ein wenig geträumt, dass wir gemeinsam ein kleines Hotel betreiben“, erinnert sich Liebschner. Aber das Osterzgebirge kannten sie noch nicht.
An den Heidehof war auch nicht zu denken. Der war auf dem absteigenden Ast, benötigte eine Sanierung und wurde daher Mitte der 1980er-Jahre geschlossen. Ehe die Arbeiten begannen, kam die Wende und das HO-Heim ging an die Treuhand. Die hat dann 1992 ein Programm aufgelegt namens „Mittelstands-Express“ und in diesem Rahmen viele Betriebsferienheime zu günstigen Preisen verkauft, wenn die Interessenten ein stimmiges Konzept vorlegten. Die Familien Pech und Liebschner bekamen 1992 den Zuschlag. Sie sanierten, bauten es zum Landhotel mit 22 Zimmern aus und eröffneten 1994 neu. Das ist das kleine Jubiläum.
Danach merkten sie, dass ihr Haus zu klein war, um einen ganzen Reisebus einzuquartieren. Also bauten sie 1997 an und bieten jetzt 34 Zimmer an. Damals kehrten noch viele Busausflügler im Heidehof ein. Inzwischen ist das seltener geworden. Diese Gruppen bleiben jetzt oft in Dresden.
Der Heidehof beherbergt während der Woche viele Geschäftskunden. Reisende, die im Gewerbegebiet Reinholdshain etwas zu erledigen haben oder in einem der Glashütter Uhrenbetriebe, sind oft zu Gast.
In der Anfangszeit waren Hochzeiten oder Familienfeiern noch seltener. Heute findet im Sommerhalbjahr fast jedes Wochenende eine solche Feierlichkeit statt. „Wir haben einen Saal, der hundert Leute fasst. Diese Größe gibt es nicht so oft“, sagt Pech.
Touristen sind eine kleinere Gästegruppe, aber dennoch wichtig. „Die meisten kommen aus Westdeutschland und nutzen Dippoldiswalde als Ausgangspunkt für Ausflüge nach Meißen, Dresden, Freiberg oder in die Sächsische Schweiz. Das ist ja alles von hier aus in einem 40-Kilometer-Radius zu erreichen“, beschreibt Lutz Liebschner die günstige Lage des Heidehofs.
Wie sie in zehn Jahren ihr 30-Jähriges feiern, wissen die Heidehöfler noch nicht. Dann könnte eine neue Generation einsteigen. Die beiden jetzigen Wirtsehepaare sind im Alter von 57 oder 58 Jahren. Sie haben aber Kinder, die auch schon in der Gastronomie tätig sind. So besteht also die Aussicht, dass auf dem Balkon von Dipps, wie die Aussicht vom Heidehof auch genannt wird, die 120-jährige Tradition weitergeht.